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Tic

Erfahrungen mit der Übersetzung … Ich muss mich erklären.

In meinem Werk setze ich oft die Schrift als zentrales und einziges Bildmittel ein. Die Schrift ist ein Zeichen, ein Abdruck des Wortes.

In meinem Weltverständnis dominiert das Wort den Text, ist vielleicht mehr als der Text oder ihm gleichwertig. Hier ergeben sich Fragen.

Die Schrift anschauen bedeutet Schwindel wegen wirbelnder und sich rankender Bedeutungen bekommen.

Paradox, aber das nackte Wort ist ein Palimpsest, es wird durch das Buchstabenrückgrat in seiner Form festgehalten.

Ich habe mein eigenes Lexikon. Das (deutsche) Wort HEUTE gibt es darin seit Ende der neunziger Jahre. Ich brauchte es, um das „entgleitende Alltägliche“ (Maurice Blanchot) zu benennen.

Einen wichtigen Platz nimmt in meinem Lexikon das Zitat aus Goethes Faust ein:

Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt, Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!

Der russische Philosoph Leo Schestow hat es in seinem Nietzsche-Essay verwendet.

Ich habe es behalten, mir angeeignet und gemerkt.

Die Arbeit an Tic begann mit ebendiesem Satz. Nach einigen Tagen regelmäßiges Vorsprechen reduzierte er sich auf vier kyrillische Buchstaben, die den Namen seines Autors bilden: ГЕТЕ. Goethe ist ein Dichter, ein Poet, ПОЭТ. Die Geometrie der Buchstaben als Rückkehr zur klaren Definition. Der Poet, das (ЭТО) ist HEUTE. Ein Gleichgewicht der Geometrien.

Ich bin Künstler und kann mir solche Kontraktionen leisten.

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Aliaksei Luniou, Foto: © Vera Blansh

Aliaksei Luniou ist ein belarussischer bildender Künstler, er wurde 1971 im lettischen Riga geboren.

Er absolvierte in den 1990er-Jahren in der Glebow-Kunstschule in Minsk.

Sein erster öffentlicher Auftritt als Künstler war 1992 die Teilnahme an der Gruppenausstellung „Unterricht in der bösen Kunst“ im Kunstpalast in Minsk. Viele Forscher*innen betrachten dieses Projekt als eine der ersten Präsentationen der zeitgenössischen freien belarussischen Kunst.

Bisher hat Aliaksei Luniou an über 30 Gruppenausstellungen in Belarus, Polen, Litauen, der Ukraine, Deutschland, der Schweiz, Georgien und Albanien teilgenommen, seine Einzelausstellungen fanden in Belarus, Lettland, Litauen, Finnland und der Schweiz statt.

Seit 2009 arbeitete er lange mit der Y Gallery, einer Minsker Galerie für Gegenwartskunst, als Künstler und Kurator zusammen.

Seit 2011 gehört er zum Expertenrat der Internetplattform ZBOR (belarussisch für Sammlung), die sich zum Ziel setzt, die wichtigsten und markantesten Werke der zeitgenössischen belarussischen Kunst zu archivieren.

Aliaksei Luniou lebt seit 2021 im ukrainischen Kiew.