Journale Annette Hug im Sprachkarussell.

Die Wörter wie einen Tee ziehen lassen

 

Bei jeder Übersetzung, -tragung, -schreibung werden vergleichbare Methoden angewendet:

– Schiller erstellt Listen von Wörtern

– Rizal erstellt Listen von Wörtern

– Annette erstellt Listen von Wörtern

– Camille erstellt Listen von Wörtern

 

Die Szene auf dem Rütli, „wo viel erzählt wird“ entwickelt sich so - Schiller als Subtext in der Neuschreibung duch José Rizal durch Annette Hug:

 

Es war einmal ein Freiheitsbrief, heißt es auf dem Rütli, wo viel erzählt wird. Es war einmal ein guter Kaiser, der hieß Federico. Die Urner waren froh, dass er im Mordfall einen Grafen schickte, um Recht zu sprechen. Dann hörte das Morden auf und als Federico nach Rom zog, um sich krönen zu lassen, schickten sie ihm einen Trupp zu Hilfe, mit dem Baron von Attinghausen an der Spitze. (AH, S. 82)

 

Il était une fois une lettre de franchise, dit-on sur le Grütli où beaucoup est conté. Il était une fois un empereur juste et bon, il s’appelait Federico. Les habitants d’Uri se réjouissaient de le voir [annotation    ]envoyer en cas de crime un comte qui sous le ciel libre prononçait le droit[/annotation]. Les crimes alors cessèrent et lorsque Federico partit à Rome se faire couronner, on envoya une troupe l’escorter et, à sa tête, le baron d’Attinghausen. (AH, CL, S. 86).

Dieser Wortschatz ist direkt Schiller entzogen... d.h. Schiller in der französischen Übersetzung von Sabatier-Ungher:

… La peine

du sang était à l'empereur lui seul;

on préposait un des principaux comtes

qui ne pouvait rester en ce pays!

Quand arrivait un crime, on l'appelait ;

et sous le libre ciel, tout clair, et net

il prononçait le droit sans peur des hommes. [footnote (Schiller, durch Sabatier-Ungher, Zweiter Aufzug, zweite Szene, S. 54)]

 

 

Doch manchmal geht die Übersetzung so weit, dass ich nichts mehr damit anfangen kann. Wenn zu viel Rizal in der Übersetzung von Sabatier-Ungher steckt, geht die Spannung zum Schiller-Text verloren. Wie in der Fortsetzung der eben zitierten Passagen, die zum Glück von Annette Hug nicht wortwörtlich übernommen wurde:

 

Wo sind hier Spuren dass wir Knechte sind? sagt Schiller

Où voit-on là des traces d'esclavage? übersetzt Sabatier-Ungher

Wenn Sabatier-Ungher Knecht (valet, vassal auf Frz.) mit „Sklaverei“ übersetzt, nimmt er dann nicht schon Rizals anti-imperialistische Lesart vorweg? Wie kam ein Franzose 1859 auf diese Idee?

Es schlummert etwas im Text, das von der Übersetzung zum Leben erweckt wird

Und schon dreht sich und dreht sich das Karussell des Übersetzungsvergleichs.

PDF