Journale Ein Übersetzungsroadtrip.

ÜBERSETZEN IN DER PANDEMIE

Von Sinéad Crowe, Isabelle Liber & María Tellechea


Das Übersetzen ist eher eine einsame, zurückgezogene Tätigkeit. Doch für uns Töchter-Übersetzerinnen war 2020 eine Vielzahl von Veranstaltungen geplant, die mit Reisen, Kontakten, Austausch usw. verbunden waren - alles Ereignisse, die durch die Covid-19-Pandemie auf einmal nicht mehr möglich waren, abrupt abgebrochen wurden oder ganz ausfielen…

1. Was bisher NICHT geschah…

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Sinéad und María hatten geplant, vom 15.03. bis zum 21.03.2020 nach Italien zu fahren, um hauptsächlich Olevano Romano (laut Lucy Fricke das Vorbild für Bellegra, das fiktive Städtchen, das im Roman eine große Rolle spielt), mit eigenen Augen zu sehen und, warum nicht, auch Rom und Neapel zu besuchen und die berühmten Pizzen zu vergleichen. Leider mussten sie eine Woche davor die ganze Reise absagen, da zu der Zeit die schlimmste Phase der Pandemie in Italien begann.

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Ende Januar 2020 entdeckten Isabelle und Sinéad eine spannende E-Mail in ihren Posteingängen: eine Einladung zur Jahrestagung des VdÜ (Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V.) in Wolfenbüttel im Juni 2020. Sie sagten natürlich sofort zu, zusammen mit Lucy und ihrer finnischen Übersetzerin, Anne Kilpi, an der schönen Abschlussveranstaltung „Ein Autor trifft seine Übersetzer“1 teilzunehmen. Doch Mitte April fiel die Entscheidung: die Jahrestagung würde leider nicht stattfinden. Beschlossen haben aber die Veranstalter, das diesjährige Programm ins kommende Jahr zu übertragen. Sinéad und Isabelle drücken die Daumen, dass im Juni 2021 alles gut läuft!

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Vom 30. April bis zum 3. Mai 2020 sollte das Literaturfestival Métropolis Bleu in Montréal stattfinden. Das Goethe-Institut aus Montréal hatte dieses Jahr die Autorin Lucy Fricke und ihre Übersetzerin Isabelle Liber eingeladen. Zusätzlich zu dieser aufregenden Reise war sogar noch ein Abstecher nach Moncton geplant, zu dem Frye-Festival. Ende Februar rannte Isabelle noch zur französischen Botschaft in Berlin, um einen neuen Pass zu beantragen, doch am 18. März kam die Nachricht, dass beide Veranstaltungen aufgrund der Pandemie ausfallen. Der neue Pass blieb leer...

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Ende Juli waren u.a. Lucy Fricke und ihre Übersetzerin María Tellechea zur 25. Buchmesse von La Paz (Bolivien) eingeladen. Deutschland war Ehrengast und deshalb waren auch andere Autor∙innen zusammen mit ihren Übersetzer∙innen eingeladen. Die Messe wurde erstmal auf September, aber dann wegen der Verschärfung der Pandemie auf nächstes Jahr verschoben. Immerhin: Das Goethe Institut von La Paz hat es schon auf seiner Website angekündigt. 


2. Virtuelle Reisen

Nun, für Übersetzer∙innen ist es ja nicht ungewöhnlich, sich die fremden Orte und Landschaften von zu Hause aus auszumalen. Wenn man am Schreibtisch festsitzt und sich ein Bild von einem fernen Ort machen möchte, dann bietet das Internet natürlich so manche Hilfe.

Screenshot von der Google-Suche von dem Friedhof in Olevano Romano („Bellegra“ im Buch) und seine „Häuserblöcke“    

Auch waren die Bilder, die Lucy selbst in Italien und Griechenland gemacht und uns geschickt hat, hier „übersetzungswichtig“.

Die „Terrasse“, Lucys schönster Arbeitsplatz

Das Bild der Terrasse half María beispielsweise besser zu verstehen, ob es sich um eine balkonartige Terrasse (also in der Höhe gebaut) handelte oder um eine ebenerdige „Terrasse/terraza“, wie man sie zum Beispiel vor einem Café findet. 

Und dank dieser Bilder, Lucys inspirierenden Beschreibungen der italienischen und griechischen Landschaften und natürlich der Töchter-Playlist als Soundtrack, konnten wir Übersetzerinnen sogar etwas Urlaubsgefühl im Home Office erzeugen!


3. Ein etwas anderer Alltag

Was aber war für uns in diesem seltsamen Jahr so besonders daran, zu Hause zu arbeiten? Man könnte meinen, dass Quarantäne, Isolierung zu Hause, gar kein oder wenig Kontakt zu anderen für die Leistung und die produktive Arbeit vorteilhaft wären. Aber was ist, wenn alle anderen auch in dieser Situation sind, die uns Übersetzer∙innen so vertraut ist, weil die Welt sich plötzlich in einer Pandemie befindet? Kann man sich wirklich genauso gut konzentrieren wie sonst? Kann man sich mit Leichtigkeit der Kunst widmen? Kann man einfach weiter so tun, als wäre die Welt hinter der Haustür noch intakt? Was ist mit den anderen Tätigkeiten, denen wir als Übersetzerinnen noch nachgehen müssen, sowohl die privaten wie Mutter/Tochter/Tante sein, als auch die öffentlichen wie Dozentin? Was ist mit den Ängsten, Sorgen und mit der Erschöpfung, die eine solche Ungewissheit verursacht?

Pandemie-Coworking: Isabelle tauschte ihre Kollegen aus dem Gemeinschaftsbüro gegen einen Viert- und einen Sechstklässler aus.

Home classroom: Sinéad, die den persönlichen Kontakt zu den Studierenden der Uni Hamburg sehr vermisst, muss ihre Englischkurse von ihrem Wohnzimmer aus geben.

Jede von uns hat hier ihre ganz persönlichen Antworten auf diese Fragen. Doch eins ist uns sicher gemeinsam: Die Übersetzung von Töchter in einem solchen Kontext war für uns drei eine außergewöhnliche Erfahrung, dank welcher wir auch das Glück hatten, eine virtuelle Reise durch ganz Europa zu machen und Bekanntschaft mit großartigen Figuren zu schließen. 

Natürlich erweckte das auch eine große Sehnsucht in uns, denn im Roman wimmelte es von schönen Sachen, die wir gerne gemacht hätten: Reisen, sich in einer Bar treffen, eine Freundin umarmen… Doch diese seltsame Zeit hat uns einiges gelernt, z.B. dass man an einem Videokonferenzen-Burnout leiden kann oder dass die Nachbarn von drunter eigentlich ganz nett sind, oder auch: Geduld. Denn die geplatzten Reisen und die schönen Sachen, die wir vermisst haben, das alles werden wir ganz sicher nachholen und gebührend genießen...

 

Auf der Route bleiben.

 

Fußnoten
1
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