Tic
Erfahrungen mit der Übersetzung … Ich muss mich erklären.
In meinem Werk setze ich oft die Schrift als zentrales und einziges Bildmittel ein. Die Schrift ist ein Zeichen, ein Abdruck des Wortes.
In meinem Weltverständnis dominiert das Wort den Text, ist vielleicht mehr als der Text oder ihm gleichwertig. Hier ergeben sich Fragen.
Die Schrift anschauen bedeutet Schwindel wegen wirbelnder und sich rankender Bedeutungen bekommen.
Paradox, aber das nackte Wort ist ein Palimpsest, es wird durch das Buchstabenrückgrat in seiner Form festgehalten.
Ich habe mein eigenes Lexikon. Das (deutsche) Wort HEUTE gibt es darin seit Ende der neunziger Jahre. Ich brauchte es, um das „entgleitende Alltägliche“ (Maurice Blanchot) zu benennen.
Einen wichtigen Platz nimmt in meinem Lexikon das Zitat aus Goethes Faust ein:
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt, Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!
Der russische Philosoph Leo Schestow hat es in seinem Nietzsche-Essay verwendet.
Ich habe es behalten, mir angeeignet und gemerkt.
Die Arbeit an Tic begann mit ebendiesem Satz. Nach einigen Tagen regelmäßiges Vorsprechen reduzierte er sich auf vier kyrillische Buchstaben, die den Namen seines Autors bilden: ГЕТЕ. Goethe ist ein Dichter, ein Poet, ПОЭТ. Die Geometrie der Buchstaben als Rückkehr zur klaren Definition. Der Poet, das (ЭТО) ist HEUTE. Ein Gleichgewicht der Geometrien.
Ich bin Künstler und kann mir solche Kontraktionen leisten.