Joséphine Bacon: Uiesh. Irgendwo
Übersetzt aus dem Québecfranzösischen von Jennifer Dummer und Andreas Jandl
Zweisprachige Leseprobe
Prologue
Aujourd’hui, je suis quelque part dans ma vie.
J’appartiens à la race des aînés. Je veux être
poète de tradition orale, parler comme les
Anciens, les vrais nomades. Je n’ai pas marché
Nutshimit, la terre.
Ils me l’ont racontée. J’ai écouté mes origines.
Ils m’ont baptisée d’eau, de lac pur.
Un à un, ils nous quittent. Avec eux, s’en vont
les mots de toundra, les courants des rivières et
le calme des lacs.
Je me sens héritière de leurs paroles, de leurs
récits, de leur nomadisme. Comme eux, j’ai mar-
ché la toundra, j’ai honoré le caribou.
Quelque part, une roche sur une grosse roche
indique ma présence.
Joséphine Bacon
Je n’ai pas la démarche féline
Je n’ai pas la démarche féline
J’ai le dos des femmes ancêtres
Les jambes arquées
De celles qui ont portagé
De celles qui accouchent
En marchant
J’existe dans les mots que j’écris
J’existe dans les mots que j’écris
Je me bats dans une colère tranquille
Ma douleur ne se raconte pas
Ma bataille succombe
Je vais au bout de la nuit
Pour trouver la meilleure version de moi
M’atteindre
Où je me conte
Tu ignores que j’existe
Je meurs dans un mot
Joséphine Bacon: Uiesh. Quelque part. Mémoire d'encrier, Montréal, 2018, S. 5, 6, 44.
Prolog
Heute bin ich in meinem Leben irgendwo angekommen.
Ich zähle jetzt zu den Ältesten. Ich möchte
die mündliche Tradition als Dichterin wiedergeben,
möchte erzählen wie die Ahnen, die echten Nomaden.
Ich selbst bin nicht durch die Gründe des Nutshimit gezogen.
Sie haben mir davon erzählt. Ich habe gehört,
woher ich komme. Sie haben mich mit Wasser aus einem
unberührten See getauft.
Einer um den anderen verlässt uns. Und mit den Ältesten
verschwinden die Worte der Tundra, die Stromschnellen
der Flüsse und die Stille der Seen.
Ich fühle mich als Erbin ihrer Worte, ihrer Erzählungen,
ihres Lebens als Nomaden. Wie sie bin ich durch die Tundra
gezogen, habe das Karibu geehrt.
Irgendwo erzählt ein kleiner Stein auf einem großen
von meiner Anwesenheit.
Joséphine Bacon
Ich gehe nicht wie eine Katze geht
Ich gehe nicht wie eine Katze geht
Ich habe den Rücken einer Ältesten
Die Beine krumm
Wie jene, die schwer getragen haben
Wie jene, die im Gehen
Gebären
Ich lebe in meinen geschriebenen Worten
Ich lebe in meinen geschriebenen Worten
Ich kämpfe in stiller Wut
Mein Schmerz lässt sich nicht in Worte fassen
Meine Schlacht unterliegt
Ich gehe bis ans Ende der Nacht
Auf der Suche nach meinem besten Ich
Treffe mich dort
Wo ich mich erzähle
Du weißt nicht von mir
Ich sterbe in einem Wort
Joséphine Bacon: Uiesh. Irgendwo. Gedichte. Aus dem Québecfranzösischen von Jennifer Dummer und Andreas Jandl. KLAK Verlag, Berlin, 2021. S. 5, 7, 26.