Hervé Le Tellier: Die Anomalie.
Übersetzt aus dem Französischen von Jürgen und Romy Ritte.
Zweisprachige Leseprobe

BLAKE

Tuer quelqu’un, ça compte pour rien. Faut observer, surveiller, réfléchir, beaucoup, et au moment où, creuser le vide. Voilà. Creuser le vide. Se débrouiller pour que l’univers rétrécisse, rétrécisse jusqu’à se condenser dans le canon du fusil ou la pointe du couteau. C’est tout. Ne pas se poser de questions, ne pas se laisser guider par la colère, choisir le protocole, agir avec méthode. Blake sait faire ça, et depuis tellement longtemps qu’il ne sait plus quand il a commencé à savoir. Après, le reste vient tout seul. 

Blake fait sa vie de la mort des autres. S’il vous plaît, pas de leçon de morale. Si on veut discuter éthique, il est prêt à répondre statistiques. Parce que – et Blake s’excuse – lorsqu’un ministre de la Santé coupe dans le budget, qu’il supprime ici un scanner, là un médecin, là encore un service de réanimation, il se doute bien qu’il raccourcit de pas mal l’existence de milliers d’inconnus. Responsable, pas coupable, air connu. Blake, c’est le contraire. Et de toute façon, il n’a pas à se justifier, il s’en fout.

Tuer, ce n’est pas une vocation, c’est une disposition. Un état d’esprit si l’on préfère. Blake a onze ans et ne s’appelle pas Blake. Il est à côté de sa mère, dans la Peugeot, sur une départementale près de Bordeaux. On ne roule pas si vite, un chien traverse la route, la secousse les déporte à peine, la mère crie, freine, trop fort, le véhicule zigzague, le moteur cale. Reste dans la voiture, mon chéri, mon Dieu, reste bien dans la voiture. Blake n’obéit pas, il suit sa mère. C’est un colley au poil gris, le choc lui a défoncé le thorax, son sang s’écoule sur le bas-côté, mais il n’est pas mort, il geint, on dirait la plainte d’un bébé. La mère court en tous sens, paniquée, elle pose ses mains sur les yeux de Blake, elle balbutie des mots sans suite, elle veut appeler une ambulance, Mais maman, c’est un clebs, c’est juste un clebs. Le colley halète sur le bitume fissuré, son corps brisé tordu adopte un angle bizarre, il est agité de soubresauts qui vont en s’affaiblissant, il agonise sous les yeux de Blake, et Blake regarde avec curiosité la vie quitter l’animal. C’est fini. Le garçon mime un peu la tristesse, enfin, ce qu’il imagine être la tristesse, pour ne pas troubler sa mère, mais il ne ressent rien. La mère reste là, glacée, devant le petit cadavre, Blake s’impatiente, il la tire par la manche, Maman, allez, ça sert à rien de rester là, il est mort, là, on y va, je vais être en retard au foot. 

Tuer, c’est aussi des compétences. Blake découvre qu’il a tout ce qu’il faut le jour où son oncle Charles l’emmène chasser. Trois coups, trois lièvres, une espèce de don. Il vise vite et juste, il sait s’adapter aux pires carabines pourries, aux fusils les plus mal réglés. Les filles le traînent dans les fêtes foraines, Eh, s’te plaît, je voudrais la girafe, l’éléphant, la Game Boy, oui, vas-y, encore ! et Blake distribue des peluches, des consoles de jeu, il devient la terreur des stands de tir, avant de décider de faire dans la discrétion. Blake aime bien aussi tout ce que lui apprend l’oncle Charles, égorger les chevreuils, dépecer les lapins. Qu’on se comprenne bien : il ne prend aucun plaisir à tuer, à achever l’animal blessé. Ce n’est pas un vicelard. Non, ce qui lui plaît, c’est le geste technique, la routine sans faille qui s’installe à force de répétitions.

Blake a vingt ans, et sous son nom très français, Lipowski, Farsati, ou Martin, il est inscrit dans une école hôtelière d’une petite ville des Alpes. Ce n’est pas un choix par défaut, attention, il aurait pu faire n’importe quoi, il aimait l’électronique aussi, la programmation, il était doué en langues, tiens, l’anglais, il lui avait suffi de trois mois de stage chez Lang’s à Londres pour le parler quasiment sans accent. Mais ce que Blake préfère par-dessus tout, c’est cuisiner, pour les moments de vide à composer une recette, le temps qui s’écoule sans hâte, même dans l’agitation fiévreuse d’une cuisine, les longues secondes calmes à regarder fondre le beurre dans la poêle, réduire les oignons blancs, monter un soufflé. Il aime les odeurs et les épices, il aime créer un arrangement de couleurs et de saveurs dans une assiette. Ç’aurait pu être l’élève le plus brillant de l’école, mais Vraiment, merde, Lipowski (ou Farsati, ou Martin), si seulement vous étiez un peu aimable avec la clientèle, ça ne saurait pas nuire. C’est un métier de service, de service, vous entendez, Lipowski (ou Farsati, ou Martin) !

 

Hervé Le Tellier: L'Anomalie, Gallimard, 2020. S. 13-15.

BLAKE

Jemanden umlegen, das ist noch gar nichts. Man muss beobachten, überwachen, nachdenken, sehr viel nachdenken, und im entscheidenden Augenblick eine Leere schaffen. Das ist es. Eine Leere schaffen. Es hinbekommen, dass das Universum sich zusammenzieht, sich so lange zusammenzieht, bis es sich auf den Gewehrlauf oder die Messerspitze verdichtet. Das ist alles. Sich keine Frage stellen, sich nicht von der Wut leiten lassen, ein Protokoll erstellen, methodisch vorgehen. Blake kennt sich da aus, und das schon seit so langer Zeit, dass er gar nicht mehr weiß, seit wann er sich auskennt. Der Rest kommt dann ganz von alleine.

Blake bestreitet sein Leben mit dem Tod der anderen. Bitte, keine Moralpredigten. Wenn Sie mit Ethik anfangen, antwortet er mit Statistik. Denn – mit Verlaub, sagt Bake – wenn ein Gesundheitsminister das Budget kürzt, hier einen Scanner streicht, dort einen Arzt und da noch eine Intensivstation, dann dürfte ihm doch klar sein, dass er damit die Existenz von ein paar Tausend Unbekannten erheblich verkürzt. Verantwortlich, aber nicht schuldig. Das alte Lied. Blake ist das Gegenteil. Und überhaupt, er hat sich nicht zu rechtfertigen, es ist ihm egal.

Töten, das ist keine Berufung, das ist eine Veranlagung. Ein Geisteszustand, wenn Ihnen das lieber ist. Blake ist elf Jahre alt und nennt sich noch nicht Blake. Er sitzt neben seiner Mutter in einem Peugeot auf einer kleinen Landstaße bei Bordeaux. Sie fahren nicht wirklich schnell, ein Hund kreuzt die Straße, der Aufprall bringt sie kaum aus der Spur, die Mutter schreit auf, bremst, viel zu heftig, der Wagen schlingert, der Motor säuft ab. Bleib im Auto, Liebling, um Gottes Willen, bleib brav im Auto. Blake gehorcht nicht, er folgt seiner Mutter. Es ist ein grauhaariger Collie, der Zusammenstoß hat ihm den Brustkorb eingedrückt, sein Blut fließt über den Straßenrand, aber er ist nicht tot, er winselt, es hört sich an wie ein jammerndes Baby. Die Mutter ist panisch, läuft in alle Richtungen, hält ihre Hände vor Blakes Augen, stottert zusammenhanglose Wörter, sie will einen Krankenwagen rufen, Aber Mama, das ist ein Köter, nichts als ein Köter. Auf dem rissigen Asphalt hechelt der Collie, sein gebrochener,  verdrehter Körper krümmt sich in einem bizarren Winkel, Zuckungen, die langsam schwächer werden, durchrütteln ihn, er agonisiert unter Blakes Augen, und Blake beobachtet interessiert, wie das Leben aus dem Tier entweicht. Es ist zu Ende. Der Junge mimt ein wenig Trauer, das heißt, er mimt das, was er für Trauer hält, damit seine Mutter sich keine Fragen stellt, aber er verspürt nichts. Die Mutter steht noch immer da, wie zu Eis gefroren vor dem kleinen Leichnam, Blake verliert die Geduld, zieht sie am Ärmel, los, Mama, es bringt nichts hier zu bleiben, er ist jetzt tot, gehen wir, ich komm zum spät zum Fußball.

Töten, das meint auch Fertigkeiten. An dem Tag, da sein Onkel ihn mit auf die Jagd nimmt, stellt Blake fest, dass er alles hat, was er braucht. Drei Schüsse, drei Hasen, eine Art Begabung. Er zielt schnell und genau, er weiß sich mit den schlimmsten verrotteten Karabinern abzufinden, mit den am schlechtesten justierten Gewehren. Die Mädchen schleppen ihn mit auf die Kirmes, Hey, bitte, ich will die Giraffe, den Elefanten, den Game Boy, ja, genau, nochmal! Und Blake verteilt Plüschtiere, Spielekonsolen, er wird zum Schrecken der Schießbuden, bevor er sich dafür entscheidet, diskret zu agieren. Blake gefällt auch, was Onkel Charles ihm beibringt, Rehen die Kehle durchschneiden, Hasen aufbrechen. Verstehen wir uns richtig: Er empfindet keinerlei Vergnügen beim Töten oder wenn er einem waidwunden Tier den Rest gibt. Er empfindet keinerlei Vergnügen beim Töten oder wenn er einem waidwunden Tier den Rest gibt. Er ist kein perverser Wüstling. Nein, was ihm gefällt, das sind die technischen Handgriffe, die reibungslose Routine, die sich kraft steter Wiederholung einstellt.

Blake ist zwanzig Jahre alt und unter einem sehr französischen Namen, Lipowski, Farsati oder Martin, an einer Hotelfachschule in einer kleiner Stadt in den Alpen eingeschrieben. Doch Vorsicht, das ist keine Verlegenheitswahl, er hätte egal was machen können,  er hatte auch Spaß an Elekronik, am Programmieren, er war sprachbegabt, Englisch zum Beispiel, gerade einmal drei Monate bei Lang’s in London, und er sprach fast akzentfrei. Aber was Blake am meisten gefällt, das ist Kochen. Wegen der Momente im Leerlauf, in denen man ein Rezept ersinnt, wegen der Zeit, die ohne Hast verstreicht, selbst inmitten des fieberhaften Treibens in einer Küche, der langen stillen Sekunden, in denen man zuschaut, wie die Butter in der Pfanne zerläuft, die Zwiebeln glasig werden, ein Soufflé aufgeht. Er liebt den Duft der Gewürze, er liebt es, auf den Tellern ein Arrangement von Farben und Geschmacksnoten zu kreieren. Er hätte der brillanteste Eleve der Schule sein können, aber Scheiße nochmal, ehrlich, Lipowski (oder Farsati oder Martin), es könnte nicht schaden, wenn Sie nur ein wenig freundlicher zu den Gästen wären. Das ist ein Dienstleistungsgewerbe, Dienstleistung, merken Sie sich das, Lipowski (oder Farsati oder Martin)!

 

Hervé Le Tellier, Die Anomalie, Rowohlt Verlag, aus dem Französischen von Jürgen und Romy Ritte, 2021. S. 9-11.