Journale Annette Hug im Sprachkarussell.

Die Übersetzung offenbart das Original

 

Im Laufe eines unserer Gespräche beim Besteigen des Bachtel[footnote (im April in Wernetshausen; dort befindet sich das Übersetzerhaus Looren, wo ich zu der Zeit ein Aufenthaltsstipendium hatte)], erwähnte Annette den Text Die Aufgabe des Übersetzers von Walter Benjamin:

 

So ist die Übersetzung zuletzt zweckmäßig für den Ausdruck des innersten Verhältnisses der Sprachen zueinander. Sie kann dieses verborgene Verhältnis selbst unmöglich offenbaren, unmöglich herstellen; aber darstellen, indem sie es keimhaft oder intensiv verwirklicht, kann sie es. [footnote Walter Benjamin. Die Aufgabe des Übersetzers]

Sicht beim Besteigen des Bachtels; Übersetzerhaus Looren bei Zürich – Himmel in Aufruhr

 

Rizals Übersetzung offenbart das exotische Vokabular, mit dem Schiller die Innerschweiz beschreibt. Wenn man genau hinschaut, ist das Vierwaldstätter Meer nicht so weit entfernt vom Original, und man muss sich nicht besonders verrenken, um die Schillersche Landschaft den Inseln der Philippinen anzunähern.

 

 

 

(Erster Aufzug, erste Szene)

Da grünet kein Reis

Und unter den Füßen ein neblichtes Meer

 

Alpenjäger

(erscheint gegenüber auf der Höhe des Felsens)

 

Es donnern die Höhen, es zittert der Steg,

Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem Weg,

Er schreitet verwegen

Auf Feldern von Eis,

Da pranget kein Frühling,

Da grünet kein Reis;

Und unter den Füßen ein neblichtes Meer,

Erkennt er die Städte der Menschen nicht mehr.

Durch den Riß nur der Wolken

Erblickt er die Welt,

Tief unter den Wassern

Das grünende Feld.

 

(Dritter Aufzug, dritte Szene)

Tell

Der Strom, das Meer, das Salz gehört dem König

 

(Dritter Aufzug, zweite Szene)

Bertha

Wo wär’ die sel’ge Insel aufzufinden,

Wenn sie nicht hier ist in der Unschuld Land ?

 

Manchmal geht die Übersetzung weiter und zeigt, was im Original bereits sprießt oder angelegt ist.

Zum Beispiel:

 

Walther

Ey Vater, sieh den Hut dort auf der Stange.

Walther

Vois père, ce chapeau, là sur ce mât.

 

Stange ist hier mit Mast übersetzt, und woher soll das Wort kommen, wenn nicht von einem Segelschiff, oder, wer weiß, vielleicht sogar von einem paraw.

Ein paraw oder praos – Zeichnung von Annette Hug, ins Arbeitsheft der Übersetzerin.

Auch in der französischen Übersetzung von Wilhelm Tell in Manila gibt es dieses „Sprießen“.

 

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