Cities of translators Budapest Budapest, meine Seelenheimat | Drei Raben
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Budapest, meine Seelenheimat | Drei Raben

Cities of Translators
Das Nest der Drei Raben
Fordító
Honvágy 
Zwischen den Rhythmen der Seele
Egy seggel nem lehet egyszerre két lovat megülni!
Két szék között…
A szívem csücske
Komp-ország
Révész
Élesztő
Faápolás
Haza, nemzet
Megkönnyebülés
Wie gelähmt
Vérző szívvel
Das Quartier Latin von Budapest
Zaungast 
Az egyik tizenkilenc a másik egy híján húsz
Das kleine gallische Dorf
Véletlen
Gyógyír
Képtelen—képes
Ein Meer von Regenbogenfarben

Cities of Translators

In der Reihe Cities of Translators soll ich meine Stadt vorstellen. Nichts lieber als das. Budapest ist die große Liebe meines Lebens.

Am liebsten würde ich ausschließlich über die Schönheit dieser Stadt schreiben und über all das Wunderbare, was mich an ihr fasziniert. Doch seit mehr als 12 Jahren, seit Viktor Orbán die Macht ergriffen hat, fallen ihre Schätze nach und nach der skrupellosen Hab- und Machtgier der Regierenden zum Opfer, vieles ist bereits unwiederbringlich zerstört. Auch alle sozialen, politischen und rechtlichen Grundlagen einer Demokratie sind unterminiert. In einer solchen Situation kann gute Literatur nicht anders als engagiert und kritisch sein. Sie kann sich nicht in einen Elfenbeinturm zurückziehen und sich nur auf sprachliche und ästhetische Fragen konzentrieren. Sie muss zwangsläufig politisch sein. Das prägt auch meinen Beitrag.

Mit einem etwas außergewöhnlichen Glossar möchte ich einladen zum freien Stöbern zwischen mal philosophischen, mal historischen, mal aktualpolitischen, mal sehr persönlichen Impressionen.

Doch wer werden meine Leser sein? Deutsche? Dann werde ich vieles erklären müssen, was für ungarische Leser Binsenweisheiten sind. Werden es Ungarn sein? Für sie ist genau der entgegengesetzte Blickwinkel interessant. Ein literarischer Text setzt sich in der Regel über solche Fragen hinweg. Für uns Übersetzer aber sind sie unser täglich Brot.

Das Nest der Drei Raben

Dank Toledo habe ich jetzt zumindest virtuell einen Platz in dieser lebendigen, nährenden Heimstatt der Übersetzerkunst und der ungarischen Gegenwartsliteratur.

Die Drei Raben sind eine Denkwerkstatt in Budapest, eine Begegnungsstätte von Autoren und Autorinnen, Übersetzerinnen und Übersetzern, von Literaten, von Kulturschaffenden aus den unterschiedlichsten Bereichen und Richtungen von Musik, Film, Theater oder bildender Kunst. 90% der literarischen Workshops, Begegnungen und Veranstaltungen finden im sogenannten Duna-Szalon, dem Donau-Salon statt. Nur eine schmale Treppe führt zu diesem Olymp der Erlauchten.

Seit der Eröffnung 2017 bis heute ist das für mich als Übersetzerin, die im Rollstuhl sitzt, einer der vielen unerreichbaren Orte meiner Sehnsucht. Das Gros der Autoren und Autorinnen, die ich übersetzt habe, geben sich in diesem abgeschiedenen Reservat des Rabennestes die Klinke in die Hand. Vor allem aber hat hier eine Übersetzer·innenwerkstatt ihren Sitz, wo in regem Austausch Wort für Wort auf die Goldwaage gelegt, gehämmert, minutiös gefeilt, ziseliert und um die beste Formgebung gerungen wird.

Das Übersetzen ist in der Regel eine einsame Kunst. Kaum ein anderer normal Sterblicher kann nachvollziehen, was unsereins zutiefst bewegt. Wie gern hätte ich all die Jahre ich im Nest der Drei Raben mit Gleichgesinnten Buchstabe für Buchstabe Übersetzungen erörtert! Schon ein kurzer Text wie dieser hier wirft unendlich viele Fragen auf.

Wie zum Beispiel steht es mit dem Gendern? Was macht es mit einem literarischen Text? Das Ungarische ist fein heraus, es kennt kein grammatisches Geschlecht. Es muss nicht entscheiden, ob Mann der Frau, ob Gott oder Göttin. Doch beim Übersetzen vom Ungarischen ins Deutsche müssen wir Farbe bekennen. Die deutsche Sprache hat damit schwer zu kämpfen. Es begann damit, dass es sich mehr und mehr ziemte, die männliche und die weibliche Form zu nennen. Seither wird mit vielerlei Notlösungen gearbeitet, die weibliche Endung mit einem /in, In, *in oder :in angehängt, manche verwenden nur noch die weibliche Form. Wie aber wirkt sich das bei einem literarischen Text aus? Noch schwieriger wird es, wenn wir einen deutschen Text ins Ungarische zu übersetzen versuchen, in dem die Autorin sich – wie ich jetzt – einen Spaß erlaubt und damit spielt. Es wird kaum möglich sein, den Humor des Originals im Ungarischen spürbar werden zu lassen. Pardon!

Das wollte ich meiner Übersetzerin nicht zumuten, darum habe ich diesen Text selbst ins Ungarische übersetzt.

Eine große Frage ist auch, was tun, wenn Frau beim Übersetzen auf einen offensichtlichen Fehler stößt? Wie zum Beispiel hier, wenn die Autorin  ̶  wieder ich  ̶  in Unkenntnis des Ortes Blödsinn schreibt? All die Jahre war ich überzeugt gewesen, die schmale Treppe führe nach oben, demzufolge blickte ich von meinem Rollstuhl aus sehnsuchtsvoll hinauf. Hier pfeifen allerlei Vögel vieles von den Dächern, schrieb ich. Und dass von diesem Gezwitscher zu mir nur wenig vordringt. Bis meine Übersetzerin mich freundlich aufklärte: Bei den Drei Raben, welch perfekte Mimikry, befindet der Olymp sich im Zwischengeschoß, auf halbem Weg vom Überirdischen hinab in die Unterwelt, und ist somit gewissermaßen das Bindeglied zwischen den Reichen des Lichts und der Finsternis.

Einen barrierefreien Zugang zum Donau-Salon gibt es nicht und wird es wohl bis auf weiteres auch nicht geben. Vielleicht schaffen die unglaublich engagierten MitarbeiterINNEN der jüngeren Generation es ja, eine Lösung zu finden. Bis dahin existieren für uns Rollstuhlfahrer·innen, dank der freundlichen Unterstützung des Piaristenordens, dessen Lift wir benutzen dürfen, immerhin die Veranstaltungen, die in der Unterwelt der Drei Raben stattfinden, auf der Ady-Bühne im Kellergeschoß. Oder das Café, wo der Cappuccino wirklich hervorragend und die hilfsbereiten, jungen Bedienungen am Tresen bezaubernd sind.

In vielen Epizentren des kulturellen Lebens in Budapest ist das ähnlich, wer im Rollstuhl sitzt, muss draußen bleiben. Diese Institutionen müssen hart um ihr Überleben kämpfen, ja. Für Umbauten im Interesse der Barrierefreiheit fehlt es vollends an Ressourcen. Gesetzt den Fall, dass ihnen das überhaupt in den Sinn kommt. Denn die Belange von Menschen mit Behinderung werden in der Politik, der Verwaltung, in der überwiegenden Mehrheit der Gesellschaft, aber leider auch von vielen Vertretern der Kirchen stiefmütterlich behandelt. Die Liste der vor uns verschlossenen Stätten der Begegnung ist lang: Nyitott Műhely (Offene Werkstatt), Írók Boltja (Autorenbuchhandlung), seit hier eine Galerie eingebaut wurde, wo die Lesungen stattfinden, Írószövetség (Schriftstellerverband), Kossuth Klub, Fészek Művészklub (Klub junger Künstler), Párbeszéd Háza (Haus des Dialogs), die Gebäude der Hochschule für Theater und Film, ein Großteil der Theater und Kinos … Oder Orte, an denen es Seminare, Workshops und Aufenthaltsstipendien für Übersetzer oder Autorinnen gibt, sowohl in Ungarn wie auch in Deutschland… Als Rollstuhlfahrerin trifft Frau oft auf verschlossene Türen. Solcher Orte, die sich Humanismus, Aufklärung und Kultur oder auch Nächstenliebe auf die Fahnen geschrieben haben, ist das nicht würdig! Die Veranstaltungsprogramme verfolge ich schon lange eher sporadisch. Es würde mir nur in der Seele weh tun. Es gibt aber auch Lichtblicke. Das Magvető Café hat eine Rampe, das Trafó, das Bethlen-Theater, das Golem-Theater, das Stúdió K und noch einige. Wo ein Wille ist, findet sich meist auch ein Weg. Das Petőfi-Literaturmuseum ist zwar barrierefrei, aber eine Insel des freien Denkens, eine Literatentreff ist es nicht mehr. Glücklicherweise gibt es immer mehr barrierefreie Veranstaltungsorte. So zum Beispiel das Hadik/Szatyor, das Jedermann, das Goethe-Institut, das Französische Kulturinstitut, das Radnóti Theater oder die Veranstaltungsorte des Internationalen Buchfestivals… .

Vielleicht geschehen auch bei den Drei Raben noch Zeichen und Wunder. Ich hoffe, dass die Zeit endlich gekommen ist und es allen beteiligten Entscheidungsträgerinnen des Piaristenordens, der Landeshauptstadt Budapest und, nicht zuletzt, dem Diözesanpfarrer der katholischen Liebfrauenkirche gelingt, gemeinsam eine Lösung zu finden und einen barrierefreien Zugang zum Donau-Salon zu schaffen.

Wenn die Sterne gut stehen und die Gött·innen dieses literarischen Olymps uns Gehbehinderten gewogen sind, erhalte womöglich auch ich einmal Zugang zu den heiligen Hallen und werde in ihre Mysterien eingeweiht.

Fordító

Das bin ich.

Wie soll ich das bloß übersetzen? Gleich am Anfang stolpere ich, verheddert im Netzwerk der Sprachen. Wie oft beim Tanz zwischen den Welten.

Wenn mich in Ungarn jemand fragt, was ich so mache, sage ich manchmal im Spaß: mindent fordítva. Was heißen kann: ’alles übersetzend’, aber auch: ’alles verkehrt’. ’Fordít’ ist das ungarische Wort für übersetzen. Es bedeutet aber auch ’wenden’, ’umkehren’ oder eben ’verkehren’ (’fordítva csinál’).

Der Autor und Übersetzer Dezső Kosztolányi prägte das Wortspiel: fordító - ferdítő, Übersetzer - Verbieger. Darin steckt eine tiefe Wahrheit. In jeder Sprache evozieren die Begriffe andere Bilder und Konnotationen. Eine Übersetzung ist immer nur eine Annäherung an das Original. 

Beim Übersetzen wird alles unweigerlich ein bisschen anders. Eben verbogen. 

Immer gibt es Unübersetzbares, immer geht etwas unrettbar verloren. Manchmal gelingt es, stattdessen etwas Ähnliches, Vergleichbares in den Text zu schmuggeln. Es kommt vor, dass es gelingt, kleine Fehler zu korrigieren oder die Übersetzung besser strahlen zu lassen als es dem Original gelungen ist. Das sind die Glücksfälle. Aber darf man das überhaupt? 

Ständig hat man dabei ein schlechtes Gewissen. Denn man weiß ja wie es wirklich heißt, man kennt das Original.

Honvágy 

Dem ungarischen Hon-vágy kommt das deutsche Heim-weh am nächsten. Genauer aber wäre etwas wie ’Sehnsucht nach Heimat’, ’Heimatssehnsucht’. Für mich ist es beides: Sehnsucht und Schmerz.

Budapest war für mich lange der Sehnsucht unerreichbarer Hafen. Geboren bin ich 1959 in Stuttgart, kaum zweieinhalb Jahre nach der dramatischen Flucht meiner Eltern aus Ungarn. Von kleinster Kindheit bin ich aufgewachsen mit den Erzählungen von der verlorenen Heimat und der in alle Winde verstreuten Familie. Mit dem brennenden Heimweh meiner Eltern. Als aus dem Nest gefallenes Vogeljunges hatte meine Mutter sich bezeichnet. Ich war das Küken des aus dem Nest gefallenen Vogels, das dieses verlorene und zerstörte Nest nur aus Erzählungen kannte. Familie, das waren für mich anfangs nur meine Eltern und ich. 

Budapest war in meiner Phantasie der verzauberte Ort der Sehnsucht. Und auch des Grauens. 

Wie ein Schwamm sog ich die Geschichten von den sonntäglichen Familientreffen, von all den Tanten und Onkels, den Cousins und Cousinen in mich auf. Der 19. März 1944, das war kurz vor dem zwölften Geburtstag meiner Mutter, war für sie der Anfang vom Ende und damit der Wendepunkt ihrer Erzählungen. Meine Mutter erinnert sich so:

Das muss ein Samstag oder Sonntag gewesen sein, denn meine Eltern machten mit mir am Ufer der Donau einen Spaziergang, wie immer. Plötzlich hörten wir Motorenlärm. Der war so intensiv, dass wir zur unteren Uferstraße gingen, um zu schauen, was los war. Dort rollte eine endlose Reihe deutscher Militärfahrzeuge entlang, voll besetzt mit deutschen Soldaten. Das war eine ungeheure Masse an deutschem Militär, die vor unseren Augen in Budapest einzog. Da war ganz klar: Hitler hatte Ungarn besetzen lassen. 

Bald begann das Grauen. Das waren die anderen Geschichten, mit denen ich von klein auf aufgewachsen bin. Die Bombardements, der Hunger, der Luftschutzkeller, die marodierenden russischen Soldaten, die stalinistischen Folterkammern. Dann, urplötzlich, der Ausbruch der Revolution, die auflodernde Hoffnung, der Einmarsch der sowjetischen Truppen... die Flucht, zwischen den beiden russischen Panzern hindurch, rennend, in Todesangst. 

Ich war zehn, als meine Mutter es zum ersten Mal wagte, mit meiner kleinen Schwester und mir nach Budapest zu fahren.

Es war Liebe auf den ersten Blick.

Zwischen den Rhythmen der Seele

Mein Leben lang bin ich zwischen Budapest und meiner deutschen Heimat unterwegs, fahre hin und her, von zuhause nachhause und wieder heim. Das Übersetzen wie auch meine Liebe zu Budapest waren mir gewissermaßen in die Wiege gelegt. Mit ihren Erzählungen hat mir meine Mutter ein schweres Erbe vermacht. Mit der Sprache aber zeigte sie mir nicht nur den Weg zu meinen eigenen Wurzeln, sondern sie versetzte mich auch in die Lage, die Rolle einer Fährfrau zwischen den Welten, zwischen West und Ost, zu übernehmen.

Ungarisch war für mich immer die Sprache meines Herzens. Deutsch die Sprache, in der ich das Denken lernte. Das Deutsche denkt völlig anders als das Ungarische. Es erfordert klare Logik, eindeutige Bezüge. Im Deutschen kann ich meine Gedanken klarer ausdrücken. Das Ungarische ist der Pulsschlag meines Herzens. Es lässt unterschiedliche Bezüge zu, ein Schwebenlassen. Für ein philosophisches oder ein streng wissenschaftliches Denken mag das ein Nachteil sein, denn es lässt für Unschärfen Raum. Für die Lyrik eröffnet das aber wunderbare Dimensionen, eine Freiheit und Vielschichtigkeit des Denkens. Beides ist meine Heimat.

Der Rhythmus der Seele ist in jede Sprache anders eingewoben, sagt der ungarische Autor Péter Nádas wunderbar poetisch und treffend. Spinnt man diesen Gedanken fort, so bedeutet Mehrsprachigkeit ein ständiges Oszillieren zwischen den verschiedenen Rhythmen der Seele. 

Jede Sprache bietet Einblick in eine andere Welt, heißt es zurecht. Mehrsprachigkeit ist ein Schatz, denn sie gibt Zugang zu diesen verschiedenen Welten und verbindet. Sie bereichert und erweitert den Horizont. Viele beneiden mich darum. Mehrsprachigkeit ist aber auch eine Last. Sie trennt. Denn wirklich verstehen kann diese andere Welt nur jemand, der sie kennt. Je mehr Sprachen man spricht, desto schwieriger wird es, jemanden zu finden, mit dem man sich über alle diese Welten austauschen kann, die einem ans Herz gewachsen sind.

Nicht immer gelingt es, sie einander wirklich begreifbar werden zu lassen. Zu verschieden sind manchmal die Rhythmen der Seele.

Egy seggel nem lehet egyszerre két lovat megülni!

Das Ungarische nimmt kein Blatt vor den Mund: Mit einem Arsch kann man nicht zwei Pferde gleichzeitig reiten, lautet eine alte ungarische Volksweisheit.

Das Deutsche drückt es etwas feiner aus: Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen.

Das aber ist genau das, was wir als Übersetzer*innen tagtäglich versuchen: in zwei oder mehr Kulturen gleichzeitig daheim zu sein.

Két szék között…

Das Bild ist im Ungarischen wie im Deutschen das Gleiche: Zwischen zwei Stühlen…

Nur wie es weitergeht, unterscheidet sich. Im Deutschen steht oder sitzt man zwischen zwei Stühlen, und das kann bekanntlich ziemlich unbequem sein. Was aber dann passiert, entscheidet das Deutsche nicht. Es lässt den Ausgang offen.

Anders das Ungarische. Hier geht der Spruch weiter: a pad alá… unter die Bank. Es gibt keine Alternativen. Wer zwischen zwei Stühle gerät, fällt zwangsläufig auf den Boden und landet unter der Bank.

Manchmal frage ich mich, welchen Einfluss das auf die Volksseele hat. Ungarn wird ein abgrundtiefer Pessimismus nachgesagt. 

In Schulen waren früher die Tische und die dazugehörigen Sitzbänke vorsorglich fest am Boden verankert. Das ist schon lange nicht mehr so. Damit eröffnet sich ungeahnten akrobatischen Meisterleistungen der Raum. Wohl in jeder Klasse gibt es virtuose Stuhlkünstler, die auf zwei Stuhlbeinen balancieren können, oder manchmal sogar auf zwei Stühlen gleichzeitig, ohne unter den Tisch zu fallen! Übung macht den Meister.

A szívem csücske

Wörtlich übersetzt heißt das: die Spitze meines Herzens. Etwas, das einem sehr lieb und teuer ist. Am besten vielleicht übersetzbar mit: Herzensangelegenheit.

A szívem csücske waren und sind Budapest, das Wohl und Wehe meines geliebten Ungarn, die wunderbare ungarische Sprache und die Literatur, aber auch jedes der Bücher, die ich übersetzt habe. Sie alle haben mir mir zu tun, mit dem Schicksal meiner Familie, mit meinen Wurzeln. Sie alle waren und sind mein Herzblut.

Komp-ország

Mein geliebtes Ungarn blutet aus tausend Wunden. Es befindet sich auf direktem Kurs in eine Diktatur. 

Als „komp-ország” hatte der visionäre Dichter Endre Ady Ungarn vor mehr als hundert Jahren bitter bezeichnet. Als Fährenland, das hin- und herschlingert zwischen den Ufern Ost und West. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Wie ein roter Faden durchzieht das Pendeln zwischen diesen beiden Welten, zwischen West und Ost, mein Leben. Jetzt fühlt es sich fast wieder an, wie in den Zeiten des kalten Krieges, nur diesmal unter anderen politischen Vorzeichen.

Révész

An beiden Ufern arbeitet die Kultur daran, alte Wunden aufzudecken und sich ihrer anzunehmen, was die Voraussetzung für jeden Heilungsprozess ist.

Ursache vieler Spannungen zwischen West und Ost ist, dass man an einem Ufer jeweils wenig vom anderen weiß.

Damit sich das ändert, sind Fährleute, ist ein intensiver Fährverkehr nötig. Ein révész ist ein Fährmann oder eine Fährfrau. Letzteres bin ich.

Das Ungarische entscheidet nicht, ob Mann oder Frau. Im Deutschen geht das leider nicht.

Élesztő

Selbst wenn Literatur und Kunst nur von einer winzigen Schicht rezipiert werden, so sind sie doch in jeder Gesellschaft gewissermaßen die Denkwerkstatt, das Triebmittel, die Hefe jeder Entwicklung. Das ungarische Wort für Hefe, élesztő, bringt es auf den Punkt. Wörtlich übersetzt bedeutet es in etwa: Zum-Leben-Erwecker, Lebendigmacher.

Der Viktator Orbán weiß das genau und er hat aus der Geschichte gelernt. Seinen prominenten Vorgängern war klar, dass gute Literatur und Kunst für jede Diktatur eine ernsthafte Gefahr darstellen, da sie nicht anders als kritisch sein können. Der eine verbrannte Bücher, der andere schickte Autoren und Künstler nach Sibirien in die Verbannung. Auch Orbán hat der Kultur den Kampf angesagt. Eine rechtsnationale Abgeordnete schredderte im Parlament öffentlich ein Jugendbuch. In dem Sammelband mit dem programmatischen Titel „Märchenland gehört allen”, war eine der Hauptfiguren, die Eule Eduard, die unter ihrem Jungennamen litt, weil sie sich als Mädchen fühlte. Das war Grund genug, das gesamte Buch als „homosexuelle Propaganda” und „Angriff auf die ungarische Kultur und die Jugend” zu verteufeln.

Den Universitäten, den Schulen, der Lehre und Forschung, Theatern und Bibliotheken wird seit Jahren systematisch das Wasser abgegraben. Ihrer Autonomie wurden sie beraubt und unter dem Diktat fachfremder politischer Gremien unterstellt. Einem Großteil ihrer finanziellen Mittel wurden sie beraubt. Das hat verheerende Folgen. Vieles ist unwiederbringlich zerstört. Oppositionelle, Kulturschaffende aller Sparten, große Teile der Bevölkerung sind wieder zunehmend in ihrer Existenz bedroht und sehen sich gezwungen, in die Emigration zu gehen. Mehr als sechshunderttausend gut ausgebildete junge Ungar*innen, Ärzte, Krankenpfleger*innen, Lehrer*innen, Wissenschafter*innen, Ingenieure, Handwerker*innen... haben diesen steinigen Weg betreten und verdienen über ganz Europa verteilt ihren Lebensunterhalt, meist überqualifiziert, aber unterbezahlt. In ihrer Heimat fehlen sie.

Faápolás

An dieser Stelle möchte ich eine Geschichte erzählen, die auch darüber viel aussagt, wie unsere Sprachen unser Denken lenken. 2014 machte meine Tochter in Budapest gemeinsam mit ihrem deutschen Freund eine Partisanen-Kunstaktion. Der Titel lautete: Rasenpflege überwinden. Eine Bestandsaufnahme. Die beiden baten mich, den Flyer zu übersetzen. Ich verstand nicht so recht, was das soll. Dann meinte er: Du musst ein ’s’ ergänzen. Rassenpflege. Ich verstand immer noch nicht. Sie wollten lebendige Bäumchen in einem komplizierten Verfahren in Gips und Wachs eingießen. Später sollten diese dann in einer öffentlichen Aktion befreit werden. Mir stockte der Atem. Was soll das? Da bekommen sie doch keine Luft! Sie ersticken und gehen jämmerlich ein! Und überhaupt. Das Bild war mir etwas wirr. Das Wortspiel mit dem Rasen war klar. Aber was hatten die Bäumchen damit zu tun? Ich verstand immer noch nicht. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Faápolás! Baumpflege! Fügt man ein j dazu, wird aus Baumpflege Rassenpflege! Fajápolás!  So stimmte das Bild. Intuitiv hatte meine Tocher das ungarische Wort bildlich umgesetzt.

Eines der Bäumchen konnte befreit werden und lebt, die anderen gingen qualvoll zugrunde.

Die Kunstaktion Rasenpflege überwinden war ein genaues Abbild dessen, was seit 2010, seit der Machtübernahme durch Orbán und die Fidesz, mit den Menschen in Ungarn passiert. Ihnen wird Schritt für Schritt der Atem und jede Bewegungsfreiheit geraubt.

Übrigens sind weltweit ähnliche Prozesse zu beobachten, nicht nur in Ungarn.

Haza, nemzet

Seit dem Machtantritt Orbáns haben in Ungarn die Begriffe Heimat und Nation wieder Hochkonjunktur. Wie schon ein Jahrhundert zuvor, als der ungarische Nationalismus sich aggressiv gegen alle anderen Nationalitäten im kaiserlich-königlichen Ungarn richtete, allen voran gegen die deutsche.

Dabei war um die Jahrhundertwende Deutsch in Budapest die lingua franca gewesen, nicht nur, weil es die offizielle Sprache der kaiserlich königlichen Monarchie war. Viele waren aus deutschen Landen hier eingewandert. So unter Kaiserin Maria Theresia, die Siedler in den durch die Türkenkriege entvölkerten Landstrich rief. Daneben hörte man viel Jiddisch, Slowakisch, Serbisch, Slowenisch, Walachisch und Rumänisch. Budapest war eine weltoffene Stadt am Puls der Zeit. Aus den verschiedensten Regionen der Monarchie kamen die Menschen hierher, um ihr Glück zu versuchen. Die Wirtschaft boomte, neben unermesslichem Reichtum gab es unvorstellbare Armut und Not. Viele Talente tummelten sich hier. Genies aller Disziplinen: Béla Bartók, Nicholas Tesla, Ignaz Semmelweis, Georg Lukács, Theodor Herzl, um nur einige Namen zu nennen. Mich persönlich faszinierte die Architektur dieser Zeit immer schon ganz besonders. Die ungarische Variante des Jugendstils, die Elemente der Volkskunst in den Art Nouveau integrierte. Allen voran Gebäude wie das Kunstgewerbemuseum von Ödön Lechner oder der Tierpark von Károly Kós. Noch mehr aber das literarische Leben dieser Zeit, die Gedichte von Endre Ady oder Attila József, die Romane von Jókai, Krúdy, Mikszáth oder Karinthy. Budapest war international vernetzt. 

Doch Anfang des Jahrhunderts meldeten die ungarischen Nationalisten sich immer aggressiver mit einer offensiven Magyarisierungspolitik zu Wort. Sie betrieben eine Hetzkampagne gegen alles und jedes, was nicht ungarisch war. Allen voran hatten sie die Deutschen im Visier, aber auch alle anderen Nationalitäten. 1914 zogen viele jubelnd in den Krieg.

Damit hatte die Blütezeit ein jähes Ende. 

Die offizielle ungarische Kulturpolitik propagiert heute ausschließlich das Narrativ des ungerechter Weise unterdrückten Ungarntums. Dass vor dem ersten Weltkrieg alle anderen Nationalitäten der kaiserlich königlichen Monarchie durch das Königreich Ungarn, das seine Vormachtstellung rigoros durchsetzte, massiven Repressalien ausgesetzt waren, wird gern unter den Teppich gekehrt. Auch dass die Natiolalsozialisten – in Ungarn waren es die Pfeilkreuzler – und ein Großteil der Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs die Durchsetzung der Rassengesetze begrüßten oder dass die ungarisch Gendarmerie bei der Deporation und Ermordung von etwa 550.000 ungarischen Juden bereitwillig assistierte, wird ebenfalls geflissentlich übergangen.

Ernst zu nehmende ungarische Historiker und Autoren sind sich dessen durchaus bewusst und bemühen sich um eine Offenlegung der Tatsachen.

Die Regierungspolitik heute zieht es vor, die ungarische Geschichte als eine Abfolge glorreicher Glanzpunkte zu stilisieren und prachtvoll zu inszenieren. Ungarn als heroische Verteidiger Europas gegen wilde Horden aller Art, die Mongolen, die Tataren, das Osmanische Reich… oder das Heer von Migranten.

Megkönnyebülés

Das ist das ungarische Wort für Erleichterung, Linderung.

Interessanterweise versteckt sich darin das Wort könny, Träne.

Der aristotelischen Poetik zufolge bewirkt die Tragödie eine Läuterung des Zuschauers, indem sie „εϑεοσ “ und „ϕοβοσ “, also „Jammer“ und „Schauder“ auslöst. Neuere Interpretationen gehen davon aus, dass Aristoteles die Katharsis als Reinigung in medizinischem Sinn aufgefasst haben soll: als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Heilung.

Seit sie von den Fesseln der Diktaturen befreit ist, geht die zeitgenössische ungarische Literatur den traumatischen Untiefen der ungarischen Geschichte kompromisslos auf den Grund. 

Die jüngere Autorengeneration wendet sich auch den aktuellen Wunden und tiefen Problemen der ungarischen Gesellschaft engagiert zu: der Hinterlassenschaft jahrhundertelanger patriarchalischer und feudaler Strukturen. Während die Literatur auf der Suche nach neuen Gesellschaftsmodellen ist, die an ihre Stelle treten und einen Heilungsprozess einleiten könnten, hat der derzeitige Machtapparat ein dichtes Netz von Abhängigkeiten geschaffen. Dieses erinnert an die für überwunden geglaubten autoritären Strukturen.

Wie gelähmt

Das Schicksal meiner Vorfahren beschäftigt mich seit Jahrzehnten. Dennoch gelang mir es nie, das alles zu Papier zu bringen. Gedankenverloren schrieb ich in mein Tagebuch: wie gelähmt... Es durchzuckte mich: ich bin ja gelähmt!

Seit Jahrzehnten arbeitet eine multiple Sklerose in mir. Seit rund 15 Jahren bin ich vollkommen an den Rollstuhl gefesselt und rundum auf Hilfe angewiesen. Schon davor waren meine Besuche in Ungarn immer beschwerlicher. Nichts war barrierefrei. Freunde besuchen? Kinos, Theater? Überhaupt auf den Straßen unterwegs sein? Im wunderbaren Übersetzerhaus in Balatonfüred am Plattensee Seminare für Übersetzer·innen halten, an Treffen teilnehmen? Unmöglich. Irgendwann war es soweit, dass ich mich mit meinem Rollstuhl in Budapest überhaupt nicht mehr bewegen konnte.

Vérző szívvel

Blutenden Herzens nahm ich Abschied von meinem geliebten Ungarn. Aus der Ferne und mit meiner Arbeit aber war ich immer in engem Kontakt mit Autor·innen und Freund·innen und fieberte permanent auch dann mit, wenn wieder eine Hiobsbotschaft aus Ungarn gemeldet wurde. 

Dann bekam ich eine herzliche Einladung in das Übersetzerhaus in Balatonfüred. Sie hätten im Garten ein barrierefreies Häuschen gebaut und würden sich über mein Kommen freuen. Mit fliegenden Fahnen fuhr ich hin. Zu meiner größten Überraschung hatte sich in der Zwischenzeit in Balatonfüred viel getan. Alle frisch überholten Bordstein-Übergänge waren abgesenkt, an vielen Stellen waren Rollstuhlrampen installiert. Ich kam erstaunlich gut zurecht!

Ein Ausflug nach Budapest zeigte, dass sich auch hier viel getan hatte. Mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein war und ist nach wie vor ziemlich abenteuerlich, aber es ist möglich.

2015 war es endlich soweit: Ich fand im achten Bezirk von Budapest eine für mich geeignete Bleibe. Meine Kinder hatten das elterliche Nest verlassen, meine ständige Präsenz in München war also nicht mehr nötig.

Seitdem pendle ich wieder viel zwischen Budapest und München hin und her, lebe und arbeite abwechselnd mal hier, mal dort, fahre ständig von zuhause nach Hause und von dort wieder heim. So ist die Welt für mich in Ordnung: Ich bin beides und jetzt habe ich hier wie dort ein Nest.

Das Quartier Latin von Budapest

Einer meiner Lieblingsorte in Budapest ist das Café Műterem, deutsch: Atelier, in der Tavaszmező utca im 8. Bezirk. Es liegt außerhalb der großen Ringstraße. Die großen Touristenströme verirren sich nicht hierher. Der Name spielt an auf das, was dieses Viertel um die Jahrhundertwende gewesen ist: gewissermaßen das Künstlerviertel von Budapest. Hier wird heute wieder ein bisschen spürbar, was Budapest damals gewesen ist: Eine Stadt im Aufbruch, phantasievoll, multikulturell, vielsprachig, innovativ. Ein literarisches Zentrum. Aber auch eine Stadt der extremen Gegensätze, genau wie vor hundert Jahren wieder geprägt von unermesslichem Reichtum und unvorstellbarem Elend, dicht an dicht nebeneinander. Budapest hat tausend Gesichter, jedes Viertel hat andere Geschichten zu erzählen. Heute wie damals ist der achte Bezirk einer der buntesten, widersprüchlichsten und spannendsten Flecken der Stadt.

Kaum hundert Meter weiter, rechts um die Ecke: In einem Gebäude mit der Ästhetik der einstigen Staatssicherheit hat Magvető, einer der wichtigsten Verlage zeitgenössischer ungarischer Literatur, seinen Sitz. Renommierte, erfolgreiche Autoren wie auch Newcomer geben sich hier die Klinke in die Hand. Schräg gegenüber ist das Obdachlosenasyl, das der abtrünnige Methodist Gábor Iványi seit gut dreißig Jahren betreibt, allen Anfeindungen zum Trotz, kämpferisch und unerschrocken – das einzige dieser Art in der ganzen Stadt. Das zieht natürlich viele Obdachlose an. Einer meiner Lieblingsautoren, dessen Werke beim Magvető-Verlag erscheinen, ist hier Sozialarbeiter.

Seit rund hundert Jahren steht der Blechchristus an dem ebenerdigen Haus gegenüber und bietet Schutz und Trost. Bis heute ist er immer mit neuen Blumen geschmückt. Noch sind viele dieser dörflich anmutenden kleinen Häuser erhalten, einst von deutschen Siedlern erbaut. Fragt sich, wie lange diese kleinen Häuser noch stehen bleiben können. In den vergangenen beiden Jahrzehnten hatte die regierungsnahe Stadtverwaltung sie bewusst verkommen lassen, um sie dann für Spottpreise an mit ihnen verbandelte Spekulanten zu verscherbeln. Jetzt werden sie reihenweise abgerissen, an ihrer Stelle werden gigantische Einheitsplattenbauten aus dem Boden gestampft.

Rund um den Mátyás tér bauten die deutschen Weinbauern ihre Trauben an. Wie in den meisten Bezirken von Budapest wurde hier damals vorwiegend Deutsch gesprochen. Auch die Straßennamen waren deutsch. Die Tavaszmező utca war die Frühlingswiesen Straße.

Ein paar Straßen weiter entstand um 1900 ein neues, elegantes Viertel. Direkt neben dem 1875 eingeweihten Volkstheater eröffnete das strahlend-prächtige Café New York an der pulsierenden Ringstraße 1894 seine Tore und wurde bald zu einem der beliebtesten Literatentreffs. Zeitschriften hielten hier ihre Redaktionssitzungen ab. Das war bis Ende der 80er-Jahre so. Dann wurde es an eine italienische Hotelkette verkauft und luxussaniert. Nur betuchte Touristen können es sich leisten, hier einzukehren.

Das Gebäude des Volkstheaters, das spätere Nationaltheater, wurde 1965 gesprengt.

Überall bröckelt der Putz. An vielen Hauswänden sind noch Einschusslöcher zu sehen. 1944 gab es in Budapest erbitterte Straßenkämpfe. Dann wieder 1956, als sowjetische Truppen einmarschierten, um den Freiheitskampf niederzuschlagen. Der 8. Bezirk war ein Zentrum des Widerstands. Die Mauern könnten Romane erzählen. Die Tragödie eines Volkes.

Auch der Schauplatz der mutigen Protestaktionen der Student*innen und Professor·innen der Hochschule für Film und Theater gegen die Beraubung ihrer Autonomie befand sich im 8. Bezirk. 

Eine ganze Reihe Musiker*innen, Künstler*innen und Autor*innen lebte und lebt in diesem Bezirk. Das hat Tradition. Auch Imre Kertész verbrachte einen Großteil seiner Kindheit hier. Orte aus der Josephstadt durchziehen seine Romane. Viele dieser Schauplätze sind bis heute zu sehen. Der Autor und Übersetzer Dezső Kosztolányi, Gyula Krúdy oder Attila József, einer unserer größten Dichter, verbrachten entscheidende Jahre ihres Lebens ebenfalls in der Josephstadt.

Zaungast 

Dieses Wort gibt es wiederum im Ungarischen nicht. Lange stellte ich mir vor, er sitzt auf dem Zaun und schaut von dort aus zu, was diesseits oder jenseits des Zaunes passiert. Als Zaungast hat man zwar den Überblick, beide Seiten sind einem vertraut, beide kennt man sehr gut. Aber man gehört dennoch nicht wirklich dazu. Weder hier noch dort. Man ist irgendwie dazwischen. Und doch fiebert man mit, ein bisschen wie die Kinder im Kasperltheater, wenn sie sehen, wie das Krokodil sich anschleicht. Sie schreien laut und wollen den Kasperl warnen. Aber er hört sie nicht. 

Das dachte ich zumindest. Aber nein. 

Das Bild hat sich geändert, seit ich aus dem Rollstuhl nicht mehr aufstehen kann: Der Zaungast sitzt hinter dem Zaun und schaut zwischen den Latten hindurch sehnsüchtig hinein.

Auch das weiß ich jetzt: Selbst von hier aus wird ein Zaungast wahrgenommen. Nur dauert es seine Zeit. Es lohnt sich, an den Latten zu rütteln und wieder und wieder das Wort zu ergreifen. 

Das betrachte ich geradezu als meine Mission. Als Zaungast kann ich es mir erlauben, frei und furchtlos meine Meinung zu sagen.

Az egyik tizenkilenc a másik egy híján húsz

Der, die oder das eine ist neunzehn, der die oder das andere zwanzig weniger eins lautet eine ungarische Redewendung in etwa wörtlich übersetzt. Wäre es ein Verb, würde ich das zum Beispiel mit gehupft wie gesprungen übersetzen, bei Wahlmöglichkeiten oder bei Dingen mit Jacke wie Hose. Aber bei Personen?

Im Grunde meines Herzens bin ich durch und durch überzeugte Europäerin. Ich denke, der von mir hoch verehrte ungarische Historiker, Publizist und Chronist des 20. Jahrhunderts, Ferenc Fejtő, dessen Arbeiten über die kaiserlich-königliche Monarchie oder die Geschichte der sogenannten Volksdemokratien zu Grundlagenwerken wurden, traf den Nagel auf den Kopf, als er den Rassismus neben dem Kommunismus als die beiden schlimmsten Geißeln unserer Zeit bezeichnete. Ich denke, ein föderatives Konzept, in dem die Nationalstaaten und die Grenzen ihre Bedeutung verlieren, ist die einzige Möglichkeit, dauerhaften Frieden zu gewährleisten. Die Nationalitäten sind seit Jahrhunderten derart eng miteinander verwoben, dass es unmöglich ist, „gerechte” nationale Grenzen zu ziehen. Dass ein solches Modell tragfähig ist und dass jahrhundertealte nationale Traumata, Spannungen und Gräben überwunden werden können und ein friedliches Miteinander möglich ist, zeigen Elsass und Tirol, wo vor gar nicht so langer Zeit erbitterte, hasserfüllte Kämpfe auf Leben oder Tod gefochten wurden.

In Budapest wurden die Machenschaften der Machthaber, ihre Hetzkampagnen und Übergriffe gegen kritische Stimmen zunehmend bedrohlich. Während dieser Jahre nahm ich an unzähligen Demonstrationen teil, die ungarische UND die europäische Fahne mit voller Überzeugung schwingend. Mittlerweile nehme ich keine dieser Flaggen mehr in die Hand. Wenn, dann allenfalls eine in den Regenbogenfarben, die für mich längst zu einem Symbol für Freiheit und für eine lebenswerte, bunte Gesellschaft für ALLE geworden ist.

Traurig stimmt mich, dass ausgerechnet Europa jahrzehntelang Unsummen unkontrolliert nach Ungarn fließen ließ. Damit ermöglichte es Orbán, die Fundamente seiner Macht festzubetonieren, eine Art neues Feudalsystem zu etablieren und seine Hasspropaganda zu finanzieren. Auch gegen Europa und gegen alles und jedes, was ihm im Wege steht. So manche deutsche Politiker·innen reichten ihm aus wirtschaftspolitischen Interessen die Hand und gaben ihm damit Rückenwind. Viele Ungar·innen fühlen sich wie Europäer zweiter Klasse behandelt. Wenn Orbán gegen Brüssel wettert, fällt das bei ihnen auf fruchtbaren Boden.

Endlich scheint man in Europa aufzuwachen. Leider etwas spät. 

Statt den uralten Graben zwischen Nationalisten und Liberalen zu überbrücken, der auch ein Graben zwischen Stadt und Land, zwischen Ost und West ist, hat Orbán die Spaltung der ungarischen Gesellschaft bewusst vertieft. Der sich so gern als wahrer Patriot und Landesvater in Szene setzende Autokrat hat das Land ausgeplündert, kulturelle Werte zerstört oder sich selbst und seinen Günstlingen übereignet, an ausländische Investoren verkauft oder mit China oder Russland Knebelverträge geschlossen, die das Land über Jahrzehnte in den Ruin treiben.

Das kleine gallische Dorf

So nenne ich mit einem Augenzwinkern unser Viertel. Zahlreiche Bürgerinitiativen sind hier aktiv. Sie sind der Regierung ein Dorn im Auge. Da gibt es zum Beispiel die Vereinigung C8, Civile für die Josephstadt. Mit unermüdlichem Einsatz ist es ihnen bei den Kommunalwahlen 2019 gelungen, alle oppositionellen Parteien dazu zu bewegen, sich hinter ihren unabhängigen Kandidaten zu stellen, den integren, regierungskritischen Journalisten András Pikó, der sich großer Beliebtheit erfreute. Das war der Durchbruch. Der Wahlkampf war hart. Ein Kampf von David gegen Goliath. 

So sah hier 2019 die demokratische Wahl nach ungarischer Art aus: Täglich zogen von der Regierungspartei finanzierte Rowdies nachts durch die Straßen und verschandelten oder zerstörten Plakate, die Aktivist·innen der C8, ’Zivile für den 8. Bezirk‘ am Abend zuvor angebracht hatten. Daraufhin sprayten letztere ihre Wahlslogans oder die Namen ihrer Kandidat*innen auf den Asphalt. Auch das wurde von der Stadtverwaltung der Fidesz sofort entfernt. Von den straff organisierten Fidesz-Parteimitgliedern wurden die Menschen massiv unter Druck gesetzt, zu den Wahlen zu gehen. Die Armut ist groß, es ist ein offenes Geheimnis, dass viele gegen eine geringe Entlohnung oder ein paar Kilo Kartoffeln gerne bereit sind, ihre Stimme zu verkaufen. Das Wahllokal ist im Bürgerhaus auf diesem Platz hier im Hintergrund. Auf der Terrasse des Cafés nebenan saß ein Handlanger der Fidesz. Von anderen Fidesz-Leuten wurden die angeworbenen Wähler dorthin begleitet. Er gab ihnen ein Handy in die Hand. Damit sollten sie ihren ausgefüllten Wahlschein ablichten. Gegen Vorlage des Fotos würden sie ihren Lohn bekommen. Doch diesmal ging die Rechnung nicht auf. Von der Öffnung des Wahllokals am Morgen bis zu seiner Schließung hielten Aktivisten der C8 mit gezückten Handys Wache, um jede verdächtige Aktion zu dokumentieren. Der Fidesz-Mann kam nicht zum Zug. Auch das dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass im achten Bezirk das Wunder geschah: Pikó gewann die Wahl. Seitdem haben hier wie in den meisten anderen Budapester Bezirken linksliberale Bürgermeister*innen der Opposition das Sagen. Ihr Stand ist aber schwer. Als sie ihre Büros bezogen, fanden sie meterweise leere Ordner vor. Ihre Vorgänger hatten alle wesentlichen Dokumente geschreddert, die auf ihre korrupten Machenschaften Hinweise gegeben hätten. Sofort kürzte Orbán drastisch das Budget und die Kompetenzen der Kommunen. Verträge mit den Baulöwen waren unter Dach und Fach. Seitdem fehlt es für die Renovierung und Instandhaltung der maroden Bausubstanz, der Straßen, desolaten Gas-, Wasser- oder Stromleitungen, von Schulen oder Krankenhäusern rundum an Mitteln, während für Luxussanierungen von Hotels oder diversen Prestigeobjekten der Fidesz großzügige Geldzuwendungen fließen. Viele Kulturschätze sind auch längst an ausländische Investoren verkauft.

Das alternative Kulturzentrum Aurora, kaum ein paar Straßen von hier, ist ebenfalls ein ständiger Stein des Anstoßes. Viele Bürgerinitiativen haben hier ihren Treffpunkt. Hier ist das Pressezentrum der Roma, hier treffen sich Aktivist*innen der Közélet iskolája, der Schule des öffentlichen Lebens, die Bürgerinitiativen beim Aufbau ihrer Gruppen und bei der Planung ihrer Aktivitäten unterstützt, oder Átlátszó, die sich für Transparenz in Politik und Wirtschaft einsetzen, Aktivist·innen der Pride Bewegung, die Initiative Food not Bombs oder eine Selbsthilfegruppe von Betroffenen, die sich für eine Verbesserung der katastrophalen Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung und für mehr Barrierefreiheit einsetzen. Es gibt einen Gemeinschaftsgarten und eine Gruppe, die sich für urban gardening stark macht. Und jeden Samstag holen junge Leute Obst und Gemüse von der benachbarten Markthalle ab, das übrig geblieben ist und das die Händler ihnen kostenlos zur Verfügung stellen. Damit kochen sie auf dem Innenhof des Aurora für Bedürftige. Hier in Ungarn werden sie nicht etwa unterstützt. Hier sind sie ständigen Übergriffen ausgesetzt.

Das ist der große Unterschied: Was in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist, muss in Ungarn hart erkämpft werden. Solange ein Fidesz-Politiker der Bürgermeister war, war es auch im 8. Bezirk so. Ultra rechte Hungaristen drangen ins Aurora ein und sprengten eine Veranstaltung, die Polizei kam spät. Die Regenbogenfahne draußen an der Wand wurde verbrannt. Es gab ständig Razzien, weil angeblich Rauschgift im Spiel sei. Jetzt haben diese Drangsalierungen ein Ende.

Véletlen

Das ist das ungarische Wort für Zufall. Lange verwandte ich es mit einem erstaunten Achselzucken, ohne mir viel dabei zu denken. Manchmal gibt es im Leben schon merkwürdige Koinzidenzen, verrückte Begebenheiten. Würden sie in einem Roman stehen, würde man sagen, der Autor hatte eine etwas übertriebene Phantasie.

Doch wieder lohnt es sich, die Ausdrücke in beiden Sprachen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wörtlich bedeutet véletlen: das Unvermutete. Bei Zufall liegt der Akzent ein bisschen woanders. Das ist etwas, das einem irgendwie zugefallen, auf unerklärliche Weise und von irgendwoher gewissermaßen in den Schoß gefallen ist.

Eine verblüffende Entdeckung:

Seit ich in der Josephstadt mein Nest habe, beschäftige ich mich wieder intensiver mit meinen Wurzeln, mit meiner Familiengeschichte. Über die Vorfahren meines Vaters, die Familie Relle, wusste ich herzlich wenig. Nur dass mein Urgroßvater es zu einem ziemlichen Vermögen gebracht haben musste, nachdem er aus seiner Geburtstadt Győr, deutsch Raab, nach Budapest gezogen war. Mehrere Häuser soll er gehabt haben und für die Belieferung sämtlicher Krankenhäuser und Gefängnisse von Budapest zuständig gewesen sein. Aber wo und wie sie gelebt hatten? Nichts. Nur die Schauplätze seiner Kindheit im Stadteil Óbuda, deutsch Altofen, hatte mein Vater mir gezeigt. Meinem Großvater war das väterliche Erbe zwischen den Händen zerronnen, in der Kindheit meines Vaters lebte die Familie in Armut.

Im damaligen Budapester Namens- und Adressverzeichnis stieß ich dann einmal auf den Namen meines Urgroßvaters und die Adresse, unter der die Familie 1900 lebte. Wieder nach langen Recherchen stellte sich heraus, dass dieses Haus bis heute erhalten ist und in nur etwa fünf Minuten zu Fuß von meiner Wohnung aus zu erreichen ist. Es ist in direkter Nachbarschaft zum einstigen Volkstheater und dem legendären Café New York. Tagtäglich bin ich also auf den Spuren meiner Vorfahren unterwegs! Auf eine Vielzahl weiterer Mosaikstücke bin ich seither gestoßen. Unversehens bin ich mitten in einen atemberaubenden Roman geraten.

Gyógyír

Es ist interessant, diese ungarische Bezeichnung für Heilmittel, Elixir genauer unter die Lupe zunehmen. Gyógyít ist das ungarische Verb für heilen, soweit also identisch mit dem deutschen Bestandteil des Wortes. 

Wie aber steht es mit ír? Es habe sich aus dem altungarischen Wort íru, auch írv entwickelt, das Salbe bedeutete. Aus diesem Grundwort habe sich die Bezeichnung für Arzt gebildet, íruos, auch ír-vos, heute orvos. Das Suffix –os entspricht in etwa dem Deutschen –ig, ein ír-vos war also gewissermaßen ein oder eine ’Salbige’, ein Salbenmensch, jemand, der einsalbt, mit Salben heilt.

Nun ist aber ír auch die lexikalische Grundform des Verbs schreiben!

Ist das Zufall? Hat es Methode? Gibt es ein Heilschreiben?

Sollte der Literatur und Kunst dabei eine unschätzbar wichtige Rolle zukommen? Leisten demnach all die vielen Romane, Erzählungen, Theaterstücke oder Filme, die in irgendeiner Form historische Ereignisse, Familiengeschichten oder persönliche Schicksale thematisieren, einen wichtigen Beitrag zur Heilung?

Mittlerweile bin ich überzeugt, dass es so ist. 

Für mich persönlich kam der Durchbruch, als ich über das Buch Geerbtes Schicksal (ung. Örökölt sors) von Noémi Orvos-Tóth stolperte. Mir wurde klar, dass das Übersetzen der Bücher zeitgenössischer ungarischer Autoren für mich existentiell gewesen ist. Heute weiß man, dass Traumata über Generationen hinweg im Unterbewusstsein weitergegeben werden und Ursache vieler gravierender psychischer Störungen oder sich in einer Familie wiederholender Schicksalsschläge und Krankheiten sind. Dieser Teufelskreis lässt sich nur unterbrechen, wenn wir uns ihrer bewusst werden und mit ihnen aussöhnen.

Teil meines geerbten Schicksals ist die multiple Sklerose. Seit es mir gelungen ist, mit dem Schreiben zu beginnen, hat sich mein Zustand erheblich gebessert. Es gab Zeiten, als mir eine Unterschrift kaum möglich war. Der Stift glitt mir aus der Hand. Heute schreibe ich wieder mühelos. Bei dieser Diagnose zählt die spektakuläre Verbesserung chronisch gewordener Schädigungen zu der Kategorie Wunder

Ist es Zufall? Hat es Methode, dass ich tagtäglich auf den Spuren meiner Vorfahren unterwegs bin, seit ich hier in der Josephstadt mein Nest gefunden habe?

Képtelen—képes

Es lohnt sich, die ungarische Bezeichnung für unfähig – fähig etwas näher unter die Lupe zu nehmen.

Kép bedeutet: Bild. Kép-telen, ’unfähig’ setzt sich zusammen aus dem Substantiv ’Bild’ und dem Suffix ’-telen’, was in etwa dem deutschen -los entspricht. Also ’bild-los’. Kép-es, fähig, hingegen hat die Bestandteile kép=Bild und das Suffix -es, deutsch -ig, ließe sich wörtlich also übersetzen mit ’bildig’.

Ungeahnte philosophische Tiefen lässt dieser genaue Blick erahnen. Wer kein Bild dessen in sich trägt, was er sucht, ist unfähig, es zu erreichen.

Nur wer ein Bild seines Zieles in sich trägt, ist in der Lage, etwas dafür zu tun, sich in seine Richtung zu bewegen.

Ein Meer von Regenbogenfarben

Auch wenn in Ungarn jeder meiner Freunde und Bekannten verständnislos den Kopf schüttelt: Ich blicke dennoch optimistisch in die Zukunft. Wir alle haben unterschätzt, was es bedeutet, wenn ein Land nie andere als autoritäre Gesellschaftssysteme gekannt hat. 

Der überwiegende Großteil der Menschen in Ungarn lebte seit jeher in bitterer Armut und in völliger Abhängigkeit von ihren Grundherren, einer verschwindend kleinen Schicht des Landadels und des Klerus, fern jeder Bildung. Aufklärung, eigenständiges Denken, ein kritisches Bewusstsein galten hier nie als Werte. Ganz im Gegenteil.

Ein demokratisches Selbstverständnis fällt nicht vom Himmel. Es muss sich entwickeln, meist um den Preis harter Kämpfe und Auseinandersetzungen. Aufgewachsen in der Bundespepublik Deutschland der 70-er Jahre, erlebte ich hier diesen Prozess hautnah mit. In Ungarn habe ich seit Jahren déjà-vu-Gefühle. Im Windschatten der politischen Berichterstattung, dem enormen Druck der Staatsgewalt zum Trotz, ist ein demokratisches Selbstverständnis und Verantwortungsbewusstsein im Entstehen. Seit Herbst 2019 haben wir hier im Bezirk einen parteilosen Bürgermeister. Oberstes Ziel der neuen Stadtverwaltung ist eine lebenswerte Stadt für alle. Transparenz, Mitbestimmung und das Entwickeln eines demokratischen Diskurses.

Hoffnung gibt mir das großartig einfallsreiche und unerschrockene Engagement der jungen Aktivist*innen, die meine Kinder sein könnten. 

Hoffnung machen mir viele aus dieser Generation. Sie sind Weltbürger, über alle Grenzen hinweg miteinander vernetzt und rund um den Globus unterwegs. So auch mein Sohn und seine Frau. Beide sind sie Akrobaten und bringen ganz ohne Worte drängende Fragen der Zeit auf die Bühne. Sie sprechen die universelle Sprache der Kunst.

Hoffnung machen mir die Demonstrant·innen vor dem Parlament und das Meer von Regenbogenfahnen, die längst zu einem Symbol der Freiheit, des Miteinanders und einer offenen, farbenfrohen Gesellschaft geworden sind.

Für sie sind West und Ost nicht mehr zwei Welten.

 

Lesz még tavasz

Tél mikor takar dérRel le,
Ág, ne sóhajts, lesz még tavasz!

 

Das lässt sich nicht übersetzen.

In diesem Gedicht habe ich meinen Namen versteckt. Es ist zugleich mein Wahlspruch. Deutsch bedeutet es in etwa:

Zweig, wenn der Winter dich mit Rauhreif überzieht,

sei nicht traurig, der Frühling kommt!

 

Agnes Relle – Relle Ágnes, Budapest, im November 2021

15.09.2022
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© Daniel Nagy

Ágnes Relle. Geboren 1959 in Stuttgart als Tochter ungarischer Eltern, studierte sie Französisch und Germanistik in München. Ab 1987 lehrte sie in Budapest deutsche Literatur an der ELTE und Deutsch als Fremdsprache am Goethe-Institut. Seit 1992 arbeitet sie als Übersetzerin ungarischer Gegenwartsliteratur von u. a. Imre Kertész, Attila Bartis, László Darvasi, László Márton und Noémi Kiss. Herausgeberin zweier Bände über das aktuelle literarische Leben in Ungarn, »Bestiarium Hungariae« (1999) und »Ungarische Ungereimtheiten« (2016) für die Literaturzeitschrift »die horen«. 2006 nominiert für den Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse, 2012 Europäischer Übersetzerpreis, 2021 Übersetzerpreis der Landeshauptstadt München.

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