Über 20 Jahre arbeiteten Davi Kopenawa, Wortführer der Yanomami, und der französische Anthropologe Bruce Albert gemeinsam an dem „Weltbuch, schamanischen Poem und kosmopolitischen Manifest“ Der Sturz des Himmels, das im französischen Original 2010 erschien. Ein einzigartiges Zeugnis indigener Kultur mit dem Ziel, die Welt zu verändern. Karin Uttendörfer und Tim Trzaskalik berichten vom übersetzerischen Pakt, den sie gemeinsam eingingen und wie auch sie während der drei Jahre dauernden Übersetzung „anders wurden“.
Tess Lewis (USA) stellt eine neue Buchreihe mit Texten von Übersetzer·innen über das Übersetzen vor und berichtet von mehreren Initiativen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Chrystyna Nazarkewytsch (Ukraine) berichtet von verschiedenen Initiativen, die sich dafür einsetzen, die ukrainische Literatur sichtbarer zu machen. Iwona Nowacka (Polen) berichtet, wie sich aus einem Witz eine neue Praktik entwickelt: Performatives Übersetzen, bei dem eine Theaterübersetzung nicht wie üblich als Übertitel eingeblendet wird, sondern die Übersetzerin live mit auf der Bühne steht. Künstliche Intelligenz, Ökologie & Übersetzen: Jeffrey Trehudic (Frankreich) berichtet nach dem Besuch mehrerer französischer Literatur- und Übersetzungsfestivals.
ViceVersa: Deutsch-Italienische Werkstatt | 4.–11. März 2025 in Castasegna, Schweiz | Leitung: Elena Sciarra und Ulrike Schimming | Bewerbungsfrist 10. Januar 2025
Kein Kinderspiel | 19.–23. Mai 2025 im Literarischen Colloquium Berlin | Bewerbungsfrist: 20. Januar 2025
JUNIVERS | 9.–15. Juni 2025 im Literarischen Colloquium Berlin | Bewerbungsfrist: 30. Januar 2025
ViceVersa: Deutsch-Norwegische Werkstatt | 9.–14. Juni 2025 im Goethe Institut Oslo, Norwegen | Leitung: Runa Kvalsund und Elke Ranzinger| Bewerbungsfrist 1. Februar 2025
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ViceVersa: Deutsch-Estnische Werkstatt | 2.–7. Juni in Käsmu, Estland | Leitung: Madli Oras und Maximilian Murmann | Bewerbungsfrist: 1. März 2025
Unser Herbst-Newsletter, mit einem Panorama an neuen Journalen, TALKS, Ausschreibungen und einer Neuauflage des Mobilitätsfonds für Residenzen im LCB (verknüpft mit dem internationalen Treffen von Lyrikübersetzer·innen JUNIVERS), außerdem eine Rundumschau, die in Richtung Frankreich, Polen, Ukraine und USA schaut.
Willkommen bei TOLEDO: Wir sind die internationale Sparte und das digitale Labor des Deutschen Übersetzerfonds.
TOLEDO – Übersetzer·innen im Austausch der Kulturen: Über uns
2025 geht das internationale Treffen für Lyrikübersetzer·innen JUNIVERS in die siebte Runde! TOLEDO und das Literarische Colloquium Berlin laden zwölf Übersetzer·innen deutschsprachiger Gegenwartslyrik vom 9.–15. Juni 2025 an den Wannsee ein, um sich über ihre poetischen Universen auszutauschen und im persönlichen Kontakt mit Kolleg·innen anderer Länder sowie mit wichtigen Akteuren der Berliner Lyrikszenen Teil eines wachsenden Netzwerkes zu werden. Bewerbungsfrist: 30. Januar 2025.
In Verbindung mit dem internationalen Treffen für Lyrikübersetzer·innen JUNIVERS vergibt der TOLEDO-Mobilitätsfonds vier Stipendien an Übersetzer·innen deutschsprachiger Lyrik für einen vierwöchigen Aufenthalt im Literarischen Colloquium Berlin im Juni 2025. Bewerbungsfrist: 30. Januar 2025.
Vom 19.–23. Mai 2025 veranstalten wir wieder in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Jugendliteratur das Treffen internationaler Übersetzer·innen deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur „Kein Kinderspiel“ im Literarischen Colloquium Berlin. Bewerbungsfrist: 20. Januar 2025.
Der Sinn unserer Arbeit besteht in ihrer Verwandlungskraft: alle können alle sein.
Olga Radetzkaja: Alle sein
„Feuerdörfer“ versammelt die Stimmen von Belaruss·innen, die die durch die Wehrmacht verübten Massaker überlebt haben. Das im Original 1975 veröffentlichte Buch erscheint erstmalig in deutscher Übersetzung. In seinem Journal geht Thomas Weiler auf die Genese und Rezeptionsgeschichte des Werks ein, er beschreibt die körperliche Last, die er bei der Übersetzung verspürte, und zeigt anhand zahlreicher Textbeispiele sprachliche Herausforderungen wie die Übersetzung literarischer Mündlichkeit auf.
Tanja Handels übersetzt mehrere Romane von Toni Morrison neu. Am Beispiel der Übersetzung von „Sehr blaue Augen“ und „Beloved“ berichtet sie von der Verantwortung, die sie bei den Übersetzungen verspürt, vom Privileg, Toni Morrison jetzt in den 2020ern neu zu übersetzen und vom Glück, in den Chor der deutschsprachigen Übersetzer·innen der Literatur-Nobelpreisträgerin einzustimmen.
Auch im Frühjahr 2025 laden das LCB und TOLEDO zum Internationalen Treffen der Übersetzer·innen deutschsprachiger Literatur ein. Bis zu zwanzig Teilnehmer·innen aus aller Welt erhalten dabei die Möglichkeit, aktuelle Entwicklungen der deutschen Gegenwartsliteratur kennenzulernen und sich durch die persönlichen Kontakte zu Autoren, Verlegern und Kritikern, aber auch zu Kolleginnen aus anderen Ländern in das TOLEDO-Netzwerk einzubringen. Auf die dreitägige Seminarphase im LCB folgt der Besuch der Leipziger Buchmesse. Reisekosten und Unterkunft werden übernommen. Interessierte Übersetzer·innen bewerben sich bis zum 15. November 2024.
Mit Levitan liegt nun der zweite Teil der autobiographischen Trilogie von Vitomil Zupan (1914-1987) auf Deutsch vor. In seinem TOLEDO-Journal sucht der Übersetzer Erwin Köstler nach Gründen, warum Zupan, einer der großen slowenischen Erzähler, erst so spät ins Deutsche übersetzt wird, beschreibt die Herausforderungen an der Übersetzung dieses wortgewaltigen Gefängnis- und Gesellschaftsromans und berichtet eindrücklich vom Sichten des Nachlasses Zupans, in dem sich hunderte eng beschriebene, unter den widrigen Bedingungen der Haft entstandene Miniaturbüchlein befinden.
Curzio Malapartes epochaler Roman „Die Haut“ über das Kriegsende in Italien erschien im Original 1949, in erster deutscher Übersetzung 1950. Über 70 Jahre später erscheint nun eine Neuübersetzung von Frank Heibert (Rowohlt Verlag). Eindrücklich berichtet Heibert von den Herausforderungen dieser Übersetzung, von seiner ambivalenten Haltung gegenüber dem schillernden, aber nicht unbedingt sympathischen Autor und davon, was es braucht „in dem vom Autor hochgezogenen [Text]gebäude zu wohnen und es zu übersetzen“.
Mir fällt es jedenfalls viel leichter, einen Text zu übersetzen, als selbst einen zu schreiben. Übersetzen hat eher etwas von Karaoke. Also Vorsicht. Jetzt singe ich.
Sandra Hetzl: Vorsicht: Jetzt singe ich
Lyrikübersetzer·innen deutschsprachiger Gegenwartslyrik wurden im Juli 2024 für eine Woche an den Wannsee eingeladen, um sich über ihre poetischen Universen auszutauschen und im persönlichen Kontakt mit Kolleg·innen anderer Länder sowie mit wichtigen Akteuren der Berliner Lyrikszenen Teil eines wachsenden Netzwerkes zu werden. Das gesamte Programm und einige Fotos sind online.
„Den Begriff des Kannibalismus, oder aufgehübscht, der Anthropophagie, fand ich immer unverdaulich, in erster Linie, weil die als Kannibalen Bezeichneten nie eine Chance hatten, Stellung zu beziehen. Und ich weiß nicht, warum ich einen Text, den ich übersetze, verschlingen, verdauen, in anderer Form wieder herausspucken sollte?“ – fragt sich Odile Kennel bei ihrer Nachdichtung des Gedichts „i-juca piranha“ von Érica Zíngano, welches selbst auf vielfältige Weise mit dem TUPI-Begriff spielt.
»Ein Wort steht im Weg wie ein Tier und ich kann nicht weitergehen: „Ungeziefer“. Vielleicht ist es ein sogenanntes Kollektivum, bei dem das Schicksal der einzelnen Kakerlaken oder Ratten nicht zählt. Bei Kafka geht es aber gerade um ein einziges Ungeziefer, das keinen Artgenossen hat.«
José Henrique Bortoluci zeichnet mit Was von meinem Vater bleibt ein Portrait seines Vaters, der fünfzig Jahre lang mit einem Lkw durch Brasilien gefahren ist. Das Buch, zwischen verschiedenen Registern und Intensitäten aufgespannt, präsentiert sich der Übersetzerin als „elastisch-fester Textkörper“. In ihrem Journal zeigt Maria Hummitzsch auf, wie sie den Textbewegungen nachspürt und warum die „Gebiete abseits der Hauptwege“ ein fruchtbares Bild für die Tätigkeit des Übersetzens darstellen und das Unerwartete einen wichtigen Teil jedes Kunstwerks ausmacht.
Für ihre Übersetzung von Stefano Massinis Roman „Die Lehman Brothers“ (Hanser, 2022) erhält Annette Kopetzki den Hauptpreis des Mazzucchetti-Gschwend-Übersetzungspreises 2024 (vormals Deutsch-italienischer Übersetzerpreis). Wir gratulieren und laden herzlich zur Lektüre ihres TOLEDO-Journals ein.
Die feierliche Preisverleihung fand am 13. Juni 2024 in der italienischen Botschaft in Berlin unter der Leitung von Botschafter Armando Varricchio statt und ehrt außergewöhnliche literarische Übersetzerinnen und Übersetzer, die zur kulturellen Verständigung zwischen Deutschland und Italien beitragen.
Mit ihrem Gedichtband Babyn Jar. Stimmen bricht die ukrainische Autorin Marianna Kijanowska das politisch verordnete Schweigen über den Holocaust auf dem Gebiet der Ukraine. Sie bringt die Stimmen von Menschen zum Sprechen, die auf dem Weg in den Tod sind. Eineinhalb Jahre hat Claudia Dathe an der Übertragung ins Deutsche gearbeitet. In ihrem vielschichtigen TOLEDO-Journal „Sprechen und schweigen: übersetzen“ teilt sie ihre Erinnerungen und Überlegungen.
Aristoteles als begnadeter Werbetexter, Kant als Karaokefan, Rousseau, der bei seiner Suche nach der Natur den Wald in Brand setzt – äußerst humorvoll nimmt Catherine Meurisse in ihrem Comic Allzumenschliches (Carlsen Verlag, 2024) berühmte Philosoph·innen aufs Korn. Bei der Übertragung ins Deutsche findet Lilian Pithan ihren „funny bone“, um die vielgestaltigen Wortspiele des Originals nachzubilden, und nimmt wieder Kontakt mit Lektüren aus ihrer Pariser Studienzeit auf.
Nur die Anthropophagie vereint uns. Sozial. Ökonomisch. Philosophisch. [...]
Tupi*, or not tupi that is the question.
aus: Oswald de Andrade, Anthropophages Manifest / Manifesto antropófago. Herausgegeben und übersetzt von Oliver Precht
Der Deutsche Übersetzerfonds (DÜF) hat sich mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) zusammengeschlossen: In gemeinsamen Workshops und in vom DÜF bereitgestellten Stipendien erforschen Übersetzende die Nachlässe ihrer Kolleginnen und Kollegen. Nun liegen erste Essays vor, die aus diesen Forschungen hervorgegangen sind.
817 Haiku (von über 4000) gibt Richard Wright im Jahr seines Todes 1960 zur Veröffentlichung frei. Mithilfe seiner Tochter Julia Wright gelingt diese über 40 Jahre später. In den letzten fünf Jahren hat Jonis Hartmann versucht sich einer deutschen Übertragung zu nähern. Hier schreibt er über Zu-, Auf- & Abgänge beim Konstruieren mit Verlust, Bewegungsmustern, Silbenzahl, -rollen.
»Wie einen Text übersetzen, der mit dem Statement beginnt, es könne keine Übersetzung von ihm geben?«
Christian Filips gibt Einblick in den Übersetzungsprozess des soeben erschienenen Gedichtbands »Mental Voodoo« (Urs Engeler) von Logan February: Fragen nach Übersetzbarkeit, Geburtsmythen der Yorùbá-Tradition, queere Übersetzungspraktiken.
Video-Beitrag aus dem JUNIVERS-Kollektiv für die Gedenkmatinée in der Volksbühne am 25.02.2024
Mit: Verica Tričković, Carmen Gómez García, Shane Anderson, Riikka Johanna Uhlig, Gonzalo Vélez, Dong Li, Namita Khare, Nicholas Grindell, Shane Anderson, Aurélie Maurin, Bela Chekurishvili, Iryna Herasimovich, Brane Čop, Douglas Pompeu
Im Rahmen des Projekts „Cities of Translators“ wird Ljubljana zum ersten Mal anhand von Essays, Fotos und Videomaterial durch die Perspektive seines reichen, aber weniger bekannten Übersetzungserbes präsentiert, das von den zahlreichen Stimmen zeitgenössischer Übersetzer·innen nun fortgeführt wird. Einige von ihnen öffnen an dieser Stelle exklusiv die Türen ihrer Werkstätten, zeigen ihre versteckten Übersetzungsecken in der Stadt und teilen ihre Gedanken zum (Nicht-)Übersetzen im urbanen Zentrum eines Landes mit zwei Millionen Einwohnern. Ein herzliches Willkommen in Ljubljana!
Kuration: Tanja Petrič und Amalija Maček
Fotos: Vid Brezočnik
Video: Klemen Golob und Urban Zorko
Anna Shibarovas Filmreihe „Übersetzen. Werke und Tage“ porträtiert zehn Übersetzerinnen verschiedener Generationen, die über ihr Leben und ihre Arbeit erzählen. Alle übersetzen aus den slawischen Sprachen ins Deutsche. In den 9 Filmen sprechen zu uns Thomas Weiler, Claudia Dathe, Thomas Reschke, Aljonna Möckel, Ganna-Maria Braungardt, Rosemarie Tietze, Gabriele Leupold, Christiane Körner sowie das Duett Günter Hirt & Sascha Wonders alias Sabine Hänsgen und Georg Witte.
Multiple Joyce. Finnegans Wake bildet den Gipfelpunkt der klassischen Moderne und hat die Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg so nachhaltig geprägt wie kaum ein anderes Einzelwerk. 17 Jahre lang arbeitete James Joyce daran, bevor es 1939 publiziert wurde. Über 80 Jahre später arbeitet Ulrich Blumenbach derzeit an einer kompletten Übersetzung ins Deutsche. In seinem Work-in-Progress-Journal bringt Blumenbach gemeinsam mit seinen Leser·innen die anarchische Assoziationsmaschinerie auf Touren, illustriert an sprechenden Beispielen, was es braucht, um die wilde Semiose des Werks ins Deutsche zu übertragen und beschreibt, welche Freiheiten er sich nehmen muss, um der deutschen Leserschaft eine Ahnung davon zu vermitteln, wie Sinnenergien Synergien generieren. Der deutsche Finnegans Wake wird im Suhrkamp Verlag erscheinen.
Übertragungen sind schwieriger als eigene Gedichte und zugleich einfacher. Sie versetzen das Hirn in einen Zwittermodus.
Brigitte Oleschinski: Transmitterzwitter
Tanja Handels zeichnet die ungewöhnliche Karriere von Bernardine Evaristo nach und beschreibt, wie sie bei ihrer Übersetzung des im Original bereits 2013 erschienenen Romans Mr. Loverman (Tropen Verlag) die deutschen Stimmen zimmert: die des 74jährigen Barrington Jedidiah Walker, karibischstämmig, seit fast 50 Jahren in London, genauso lange verheiratet, aber heimlich schwul, und die seiner Frau Carmel. Ein Journal über karibisches Englisch, Schockverliebtsein, politische Korrektheit und darüber, wie es ist, bei der Arbeit von der Hauptfigur in Grund und Boden geredet zu werden. Und: Hilft es beim Übersetzen, wenn die Autorin eine Doktorarbeit über ihren eigenen Roman verfasst hat?
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Dialekt mit Dialekt zu übersetzen ist tabu; Dialekt mit Umgangssprache zu übersetzen ist feige.
Gesine Schröder: Den Singsang des Kreol in der Kehle
Anna sagt, sie wurde vergewaltigt. Jonas sagt, es war einvernehmlicher Geschlechtsverkehr. In den drei Folgen ihrer Podcast-Reihe nimmt Julie Tirard uns mit hinter die Kulissen der französischen Übersetzung von Nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert und fragt sich: Wie lässt sich beim Übersetzen der journalistische Ton treffen, der diesen Roman so einzigartig macht, und dabei der allem zugrunde liegenden feministischen Absicht gerecht werden?
„Die Idee zu diesem Gespräch ist im März 2022 entstanden, nachdem wir – ein kleiner Kreis von deutsch-ukrainischen Übersetzer·innen – es endlich geschafft hatten, den Schock des Krieges zu durchbrechen, und nun versuchten, uns darüber auszutauschen, wo wir uns befanden, vor allem mental. Manche von uns hatten die Rettung vor dem Krieg in der Flucht gesucht, andere waren zu Hause geblieben, die Dritten lebten wie zuvor in Deutschland. Uns über die eigenen Beobachtungen auszutauschen wurde für uns zu einem Schutzraum, der Wohlwollen und Akzeptanz eröffnete, es war beinahe so etwas wie eine Selbsthilfegruppe, in der es einfacher war, Reflexionen über den eigenen Zustand zuzulassen. Schließlich war es sogar hilfreich, dass wir uns gegenseitig übersetzten, half das doch, die eigene Kopflosigkeit, bisweilen auch Unbehaustheit zu überwinden und zumindest teilweise in das Leben vor dem Krieg zurückzukehren und so wieder etwas Boden unter den Füßen zu spüren.“ Kuratiert von Nelia Vakhovska & Claudia Dathe
Hochliterarisch und historisch zugleich ist der Roman Die Lehman Brothers von Stefano Massini, der, basierend auf einem Theaterstück, den rasanten Aufstieg und Niedergang der Bankerfamilie und Börsengiganten in Versform beschreibt. Nicht die rhythmischen Verse allein, bei denen Form und Inhalt verschmelzen, machen diese Übersetzung aus dem Italienischen zu einer kniffligen Aufgabe. Annette Kopetzki nimmt uns mit in ihre Werkstatt, wo wir ihr bei kommunistischen Wortbasteleien und Recherchen der überwältigenden Fülle an historischen Fakten über die Schulter schauen dürfen.
Der französische Comiczeichner Luz hat Virginie Despentes‘ Roman „Vernon Subutex“ kongenial adaptiert: Auf 300 Seiten schickt er den alternden Plattenverkäufer durch ein wildes, mit grafischen und popkulturellen Zitaten gespicktes Paris. Jede Figur hat ihre ganz eigene Stimme. Wie lässt sich die Polyphonie des Originals übertragen? Hat das Spiel mit Wort und Bild Grenzen? Um diese Fragen kreist anschaulich und amüsant das TOLEDO-Journal – mit Soundtrack und Comicvideo.
Wann verwandelt sich die Stadt aus einer Rohübersetzung in eine Arbeitsversion und von dieser in eine redigierte Übersetzung, in der du jeden Winkel, jeden dunklen Torbogen, jede Straßenlaterne erklären kannst?
Iya Kiva: Stadt, Übersetzen und Übersiedeln als Erfahrung
Wer einen Klassiker von tausend Seiten übersetzt hat, wird ständig gefragt, wie lange er dafür gebraucht habe. Stefan Moster geht der Frage nach, worin die wahren Herausforderungen beim Übersetzen umfangreicher Texte bestehen.
Die Beiträge von »City of Translators: Minsk« sind meistens noch vor dem Krieg entstanden, werden aber unter den neuen Umständen noch schärfer und eindringlicher. Minsk und Belarus als einen vielfältigen Raum wahrzunehmen, diesen Raum für die anderen zu übersetzen, wird essenzieller denn je. Aber in diesen Tagen sind unsere Gedanken vor allem bei den Kolleg·innen und Freund·innen in der Ukraine. Auch in diesem Projekt möchten wir den Stimmen aus der Ukraine Raum geben.
Seit Kriegsbeginn postet Ostap Slyvynsky, einer der Autor·innen dieser »City of Translators«, auf Facebook das Wörterbuch des Krieges: »Denn der Krieg verändert die Bedeutung von Worten.« Slyvynsky sammelt monologische Text-Fragmente, verändert oder übersetzt sie dabei und stellt sie gegen die Sprachlosigkeit im Angesicht des Krieges. Einige der Fragmente dokumentieren wir an dieser Stelle - nichtzuletzt als Zeichen unserer Solidarität.
Das gesamte Jahr 2021 über hat der Deutsche Übersetzerfonds hinter den Kulissen an einer neuen digitalen Plattform zur Literaturübersetzung getüftelt. Das Ziel: das bislang verstreute Wissen der Übersetzerzunft zu bündeln sowie den aktuellen Debatten um eine Poetik des Übersetzens Raum zu geben. Entstanden ist Babelwerk – ein digitaler „Think Tank“ und Versammlungsort für die vielfältigen Stimmen der Literaturübersetzerwelt aus dem In- und Ausland. Jetzt online!
Wir müssen auf eine Zukunft hinarbeiten, in der die Übersetzung als Blutkreislauf des kulturellen Austauschs anerkannt ist und die dabei Handelnden, die Übersetzerinnen, in unserer Gesellschaft immer sichtbarer und wichtiger werden.
Tomás Cohen: Cluster, Sprünge, Plan