Ljubljana
Die slowenische Hauptstadt Ljubljana hat zahlreiche nationale und internationale Titel vorzuweisen, u. a. hätte sich die Welthauptstadt des Buches 2010 und UNESCO City of Literature 2015 jedoch auch den Titel Übersetzerhauptstadt verdient. Im Laufe der Jahrhunderte lebten und wirkten in Ljubljana nämlich zahlreiche Übersetzer·innen, die aus Fremdsprachen ins Slowenische sowie aus dem Slowenischen in diverse Fremdsprachen übersetzten und somit die Weltliteratur bzw. die slowenische Literatur ihrer Leserschaft näherbrachten, gleichzeitig durch ihre Übersetzungen aber auch die slowenische Sprache und Identität mitgestalteten. Im Rahmen des Projekts „Cities of Translators“ wird Ljubljana zum ersten Mal anhand von Essays, Fotos und Videomaterial durch die Perspektive seines reichen, aber weniger bekannten Übersetzungserbes präsentiert, das von den zahlreichen Stimmen zeitgenössischer Übersetzern·innen nun fortgeführt wird. Einige von ihnen öffnen an dieser Stelle exklusiv die Türen ihrer Werkstätten, zeigen ihre versteckten Übersetzungsecken in der Stadt und teilen ihre Gedanken zum (Nicht-)Übersetzen im urbanen Zentrum eines Landes mit zwei Millionen Einwohnern. Ein herzliches Willkommen in Ljubljana!
Kuration: Tanja Petrič und Amalija Maček
Fotos: Vid Brezočnik
Video: Klemen Golob und Urban Zorko
Die slowenische Hauptstadt Ljubljana hat zahlreiche nationale und internationale Titel vorzuweisen, u. a. hätte sich die Welthauptstadt des Buches 2010 und UNESCO City of Literature 2015 jedoch auch den Titel Übersetzerhauptstadt verdient. Im Laufe der Jahrhunderte lebten und wirkten in Ljubljana nämlich zahlreiche Übersetzer·innen, die aus Fremdsprachen ins Slowenische sowie aus dem Slowenischen in diverse Fremdsprachen übersetzten und somit die Weltliteratur bzw. die slowenische Literatur ihrer Leserschaft näherbrachten, gleichzeitig durch ihre Übersetzungen aber auch die slowenische Sprache und Identität mitgestalteten. Im Rahmen des Projekts „Cities of Translators“ wird Ljubljana zum ersten Mal anhand von Essays, Fotos und Videomaterial durch die Perspektive seines reichen, aber weniger bekannten Übersetzungserbes präsentiert, das von den zahlreichen Stimmen zeitgenössischer Übersetzern·innen nun fortgeführt wird. Einige von ihnen öffnen an dieser Stelle exklusiv die Türen ihrer Werkstätten, zeigen ihre versteckten Übersetzungsecken in der Stadt und teilen ihre Gedanken zum (Nicht-)Übersetzen im urbanen Zentrum eines Landes mit zwei Millionen Einwohnern. Ein herzliches Willkommen in Ljubljana!
Kuration: Tanja Petrič und Amalija Maček
Fotos: Vid Brezočnik
Video: Klemen Golob und Urban Zorko
Društvo slovenskih književnih prevajalcev, ustanovljeno 1. avgusta 1953, se je ob svoji 70-letnici aktivnega delovanja, odločilo zasnovati ljubljanski »prevajalski sprehod«, ki bo obogatil tematske turistične poti po Ljubljani. Približno dve uri trajajoče »flanikranje« po ožjem mestnem središču odstira značaj Ljubljane skozi obeležja in zgodbe, ki pričajo o bogati prevajalski in prevodoslovni dediščini mesta.
Der Verband slowenischer Literaturübersetzer, der am 1. August 1953 gegründet wurde, entschied sich zum 70. Jubiläum seiner engagierten Tätigkeit, als Bereicherung der touristischen Themenwege Ljubljanas einen „Übersetzerspaziergang“ zu entwerfen. Der ungefähr zwei Stunden lange Streifzug durch die Innenstadt lüftet Ljubljanas Charakter anhand von Denkmälern und Geschichten, die vom reichen übersetzerischen und übersetzungswissenschaftlichen Erbe der Stadt zeugen.
"Žabarji. Tako nas, prebivalce Ljubljane, včasih imenujejo – zaradi močvirja na južnih obronkih mesta. Uradno pa smo »Ljubljančani«. Arogantni in nedostopni, kot pravijo. Mi pa menimo, da smo diskretni in uvidevni, kajti kako bi sicer lahko shajali drugi z drugim v velemestu, ki to objektivno gledano sploh ni. Slovenija je dežela pesnikov in samodržcev."
"Žabarji. Froschmenschen werden wir, Bewohner von Ljubljana, auch genannt – wegen des Sumpfgebiets südlich der Stadt. Offiziell 'Ljubljančani'. Arrogant und unnahbar, sagt man. Wir nennen es diskret und rücksichtsvoll, wie soll man sonst in der Großstadt, die zwar objektiv gesehen keine ist, überleben. Slowenen sind ein Volk der Dichter und Einzelgänger."
Ein Gespräch mit Ludwig Hartinger, dem „Wortlandstreicher“ und deutschen Übersetzer von dem großen slowenischen Dichter Srečko Kosovel, dem Preisträger von Lavrin-Diplom des Verbands slowenischer Literaturübersetzer 2022 und dem Fabjan-Hafner-Preisträger 2023. Das Gespräch ist moderiert von Übersetzerin, Translatologin und Dozentin Amalija Maček.
Pogovor z Ludwigom Hartingerjem, s »tihotapcem besed« in nemškim prevajalcem vélikega slovenskega pesnika Srečka Kosovela, prejemnikom Lavrinove diplome Društva slovenskih književnih prevajalcev 2022 in nagrade Fabjana Hafnerja 2023. Pogovor povezuje prevajalka in prevodoslovka dr. Amalija Maček.
»Z veliko gotovostjo lahko zdaj zatrdim, da mi je prav Ljubljana s svojo svetovljanskostjo odprla vrata v književno prevajanje. V svetovnem merilu gre sicer za majhno mesto, a s statusom prestolnice kljub temu veliko ponuja. Tukaj, kjer domujejo največje založbe, več profesionalnih gledališč in druge osrednje inštitucije ter raznovrstna stanovska in druga društva, je dokaj enostavno priti v stik z uredniki, dramaturgi, direktorji, producenti in vsemi drugimi ustvarjalci, ki pletejo mrežo kulturniškega življenja.«
„Mit großer Gewissheit kann ich heute behaupten, dass mir gerade Ljubljana mit seinem Weltbürgertum die Tür zum literarischen Übersetzen geöffnet hat. Im weltweiten Vergleich ist es zwar eine kleine Stadt, doch durch ihren Status als Hauptstadt hat sie trotzdem einiges zu bieten. Hier, wo die größten Verlagshäuser, mehrere professionelle Theater und andere zentrale Institutionen sowie verschiedene Standes- und andere Verbände ihr Zuhause haben, ist es ziemlich einfach, mit Redakteuren, Dramaturgen, Direktoren, Produzenten und all den anderen Künstlern, die das Netz des Kulturlebens spinnen, in Kontakt zu kommen.“
»Poskušam ujet, izgivarjat besedo, lovim njeno zvočnost, dokler ne najdem njene ustreznice v svojem jeziku. Najraje se ne trudim razumet, ampak sprejet. In se v tem, kar sem sprejela, prilagodit neznanemu, sploh če je to, kar si predstavljam udobno in znosno in čarobno in skrivnostno. Skoraj, za las, popolno.« Slovenska pesnica in prevajalka Ana Pepelnik v svojem eseju na poetičen način razmišlja o srečevanjih z Waltom Whitmanom ob prevajanju njegovih Listov trave.
„Ich versuche, das Wort einzufangen und auszusprechen, suche seine Klangfarbe, bis ich ihre Entsprechung in meiner Sprache finde. Bevorzugt bemühe ich mich, nicht zu verstehen, sondern einfach zu empfangen. Und mich bei dem, was ich empfange, dem Unbekannten anzupassen, überhaupt wenn das, was ich mir vorstelle, heimelig, erträglich, zauberhaft und geheimnisvoll ist. Um ein Haar perfekt.“ Slowenische Dichterin und Übersetzerin Ana Pepelnik beschreibt in ihrem Essay auf eine poetische Weise ihre Begegnungen mit Walt Whitman bei der Übersetzung seines Gedichtbands Grashalme.
»Važno je, da pomen zgrabiš in ga mimo vseh pasti preneseš na drugo stran tako, da tam nihče ne more reči, da ni pravi. Da mi je to večinoma uspevalo, gre zasluga mnogim obrazom, ki so mi stali ob strani, mi tako ali drugače pomagali, da sem tihotapil bolje in bolj prave pomene.« Štefan Vevar, eden najbolj uveljavljenih prevajalcev iz nemščine v slovenščino, prejemnik avstrijske državne nagrade za literarno prevajanje, se v svojem eseju spominja prevajalskih začetkov in vzponov na mnoge literarne vrhove nemške literature.
„Entscheidend ist es, die Bedeutung zu packen und an allen Stolperfallen vorbei so auf die andere Seite zu übertragen, dass dort niemand behaupten kann, es handle sich nicht um die richtige. Dass mir das zumeist auch gelungen ist, verdanke ich vielen Gesichtern, die mir zur Seite gestanden und mir auf die ein oder andere Art geholfen haben, sodass ich im Schmuggeln immer besser wurde und immer adäquatere Bedeutungen fand.“ Štefan Vevar, einer der renommiertesten Übersetzer aus dem Deutschen ins Slowenische, Preisträger des Österreichischen Staatspreises für literarische Übersetzung, erinnert sich in seinem Essay an seine übersetzerischen Anfänge und Eroberungen von vielen literarischen Gipfel der deutschen Literatur.
"When I first moved from New York City to Ljubljana in 1993, I felt as if I had been flung out from the absolute center of the universe – a Babylon of immense culture and riches and sin, teeming with peoples from all over the world, bubbling over with their multiple languages and cuisines – into a reverse Babylon, a flat, monochromatic, conservative backwater, so small that God might not even notice it if its inhabitants were building a daring tower that threatened to penetrate the heavens. […] And yet over time I discovered in the relative marginality and uniformity of Slovenia and its capital of Ljubljana, a different kind of groove and spice hiding just beneath the surface."
„Als ich 1993 zum ersten Mal von New York City nach Ljubljana zog, dachte ich, ich wäre aus dem absoluten Zentrum des Universums – einem Babylon der immensen Kultur, des Reichtums und der Sünde, voller Menschen aus aller Welt, mit all ihren verschiedenen Sprachen und Küchen – in ein umgekehrtes Babylon geschleudert worden, ein flaches, einfarbiges, konservatives Hinterland, so klein, dass es nicht einmal Gott auffallen würde, wenn seine Bewohner·innen einen Turm errichteten, der kühn in den Himmel zu ragen drohte. […] Und doch erkannte ich allmählich in der relativen Marginalität und Gleichförmigkeit Sloweniens und seiner Hauptstadt Ljubljana eine andere Art von Groove und Drive, die sich gleich unter der Oberfläche verbargen.“
»Ko sem se leta 1993 preselila iz New Yorka v Ljubljano, sem se počutila, kot da sem bila vržena iz absolutnega središča sveta – Babilona brezmejne kulture in bogastva in greha, kjer mrgoli ljudi z vsega sveta, kjer vse brbota od njihovih številnih jezikov in kuhinj – v njegovo popolno nasprotje, neko pusto, brezbarvno, nazadnjaško zakotje, tako majhno, da Bog nemara sploh ne bi opazil, če bi njegovi prebivalci gradili drzen stolp, ki bi grozil, da se bo zaril v nebesa. […] Pa vendar sem v relativni marginalnosti in uniformnosti Slovenije in njene prestolnice Ljubljane sčasoma odkrila drugačno zabavo in draž, skriti tik pod površjem.«
„Ohne jemals einen Fuß in diese besonderen Landschaften gesetzt und einige der erwähnten Gipfel selbst bestiegen und dabei qualvoll gelitten und ekstatische Freude erlebt zu haben, lässt sich die Intensität, die aus den enthusiastischen Natur- und Tourenbeschreibungen der beiden Autoren spricht, nicht nachempfinden und damit auch nicht angemessen sprachlich nachbilden,“ schreibt der deutsche Übersetzer Lars Felgner über die Kultbücher der slowenischen Bergliteratur von Nejc Zaplotnik und Jakob J. Kenda.
»Če nisi nikoli obiskal te posebne pokrajine in se povzpel na katerega od omenjenih vrhov, ob tem pa grozno trpel in hkrati doživljal ekstatično radost, se ni mogoče vživeti v vznesene opise narave in planinskih poti pri obeh avtorjih, s tem pa besedil ni mogoče ustrezno poustvariti v tujem jeziku,« zapiše nemški prevajalec Lars Felgner o kultnih gorniških delih Nejca Zaplotnika in Jakoba J. Kende.
»Ces deux termes, traduction et politique, dissymétriques par leur trajectoire dans l’histoire de la pensée, sont appelés à se rejoindre dans une référence commune à la catégorie d’altérité. Dans l’essai qui suit, il s’agira d’élucider les rapports qui s’établissent entre la politique et la traduction en termes d’altérité travaillant sur l’identité et l’unité afin d’interroger la possibilité d’une politique de traduction.«
»Obwohl die beiden Begriffe, Übersetzung und Politik, im Bereich der Ideengeschichte in ganz unterschiedliche Richtungen streben, führt sie ihr Weg hinsichtlich ihres Bezugs auf die Kategorie der Alterität wieder zusammen. Der folgende Essay beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Politik und Übersetzung vor dem Hintergrund des Begriffs der Alterität, wobei besonders auf die Konzepte der Identität und der Einheit eingegangen wird, um die Möglichkeit einer Übersetzungspolitik zu hinterfragen.«