Journale Ein Übersetzungsroadtrip.

DIE REISE BEGINNT

Von Sinéad Crowe, übersetzt von Rasha Khayat


Lucy liest aus Töchter bei der HAM.LIT im Februar 2018. Foto © Gordon Timpen   

 

Martha, Betty und Kurt – die zynischen, starrköpfigen Hauptfiguren aus Töchter – und ich lernten uns erstmals beim Hamburger Literaturfestival HAM.LIT im Februar 2018 kennen. Im abgedunkelten großen Saal des Uebel und Gefährlich hatte sich eine große Menge versammelt, allesamt mit ihrem Bier in der Hand, um der Lokalheldin Lucy Fricke zuzuhören, wie sie zum ersten Mal aus ihrem neuen Roman vorlas. Lucy wählte eine Szene am Anfang des Buches aus: Martha und Betty sind mit Kurt auf dem Weg in eine Schweizer Sterbehilfeklinik und zanken sich über Geld, Feminismus und die Probleme einer Beziehung mit tätowierten Männern. Schon bald lachte das gesamte Publikum schallend über den düsteren Galgenhumor des Textes. Während ich mich so umsah, dachte ich, wie schön es wäre, diese humorvolle Seite deutscher Literatur, die bei uns im englischsprachigen Raum einfach kaum vorkommt, mit Leser∙innen zu Hause teilen zu können.

Ich kaufte mir das Buch direkt nach dem Festival, las es – oder vielmehr verschlang ich es – und mein Wunsch, diese warme, kluge und witzige Geschichte mit Leser∙innen außerhalb Deutschlands zu teilen, wurde damit immer größer. Die große Frage lautete: Würde ich einen Verlag finden, der den Mut hatte, ein deutsches Buch zu veröffentlichen, das sich traute, witzig zu sein?

Lucy Fricke liest aus Töchter bei der HAM.LIT 2018

In den kommenden Monaten musste meine Suche nach einem geeigneten Verlag für Töchter in den Hintergrund treten, da ich andere Übersetzungen fertig zu stellen hatte. Ich verlor den Überblick darüber, wie viele Exemplare von Töchter ich kaufte, um sie Freunden zu schenken, die Deutsch lesen konnten. Und ganz egal, woher die Freunde ursprünglich kamen: Irland, England, Frankreich, NRW, Bayern: Töchter traf einen Nerv − was mich nur darin bestätigte, dass Lucys wunderbares Buch, egal, wie spezifisch Deutsch es auch sein mochte, auch außerhalb Deutschlands seine Fans finden würde. Wenn ich das Buch doch bloß auch mit meinen Freund·innen zu Hause in Irland teilen könnte, die kein Deutsch verstehen …

Als ich ungefähr ein Jahr später eine E-Mail von Katy Derbyshire, der unermüdlichen Verlegerin von V&Q Books, bekam, flippte ich fast aus. Sie hatte soeben die Übersetzungsrechte für Töchter gekauft und schrieb, dass sie mich für die richtige Übersetzerin für das Buch hielt. Ich freute mich nicht nur darüber, eines meiner Lieblingsbücher nun endlich auch mit Leserinnen in Großbritannien und Irland zu teilen, sondern auch, mit V&Q Books zusammen zu arbeiten, ein neues englischsprachiges Imprint des etablierten deutschen Indie-Verlags Voland & Quist. Eins von Katys Zielen ist es, möglichst viele Vorurteile über Deutschland zu entkräften, unter anderem auch, dass Deutsche keinen Sinn für Humor haben; deshalb wusste ich, dass Töchter bei V&Q Books bestens aufgehoben sein würde. Katy, selbst eine der etabliertesten Übersetzerinnen für deutsche Literatur, würde meine Arbeit lektorieren, worüber ich unglaublich froh war. Ich wusste: Dieses Projekt würde mir nicht nur wahnsinnig Spaß machen, sondern mich auch beruflich enorm fördern und weiterbringen!

Mehr erfahren über V&Q Books, das neue englischsprachige Imprint des deutschen Verlags Voland & Quist, der „bemerkenswerte Literatur aus Deutschland“ veröffentlichen möchte.

 

Auf der Route bleiben. 

 

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