Journale Lyrik Columbusted & unpresidented

Columbusted & unpresidented

Annäherungen an Amanda Gormans Call Us What We Carry / Was wir mit uns tragen

Marion Kraft: Über Masken und Mythen, Fesseln und Flaggen, Kugeln und Kriege
Poetische Einmischungen und Anrufungen
Erasure, Erinnerungen und Assoziationen
Tradition und Experiment
Die Poesie des Protests
Daniela Seel: Zu was erklären wir dich, Land & Zwist?
Docupoetics als Verfahren der Kritik und Erinnerung
Verfahren übersetzen oder Sinn?
Columbustet
The Truth In One Nation
Pronomen und generische Geschlechter

Marion Kraft: Über Masken und Mythen, Fesseln und Flaggen, Kugeln und Kriege


Die Übersetzungsanfrage im Herbst 2021 kam überraschend: Ob ich Amanda Gormans neuen Gedichtband – gemeinsam mit Daniela Seel – ins Deutsche übertragen möchte – bis zum Jahresende. Ich habe nicht sofort enthusiastisch zugesagt, denn genauso gut hätte man mir vorschlagen können, kurzfristig mit mir unbekannten Personen an einer nicht näher bestimmten Expedition in unerforschtes Terrain teilzunehmen. Ich kannte von Amanda Gorman nur das Gedicht, das sie bei der Amtseinführung von Präsident Biden vorgetragen hatte. Wie viele war ich begeistert gewesen, doch eine Spoken-Word-Performance ist etwas anderes als ein Gedichtband. Außerdem erinnerte ich mich an eine völlig aus dem Ruder gelaufene Debatte darüber, wer denn wen oder was übersetzen dürfte, und an einige Artikel in den Feuilletons, die sich mehr mit Gormans Outfit bei der Inaugurationsfeier als mit dem Inhalt und der Form von The Hill We Climb auseinandersetzten. Das Manuskript von Call Us What We Carry kannte ich ebenso wenig, wie ich Daniela persönlich kannte.

War es mein Hang, sich auch scheinbar nicht zu bewältigenden Herausforderungen stellen zu wollen? Mein Interesse als Literaturwissenschaftlerin? Meine Liebe zur afroamerikanischen literarischen Tradition? Der Wunsch, engstirnigen, onkelhaften Zuschreibungen zu der Person einer jungen, begabten Schwarzen Dichterin etwas Inhaltliches entgegenzusetzen? Oder einfach Neugier? Vielleicht etwas von all dem. Jedenfalls habe ich dann doch relativ schnell den Sprung ins kalte Wasser gewagt.

Daniela und ich treffen uns zum ersten Mal persönlich in den Corona-Hochzeiten im November 2021. Dass die Epidemie zu einem thematischen Schwerpunkt in Call Us What We Carry passt, ist uns da noch nicht so bewusst. Zunächst geht es darum, Formen der Zusammenarbeit auszuloten. Für mich ist es nicht das erste Mal, dass ich ein Werk im Tandem übersetze. Ich weiß daher, wie wichtig es ist, zumindest ähnliche Anschauungen zu haben – und dass die Chemie stimmt. Über Danielas Arbeitsschwerpunkte hatte ich mich zuvor informiert. Nun bin ich erleichtert, dass wir trotz unserer Verschiedenheiten viele Standpunkte teilen, dass ich sie sympathisch finde – und dass das auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.

Unsere ersten Arbeitsschritte sind formal. Aufgrund der engen zeitlichen Vorgabe des Verlags entscheiden wir uns, das Manuskript, welches uns erst seit wenigen Tagen vorliegt, pragmatisch aufzuteilen, dann unsere Übersetzungen auszutauschen und in einer Mischung aus Alternativvorschlägen, Lektorat und Sensitivity Reading gegenzulesen, bevor wir die deutsche Fassung als gemeinsame Übersetzung abliefern. Diese Entscheidung ist notgedrungen schnell getroffen und so verständigen wir uns bei diesem ersten Treffen zunächst über einen diskriminierungskritischen Sprachgebrauch – und über das Titelgedicht.

Amanda Gorman: Was wir mit uns tragen – Call Us What We Carry. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Englischen von Marion Kraft und Daniela Seel. Hoffmann und Campe Verlag, 2022.

Poetische Einmischungen und Anrufungen

CALL US scheint zunächst einfach zu sein – bis auf die erste Zeile und den Schluss. Doch schon der Titel ist mehrdeutig. Wer ruft hier wen (an) – oder wer will/soll wie (an)gerufen werden? Geht es um eine Invokation, eine Bitte, eine Aufforderung? Wer ist/sind der/die Angesprochene·n? In diesem wie auch in anderen Gedichten entscheidet sich Gorman für den Plural – in einer schon fast formelhaften Beschwörung der Einheit einer zerrissenen Nation, zu der sie als Dichterin sowohl emotional als auch analytisch spricht. So heißt es in dem Gedicht „Essex I“ – das mir später noch einiges an Kopfzerbrechen bereiten sollte –

………. We were told never to use I when writing,
because eliminating this voice makes arguments legi
timate. But we realize there is nothing that convinces like the self
does – our life, our body & its beating, proving its own jagged point.

……………. Uns wurde gelehrt, beim Schreiben niemals ich zu
benutzen, denn die Ausschaltung dieser Stimme legitimiert das Argument.
Doch wir erkannten, nichts kann so überzeugen wie das eigne Selbst – unser
Leben, unser Körper & sein Pulsschlag, der seine eigenen scharfen Aussagen beweist.                

Der gesamte Band ist eine schonungslose Auseinandersetzung mit der US-amerikanischen Geschichte, aber auf der Basis einer patriotischen Grundeinstellung. (Mir wird klar, dass sich einige deutsche Leser·innen damit schwertun werden.) Wer oder was wird hier also angerufen oder ruft wen an?

Grant us this day
Bruising the make us.

Gewährt uns den Tag,
der unsere Art zerschmettert.

Warum haben wir uns hier nach längeren Diskussionen bei „Grant“ auch für den Plural entschieden? Hat man den gesamten Gedichtband im Blick, wird deutlich, dass es nicht um Invokation einer wie auch immer gearteten metaphysischen Instanz geht, sondern um die Auseinandersetzung mit dem Wir der US-amerikanischen Gesellschaft – und mit den Mächtigen dieser Welt. So endet „Call Us“ mit den Zeilen

We are not me –
We are we.
Call us
What we carry.                             

Wir sind nicht ich  −
wir sind wir.
Ruft uns,
was wir mit uns tragen.

Doch wer soll uns an/rufen oder be/nennen? Wir entscheiden uns für „ruft uns“, nicht bloß, weil es vom Klang und Rhythmus her besser passt, sondern weil Gorman hier vieles „was wir mit uns tragen“ ruft, herbeiruft, heraufbeschwört, nicht nur die afroamerikanische Erfahrung oder die US-amerikanische Geschichte, sondern das ganze „Wrack der Menschheit“.

Zwischen den Anfangs- und den Schlusszeiten von „Call Us“ tragen wir ein pandemisches Virus in uns, das alle Widersprüche zu überlagern schein. Erst bei der späteren gründlichen Lektüre und der intensiven Arbeit an den Gedichten wird mir deutlich, dass COVID-19 hier in verschiedenen Varianten als aktuelle symbolische Klammer für all die Viren benutzt wird, die unsere Welt belasten und immer noch heimsuchen: Landraub, Versklavung, Rassismus, Gewalt, Ausbeutung, Korruption und ein Raubtierkapitalismus, der all dem zugrunde liegt.

Doch bevor wir uns näher damit auseinandersetzen können, erreicht uns die Bitte des Verlags, bei der Titelsuche behilflich zu sein. Bei dem Titelgedicht waren wir uns relativ schnell einig. Doch passt das im Deutschen für einen Buchtitel? Nach längeren Diskussionen, Rücksprachen mit beiden Verlagen entscheiden wir uns nur für die letzte Zeile: „Was wir mit uns tragen“.

Als ich endlich mit der eigentlichen Übersetzungsarbeit beginne, liege ich zwar nicht mit meiner Übersetzung von „Ship’s Manifest“ falsch, wohl aber – etwas – mit meiner Interpretation. Mein erster Eindruck ist, gemeint sei ein Schiff Versklavter. Doch das wird in einem späteren Gedicht, in „The Fellowship‘“ thematisiert. Hier geht es um die Einführung des Schiffs als zentrale Metapher im Buch und Lyrik als Flaschenpost, als „Message in a Bottle“.

& the poet, the preserver
Of ghosts & gains
Our demons & dreams
Our haunts & hopes                             

& die Dichterin Bewahrerin
von Geistern & Gewinnen,
unseren Teufeln & Träumen
unseren Heimsuchungen und Hoffnungen.

Eine Schwierigkeit wird gleich hier deutlich: Gormans extensiver Gebrauch von Alliterationen, die im Englischen flüssig und eindringlich – besonders bei Spoken Word Poems – wirken, in der deutschen Übertragung oftmals nicht möglich sind und sich schon gar nicht rhythmisch übersetzen lassen, was in diesem Fall – bis auf „Bewahrerin“ − noch recht gut funktioniert.

Erasure, Erinnerungen und Assoziationen

So richtig falle ich mit dem einleitenden Gedicht des ersten Teils herein. Nach „Ship’s Manifest/Schiffsmanifest“ beginnt mit „Please/Bitte“ das Kapitel „Requiem“. Dass Gorman hier eines ihrer Erasure-Gedichte aus dem Kapitel „Atonement/Sühne“ vorgezogen hat, wird uns allen erst ganz zum Schluss klar, denn den ausgelassenen Text in den eckigen Klammern kann später nur die Setzerin sehen:

ensure you maintain [a distance of at least 6 feet between] yourself  & others [covering your] face [at] all [times. Not more than two] people in [the elevator at one] time.

Das, was nicht in Klammern steht, was ich also sehen kann, übersetze ich in einer ersten Fassung:

Erhalte      dich & und andere     & begegne     allen      Menschen    zur    Zeit.

Erst nachdem der ausgelassene Text bekannt ist, wird klar, dass es sich hier um einen der üblichen Corona-Warnhinweise handelt, der im Deutschen etwa so lautet:

Bitte halten Sie einen Mindestabstand von zwei Metern zwischen sich und anderen ein und tragen Sie einen Mund-Nasenschutz. Nicht mehr als zwei Personen im Fahrstuhl zur gleichen Zeit.

Nach einigen Überlegungen ist am Ende daraus geworden:

Bitte bewahren Sie [                     ] sich & andere & [                 ] Sie schützen     
[      ]  alle [                        ] Menschen [               ] zur [               ] Zeit.

So stellt sich schon gleich zu Beginn die Frage nach der Funktion der Erasure Poems in diesem Band. Wesentlich für Erasure-Gedichte ist das intertextuelle Experiment zu Schaffung von etwas Neuem aus Bestehendem. Die Umwandlung einer spröden Corona-Anweisung in eine allgemeine Bitte, sich und alle anderen Menschen zu schützen – was zugegebenermaßen im Original weitaus besser funktioniert als im Deutschen – ist typisch für den appellativen Charakter vieler Gedichte Gormans, ihren unerschütterlichen Glauben an die Menschlichkeit.

Schnell wird mir im weiteren Verlauf klar, dass die grafische Gestaltung des Bandes ihre eigene lyrische Aussagekraft hat. Das Gedicht „At First/Am Anfang“ ist optisch wie in einem Chatroom gestaltet und weist darauf hin, dass hier die Stimme einer jungen Generation spricht. Inhaltlich wird das Corona-Virus den politischen Wirren des Jahres 2020 gegenübergestellt:

In all these times/Unprecedented & unpresidented.

Schon wieder ein Stolperstein, aus dem nach längerer Überlegung wird:

In diesen Zeiten/Ohne Präzedenz & ohne Präsident

So stimmt es wenigstens inhaltlich und in der Anzahl der Silben. Gegen die Einhaltung des Metrums im Original hat sich die deutsche Sprache gesperrt.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei grafischen Gedichten wie „Essex I“ im zweiten Kapitel „What a Piece of Wrack Is Man/Was für ein Wrack die Menschheit ist“. Zunächst wollte ich das Gedicht einfach als Fließtext übersetzen, weil ich dachte, dass für die Form des Walfisches die Setzerin verantwortlich sei. Doch Daniela überzeugte mich schnell, dass der Zeilenumbruch auch hinsichtlich des Rhythmus eine inhaltliche Entscheidung ist. Länger dauerte meine Auseinandersetzung mit dem Thema und der Aussage des Gedichts. So habe ich mich erst einmal näher mit der Geschichte des 1820 von einem Pottwal angegriffenen Walfangschiffs Essex beschäftigt, die Herman Melville zu Moby Dick inspirierte. Von der Rest-Crew der Essex konnten nur wenige bis zu ihrer Rettung durch Kannibalismus überleben. Ähnlich wie bei den Erasure-Poems nimmt Gorman hier eine bestehende Geschichte, um ihr eine neue und allgemeinere Bedeutung zu geben:

… Wait long enough & boys can become barbed
as beasts, beards dripping down their chests like scarves. Does
what survives, what is salvaged, need to be so savage? Is this the
sea we rise from, not more animal, but more human? Haggard.
Hobbled. Heart-strung. Yes. But human. & human. In other wor
ds, we become what we hunt, as we inevitably begin to think like
our prey …  

Es wird schnell deutlich, dass die Alliterationen, das Versmaß und der Rhythmus hier so nicht entsprechend übertragbar sind, wohl aber die Bedeutung. Letzteres gelingt umso mehr wir uns die Grenzen lyrischer Übersetzungen eingestehen. Da, wo der deutsche Wortschatz es hergibt, habe ich dennoch solche poetischen Aspekte bedacht, gleichzeitig darauf achtend, dass dies nicht zu gekünstelt wirkt.     

… Warte lange genug bis aus Jungen stachelige Bestien werden, mit Bärten
wie ein triefender Schal auf der Brust. Muss, was überlebt, was gerettet wird, so grausam
sein? Steigen wir aus diesem Meer mehr als Menschen denn als Tiere? Verstört. Humpelnd.
Herzzerreißend. Ja. Aber als Menschen. & menschlich. Mit anderen Worten, wir werden
zu dem, was wir jagen, da wir unausweichlich wie unsere Beute zu denken beginnen.

Zwar endet auch dieses Gedicht trotzig hoffnungsvoll, doch Gorman bettet ihre Verarbeitung dieser Tragödie in die Reflexion der Ursachen ein: einer grenzenlosen, alles einschließlich der Umwelt zerstörenden Profitökonomie. Besonders deutlich wird dies im dritten Kapitel in „Augen der Erde“:

… brutal battle
By Think of the next generation we mean:
Every day this very ground spoils beneath us, for we are bringing
to all the ends of the Earth the end of all the Earth. Please believe us
when we say we, too, ache to imagine something new. Reparation lies
not in the land we own, but the very land we owe, the soil & toil we thieved
in from the start. Nothing is a grander summitry than this: water, drinkable;
our air, breathable: birds, built & blurred on a breeze: trees heaving huge sighs
into the heavens; our children, giggling & gilded in grass. Earnest for the first time,
we must earn this turned Earth back. …

… brutalen Kampf. Wenn wir an die nächste
Generation denken, meinen wir: Jeden Tag verdirbt dieser Boden unter uns,
denn wir bringen allen Enden der Erde das Ende der ganzen Welt. Bitte glaubt uns,
wenn wir sagen, auch wir tun uns schwer, etwas neu zu denken. Entschädigung liegt
nicht in dem Land, das wir besitzen, sondern in dem Land, dem wir den Boden & die Arbeit
verdanken, die wir von Beginn an geraubt haben. Nichts ist großartiger: Wasser, trinkbar:
unsere Luft zum Atmen; Vögel erschaffen & unscharf im Windhauch; das gewaltige Seufzen der Bäume
in den Himmel; das Kichern unserer Kinder, golden im Gras. Ernsthaft und zum ersten Mal
müssen wir uns diese Erde wieder verdienen. …

Tradition und Experiment

Durch die Vielfalt historischer und aktueller Themen – von der gegenwärtigen Pandemie zu den Parallelen der sogenannten „Spanischen Grippe“ während des Ersten Weltkriegs bis hin zu den Schulmassakern der Gegenwart − wird die Übersetzung eines jeden Gedichts zu einer neuen Herausforderung. Gorman sieht sich in der Tradition des Storytelling, wodurch „unausgesprochene Erinnerung zu Kunst, zu Artefakt, wieder gefühlt und frei [wird]“.1 Dieses Erinnern ist ohne die Vergegenwärtigung der Geschichte der Versklavung und der Segregation nicht möglich, so wie in den Gedichten „DC Putsch“ und „[Ours]“. Beide gehören zu den Erasure-Poems im Kapitel „Atonement/Sühne“ und bringen für die Übersetzung besondere Schwierigkeiten mit sich. Während „DC Putsch“, das auf einem Untersuchungsbericht zu den von einem weißen Mob angestachelten Race Riots im Jahr 1919 basiert, einiges an historischer Recherche erfordert, um den richtigen Ton zu treffen, gerät man bei „Ours“ sprachlich ins Grübeln. Dieses Gedicht geht auf einen Brief George Washingtons an Betty Washington Lewis vom Oktober 1789 zurück.

To hand right respect
To the negroes –
To Father death.
Do not come for them.
This is our opinion –
As they are given
By the will, the word.
All negroes considered Debts,
Parts which we are entitled to.

Zunächst kann ich mit diesem Text wenig anfangen. Meine Recherche ergibt, dass sich im Herbst 1789 eine epidemische Atemwegserkrankung rasch von den Südstaaten bis nach Neuengland ausbreitete, von der Washington zwar verschont blieb, nicht aber von den Komplikationen nach einer Hautoperation am Bein. Vor Antritt einer Erholungsreise schrieb er an seine Schwester. In diesem Brief geht es um die Verteilung des Erbes ihrer Mutter, von dem jedoch zuvor die Schulden bezahlt werden müssen. Zum Nachlass gehört eine nicht näher bestimmte Anzahl Versklavter, von denen Betty Washington Lewis Anspruch auf ein Kind erhebt. Mit „will“ ist demnach das Testament gemeint. Gormans Erasure-Poem folgend, entscheide ich mich jedoch für die Übersetzung mit „Willen“. „Negroe“ haben wir durchgängig – auch in historischen Texten – mit „Schwarz“ übersetzt, nicht nur, weil die Verwendung des deutschen N-Worts für einen Teil der Leser·innen einer Triggerwarnung bedurft hätte, sondern weil der deutsche Begriff eine andere Konnotation hat. So liest sich der Anfang des Gedichts im Deutschen jetzt:

Um richtigen Respekt zu zollen,
den Schwarzen –
und Vater Tod
Hol sie nicht.
Dies ist unsere Meinung –
da sie uns gegeben
durch den Willen, das Wort.
Alle Schwarzen betrachten wir als Schulden,
Teile, auf die wir ein Recht haben.

Aus einem Erbstreit in der Familie des ersten Präsidenten der USA, in dem es um den Besitz von zu Ware degradierten Menschen geht, werden so bei Gorman die spröden Zeilen: „Alle Schwarzen betrachten wir als Schulden/ Teile, auf die wir ein Recht haben.“

Eine zentrale Stelle bei den Erasure-Poems nimmt das lange Gedicht „The Soldiers (or Plummer) / Die Soldaten oder Plummer)“ ein. Gorman stellt ihm ein Zitat aus Homers Odyssee voran:


How true to life,
All too true … you sing the Achaeans’ fate.
All they did and suffered, all they soldiered through,
As if you were there yourself or heard from one who was.

Wahrlich, vor allen Menschen,
Dich hat die Muse gelehrt,
So zum Erstaunen genau besingst du das Schicksal der Griechen,
Alles, was sie getan und erduldet im mühsamen Kriegszug,
Gleich als hättest du selbst es gesehen oder gehöret.

So wird Plummer zum Helden und Geschichtenerzähler, zum Zeitzeugen und Chronisten. Er gehörte zu den Schwarzen Einheiten, die im Ersten Weltkrieg während der Pandemie in einer segregierten Armee in Frankreich dienten. Während seines Kriegseinsatzes führte er sorgfältig Tagebuch, das Gorman als Grundlage für ihr Gedicht in Haiku-Versen dient, eine Form, die in der Übersetzung nur schwer durchzuhalten ist. Für ein Fünf-sieben-fünf-Silbenmuster sind die entsprechenden Begriffe in der deutschen Sprache einfach zu lang. Inhaltlich geht es darum aufzuzeigen, wie der in den USA auf Geschichte der Versklavung basierende Rassismus über Jahrhunderte hinweg Spaltung und Unterdrückung hervorbringt, aber auch Widerstand. Das Gedicht endet mit den Zeilen:

Some have decided to leave.
We have decided to live,
Breathing a warred skin.
Life leaves us gasping.
Ships carry us to U.S.
Our wrists still shackled.
We drop our guns, not our grief.
We make home worth fighting for.

Einige haben beschlossen zu gehen.
Wir haben beschlossen zu leben.
Atmen aus verwundeter Haut.
Das Leben lässt uns keuchend zurück.
Schiffe bringen uns in die USA.
Unsere Handgelenke in Ketten immer noch.
Wir legen unsere Waffen nieder, nicht unseren Gram.
Wir schaffen ein Zuhause, für das zu kämpfen sich lohnt.

In einem anderen Gedicht verdeutlicht Gorman, dass es heute nicht mehr um das Recht auf Besitz an Schwarzen Körpern als Arbeitskräfte, als Ware, als Schulden und als Zahlungsmittel geht und auch nicht mehr um Segregation, wohl aber um Unrecht und unverdiente, als selbstverständlich empfundene Privilegien. „Gated/Regiert“ beschreibt in eindrucksvollen Bildern die Machtverhältnisse vergangener Jahrzehnte, setzt sie in Bezug zu Verhaltensweisen während der gegenwärtigen Pandemie und stellt die Frage:

Why it’s so perturbing for privileged groups to follow
Restrictions of place & personhood.
Doing so means for once wearing the chains their power
Has shackled on the rest of us.

Warum es privilegierte Gruppen so verstörend finden,
mit Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit &
Persönlichkeit zu leben.
Es bedeutet, ausnahmsweise die Ketten zu tragen, die
ihre Macht dem Rest von uns auferlegt hat.

Die Poesie des Protests

Auch wenn Gorman universale Themen anspricht und sich auf klassische und zeitgenössische Autor·innen der Weltliteratur bezieht, positioniert sie sich doch eindeutig in der Tradition der Black Poets. Zu ihren großen Vorbildern gehören Lucille Clifton und M. NourbeSe Philip. Diese Tradition führt zurück bis in das Jahr 1773, in dem Phillis Wheatley, eine schmächtige junge Schwarze Frau, noch als Versklavte ihren ersten Gedichtband veröffentlichte. Ich sehe darauf einen Bezug, wenn Gorman von sich in The Hill We Climb als „skinny dark girl“ spricht und in dem Gedicht „& SO“ schreibt:

Despite being drenched with dread,
This dark girl still dreams.

Obwohl von Furcht durchdrungen,
Träumt dieses dark girl immer noch.

Wir haben lange überlegt und diskutiert, wie „dark girl“ am besten zu übersetzen sei, und sind zu dem Schluss gekommen, dass es keine deutsche Entsprechung gibt, die das Gemeinte richtig zum Ausdruck bringen könnte. Einen solchen Beschluss, einen Begriff im Original stehen zu lassen, mussten wir an mehreren Stellen treffen, und zwar dort, wo das deutsche Wort falsche Assoziationen weckt. Dies ist für mich bei Übersetzungen nichts Neues. Neu war mir das Arbeiten mit grafischen Gedichten, Erasure-Poems und einer Vielfalt von Aspekten in einem Band, die letztendlich Variationen auf ein Thema sind: die Zerrissenheit der US-amerikanischen Gesellschaft von den Anfängen bis heute. Meine Arbeit an diesem Buch war auch eine schrittweise Annäherung an eine junge Dichterin, die den Finger nicht nur in die Wunden ihrer Nation legt, sondern auch in die der Weltgemeinschaft und dabei gängige Erwartungshaltungen durchbricht.

Kurz nach Erscheinen des Buches werden Daniela und ich in einem Interview gefragt, ob Was wir mit uns tragen politische Lyrik sei. Meine rhetorische Gegenfrage lautet, ob es denn unpolitische Texte überhaupt gäbe. Beinhaltet nicht außerdem das vermeintlich neutrale L’art pour l’art eine inhaltliche Aussage? Ist nicht das explizite Statement, „unpolitisch“ zu sein, genau das Gegenteil? Und ist es nicht auch ein Privileg, scheinbar „wertneutrale“ Dichtung schreiben zu können. Die afroamerikanische Literatur ist und war schon immer politisch und sei es auch nur in der Bewahrung der eigenen Tradition, des sich Einschreibens in die Geschichte und in einen Kanon, zu dem ihr der Eintritt verwehrt werden sollte. Insofern war sie von jeher auf Veränderung gerichtet. So zieht Amanda Gorman schon im Eingangsgedicht „Ship’s Manifest / Schiffsmanifest“ den Schluss:

For what is a record but a reckoning?
The capsule captured?
A repository,
An ark articulated?
& the poet, the preserver
Of ghosts & gains,
Our demons & dreams,
Our haunts & hopes.
Here‘s to the preservation                             
Of a light so terrible.                                      

Denn was ist Erzählung, wenn nicht Erkenntnis?
Die eingeschlossene Kapsel?
Eine Ablage,
der Arche Artikulation?
& die Dichterin Bewahrerin
von Geistern & Gewinnen,
unseren Teufeln und Träumen,
unseren Heimsuchungen und Hoffnungen.
Ein Hoch auf die Bewahrung
Eines so schrecklichen Scheins.

 

Daniela Seel: Zu was erklären wir dich, Land & Zwist?

Docupoetics als Verfahren der Kritik und Erinnerung

Insbesondere der Abschnitt „BERICHT ÜBER DIE MIGRATION DER ROES“ ist nicht nur ein Found Poem, sondern auch ein exzellentes Beispiel dokumentarischer Lyrik (docupoetics), die, indem sie mit Quellenmaterial arbeitet, der Analyse der Gegenwart historische Tiefenschärfe gibt und sie kontextualisiert. In einer an das Gedicht anschließenden Erläuterung führt Gorman aus:

The responses utilized in the previous poem are taken from the 1922 report The Negro in Chicago. The document is a thorough sociological study conducted by the Chicago Commission on Race Relations to understand the causes & effects of the devastating Chicago race riots of 1919, one of many inflection points of violence during what was dubbed “Red Summer.” Chicago’s conflict left twenty-three African Americans & fifteen white people dead, over five hundred injured & at least a thousand homeless. As a part of their post-study, the Chicago Commission interviewed African Americans who’d left the Jim Crow South for Chicago. The previous poem, from “SURVEY” on, repurposes the report’s text. It uses fragments of these migrants’ answers, excerpting & erasing parts to create a newfound poem.

Die im Gedicht verwendeten Antworten stammen aus dem Bericht The Negro in Chicago aus dem Jahr 1922. Dabei handelt es sich um eine umfassende soziologische Studie, die von der Chicago Commission on Race Relations durchgeführt wurde, um herauszufinden, warum es 1919 zu den verheerenden Aufständen ‒ einer von vielen Wendepunkten der Gewalt in einer Zeit, die schließlich „Roter Sommer“ genannt wurde ‒ gekommen war & welche Folgen sie hatten. Bei den Zusammenstößen starben 23 Afroamerikaner·innen & 15 Weiße, über 500 Menschen wurden verletzt & mehr als 1.000 verloren ihr Zuhause. Als Teil ihrer Studie interviewte die Kommission Afroamerikaner·innen, die aus den Südstaaten mit ihrer Jim-Crow-Politik nach Chicago gekommen waren. Das Gedicht arbeitet ab „BEFRAGUNG“ mit dem Text des Berichts. Es nutzt Antwortfragmente der Migrant·innen, exzerpiert Teile & streicht andere, um daraus ein neues Found Poem zu machen.

„Race Riots“ ist ein historischer Begriff, der weiße Gewalt gegen Schwarze, aber auch gegen Indigene oder Latinx, verharmlosen sollte und noch immer soll. Im deutschsprachigen Raum findet sich bis heute vielfach der rassistische Ausdruck „Rassenunruhen“ für Proteste und Rebellionen, bei denen sich Schwarze gegen von Weißen ausgehende direkte oder strukturelle Gewalt wehren, und suggeriert, die Gewalt ginge von Schwarzen aus, weil „Rasse“ nie als die Weißen bezeichnend gelesen wird. Gormans Anmerkung ist knapp und neutral gehalten, sie geht nicht auf die Hintergründe ein, die zu den weißen Ausschreitungen führten. Vielleicht, weil rassistisch motivierte Gewalt immer rassistisch motiviert bleibt, auch wenn sie sich zum Beispiel als Angst vor Jobverlust tarnt. Die selbstbewusste Schwarze Kultur des heutigen Chicago, die unter anderem Michelle und Barack Obama hervorgebracht hat, wurzelt auch in dieser besonderen Geschichte der Stadt, dem Freiheitsversprechen für Schwarze in einer Zeit, als in den Südstaaten noch für Jahrzehnte Segregation galt. Amanda Gorman nutzt dokupoetische Verfahren, um daran zu erinnern und subtil die Gegenwart zu reflektieren und zu kritisieren.

Dies gilt ebenso für andere historische Perioden. So macht „The Ship“ aus den Bildbeschreibungen zu

Description of a Slave Ship (Beschreibung eines Sklavenschiffs). Gedruckt von James Phillips (für das London Committee of the Society for Effecting the Abolition of the Slave Trade), London 1789. Zwei Einzelblätter. Die vielleicht bekannteste Darstellung eines Sklavenschiffs. Seine Bilder zusammengepferchter versklavter Afrikaner·innen haben einen hohen Wiedererkennungswert, während die darunter gedruckte, gleichermaßen erschütternde narrative Schilderung kaum Beachtung findet

eindrückliche visuelle Erasure-Gedichte. „TEXT TILES: THE NAMES“ arbeitet mit Briefen von Menschen, die etwas zum AIDS Memorial Quilt beigetragen haben, und erinnert damit gleichermaßen an die Toten der AIDS-Epidemie wie der COVID-Pandemie, an strukturelle Diskriminierung im Gesundheitswesen, Vorurteile und staatliches Versagen.

Eine wiederkehrende Herausforderung beim Übersetzen von Erasures ist die mitunter durch die Auslassungen entstehende leicht schiefe Grammatik mit ihrer besonderen, spröden, schönen Poesie.

B Well

The ship calls you man. Bullet, refrain from going into public places. Service is putting good to all civil rights, causes, nations, our form. O order so vicious has been issued in many. Democracy before war.

B Well

B Well

Das Schiff ruft dich Mann. Geschoss, halte dich von öffentlichen Orten fern. Dienst tut allen Bürgerrechten, Dingen, Staaten, unserer Einheit gut. O so boshafte Verordnung erging in viel. Demokratie vor Krieg.

B Well

Erst beim Schreiben dieses Journals fällt mir auf, dass der Titel nicht wie die Überschrift als Signatur der ursprünglichen Verfasserin Ida B. Wells-Barnett hätte belassen werden sollen, sondern übersetzt werden, etwa mit „Lebt wohl“.

Verfahren übersetzen oder Sinn?

Bei manchen „experimentellen“ Verfahren stellt sich die Frage: Übersetze ich das Verfahren oder den Sinn eines Texts?2 In diesem Band betrifft das vor allem „CODA IN CODE“, das als eine Art Lückentext aus Werbung ein Erasure oder Found Poem generiert. Weil bei Gorman das Spielerische experimenteller Verfahren meist gegenüber den daraus gewonnenen Aussagen zurücktritt, entscheiden wir uns in diesem Fall für den Sinn.

Beim Gedichttitel „_ _ _ _ _ GATED“ (segregated) dagegen findet sich die schöne Möglichkeit, mit „_ _ _ REGIERT“ (segregiert) beides zu fassen.

Ähnlich verfährt Gorman beim Begriff Roes im Abschnitt „The Surveyed“. Die übersetzerische Schwierigkeit liegt hier aber tiefer. Im Text „REPORT ON THE MIGRATION OF ROES“ heißt es:

As you are aware, Panpax, our idyllic country, has finally reopened its gates to outsiders. We’re aware that your nation Pandem, on the other hand, is a low wasteland of sickness & death, where its people are dubbed ‚roes’ (a Pandemian derivative of ‚woes’).

In einem ersten Anlauf übersetze ich sinngemäß idyllisch „Rehe” und „Wehe“, was sogar den Reim erhielte, aus „MIGRATION OF ROES“ würden „Wanderwege der Rehe“. Doch in ihrer Nachbemerkung erläutert Amanda Gorman, das der Abschnitt auf dem oben zitierten Bericht aus dem Jahr 1922 basiert und „Roes was put in place of Negroes“. Wie Marion schon ausgeführt hat, haben wir uns grundsätzlich für eine Übersetzung von „negroes“ mit „Schwarzen“ entschieden. Denn die Geschichte und Gegenwart des Rassismus, der rassistischten Ausgrenzung und Ausbeutung, in den USA und in Deutschland sind verschieden und sollen als verschiedene kenntlich werden, nicht durch Akkulturation eingeebnet. Und der diskriminierende deutsche Begriff soll nicht verwendet werden. Aber in diesem Fall mit einer Variation auf „Schwarz“ zu arbeiten, wäre von „Roes“zu weit entfernt. Wir entscheiden uns daher, wie auch anderswo, den Begriff im Deutschen stehen zu lassen und damit vielleicht, hoffentlich, auch hier ein kleines Stolpern und Innehalten zu erzeugen. „woes“ wird zu „Joch“, um zumindest den Stammvokal anklingen zu lassen. Im Auseinanderklaffen von „Roes“ und „Joch“ könnte sinnfällig werden, worauf ich mir keinen Reim machen will.

Columbustet

Marion hat es bereits angesprochen: Amanda Gorman liebt Alliterationen. Sie sind eines der häufigsten Stilmittel in „Call Us What We Carry“. Eine besonders eindrückliche Stelle findet sich im Gedicht „_ _ _ _ _ [GATED]“, das die Quarantäneerfahrungen der amerikanischen Mehrheitsgesellschaft mit den Erfahrungen Schwarzer und indigener Amerikaner·innen von Kolonisation und Segretation kurzschließt:

We’ve spent generations quarantined,
Exiled from the places of each other,
Life locked out from us.
Call us
Colum-abused,
Columbusted,
Colonized,
Categorized,
Cleansed,
Controlled,
Killed,
Conquered,
Captured to the coast,
Crowded,
Contained,
Concentrated,
Conditioned,
Camped.

Ich wollte diese Liste unbedingt als Alliteration erhalten, um ihre Intensität nicht zu verlieren, auch wenn die Bedeutungen leicht variieren würden. Durch die etymologische Nähe von Englisch und Deutsch, die vielen gemeinsamen lateinischen Lehnwörter ist es zum Glück einfacher, ähnliche Alliterationen zu finden, als beim Übersetzen aus den meisten anderen Sprachen. Mit dem Lateinischen und natürlich dem Namen Kolumbus war auch der Laut vorgegeben: k. Eine Schwierigkeit bestand in den unbetonten Auftaktsilben der Verbkonjugationen, die kein k hergeben. In diesen Fällen müsste also die Stammsilbe mit k beginnen. Solches Changieren zwischen inhaltlicher Genauigkeit und übermütigem Puzzlespiel mag ich beim Übersetzen mit am liebsten. Die meisten Verben gingen auch leichtfüßig von der Hand. Was aber tun mit „cleansed“? Ginge vielleicht eine „schiefe“ Form wie „klorgebleicht“? Oder „Kerngeseift“? Zu umständlich für das schlichte, deutliche „cleansed“. Wir entschieden uns schließlich für „klargespült“, sind aber für weitere Vorschläge offen.

Wir haben Generationen in Quarantäne verbracht,
verbannt von den Orten der anderen,
ausgesperrt aus unseren Leben.
Kennt uns als
kolumissbraucht,
kolumbuskriert,
kolonisiert,
kategorisiert,
klargespült,
kontrolliert,
kaltgemacht,
geknutet,
gekascht und zur Küste gebracht
eingekeilt,
kleingehalten,
konzentriert,
konditioniert,
kampiert.

Die deutsche Liste ist in ihren Wortfindungen verspielter als das Original. Man merkt ihr an, dass sie eine Übersetzung ist. Eine, die sich in der Abwägung zwischen Form und Inhalt für eine Gewichtung zugunsten der Form entschieden hat, auch wenn die durch Kürze und Anfangsbuchstaben grafische Auszeichnung des „killed“ fehlt. Mir gefällt das. Wenn eine Übersetzung sich als Übersetzung zu erkennen gibt. Wenn es kleine Unwuchten und Stolperstellen gibt, Widerhaken. Wenn ein Text nicht sofort einverleibt werden kann, sondern mich als befremdender befragt, meine Vorannahmen und Selbstverständlichkeiten infrage stellt. Lange Zeit galt es in der Übersetzungstheorie als Ideal, einen übersetzten Text wie einen „muttersprachlichen“ lesen zu können. Er sollte so nahe wie möglich an die hiesige Kultur herangeholt werden, akkulturiert, angeeignet. Auch sprachlich geglättet, um möglichst eingängig zu sein. Sich den kulturellen Gepflogenheiten anpassen, wie das auch für menschliche Eingewanderte galt und weithin noch immer gilt. Das erscheint mir weder für Gesellschaften noch für Übersetzungen eine überzeugende Politik. Doch wie kann es gelingen, dass als Anderes Empfundenes nicht bloß abgetan wird, durch einen Wertekanon, von dessen Richtigkeit man sich schon so sehr überzeugt hat, dass man unbewusst alles mit ihm abgleicht, selbst ein Gedicht?

Ließe sich vielleicht eine Poetik „schwacher Übersetzung“ entwickeln? Oder gibt es sie vielleicht sogar schon irgendwo?3

The Truth In One Nation

Amanda Gorman nutzt gern die Form des Langgedichts, um ein Thema in vielfältigen Aspekten zu verhandeln. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist „THE TRUTH IN ONE NATION“ („DIE WAHRHEIT IN EINER NATION“). Darin widmet sie sich der Geschichte und Gegenwart Amerikas, seinen Versprechen und Realitäten angesichts beinahe allgegenwärtiger Waffengewalt und (Polizei-)Gewalt gegen Schwarze. In der Symbolkraft seines Namens erwähnt wird etwa der für den Mord an George Floyd schuldig gesprochene Polizist Derek Chauvin; Floyds letzte Worte „I can’t breathe“ wurden zu einem (inter-)nationalen Protestruf der Black-Lives-Matter-Bewegung:

We have battled hard to be.
Nothing—
& we mean nothing—
Can keep you safe.
Silence least of all.
Speak with this giant life,
For we might never be granted
That same breath again.

A nation’s cold pride will kill,
Choke us on the very spot we shadow.
This is also called Chauvin[ism].
Such pain patrols with pattern,
Practiced, cooled, coded, familiar & un-familial.
Would we crave peace
If we knew what it was.

Wir haben hart dafür gekämpft zu sein.
Nichts ‒
& wir meinen nichts ‒
kann dich beschützen.
Schweigen am wenigsten.
Sprich mit diesem gewaltigen Leben,
denn dieser Atem
wird uns vielleicht nie wieder geschenkt.

Der kalte Stolz einer Nation wird töten,
uns grade dort erwürgen, wohin unser Schatten fällt.
Das nennt man auch Chauvin[ismus].
Solcher Schmerz patrouilliert nach Schema,
einstudiert, abgekühlt, kodiert, verwandt & unverwandt.
Werden wir uns noch nach Frieden sehnen,
wenn wir ihn besser verstehen?

Die verdichtete Lautlichkeit und Musikalität, mit der Gormans Gedichte arbeiten, lässt sich an der folgenden Stelle betrachten:

As the regular sprang back,
So did the violence,
Normal in its abnormality,
Completely unshuttered.
& so we were un-shuddering,
Our shoulders no longer recalling
How to ripple
After seeing our bodies
Ripped apart.
R.I.P.
Ravaged In Pandemic.
Rifled Innocent People.
Razed Irreplaceable Persons.
Look alive, everyone.

Vom stimmhaften s der ersten Silbe über das härtere th der zweiten zum scharfen s von sprang kulminieren die S-Laute im Zischen des c in „violence“ am Ende der zweiten Zeile, das in „Innocent“ und „Irreplaceable“ seinen Widerhall findet. Verschränkt mit den rollenden Rs und harten Ps/C(k)/Ts lässt sich darin ein Echo der Schüsse hören, von denen die Rede ist. In einer klanglichen Gegenbewegung werden die Menschen als angesichts dieser Gewalt „weichende“ dargestellt: unshuttered ‒ un-shuddering ‒ shoulders.

Das Übliche sprang zurück
und mit ihm die Gewalt,
normal in ihrer Abartigkeit,
gänzlich unverhüllt.
& wir un-erschüttert,
unsere Schultern wussten nicht mehr,
wie sich regen,
nachdem wir unsere Körper so zerstückt gesehen hatten,
Rippen aufgerissen.
R.I.P.
Ruiniert In Pandemie.
Reingefeuert In Passanten.
Radiert Infam Personen.
Rüstet euch, Leute.

Im Deutschen liegen RIP und Rippen einander so nah, dass „Ripped apart“ zweimal übersetzt wurde, inhaltlich und an die S-Laute anschließend mit „so zerstückt“ und homograf/homofon sowie zum „R.I.P.“ hinführend mit „Rippen aufgerissen“. Als kniffelig erwies sich das I, das im Deutschen leider wenig Spielraum eröffnete und Lösungen, die von „Innocent“ und „Irreplaceable“ recht weit entfernt sind.

Bemerkenswert an diesem Gedicht ist auch, wie Kritik und Hoffnung beständig ineinander überführt werden, wie der unverbrüchliche Glaube an den amerikanischen Traum, an das Versprechen für alle, wie es Dr. Martin Luther King Jr., auf den Gorman sich an anderer Stelle explizit bezieht4, so eindrücklich und nachhaltig formuliert hat, alle Kritik grundiert. Dieses Verfahren kulminiert schließlich in einer Version des Eheversprechens. Für ein deutsches Gedicht unvorstellbar, als übersetzerische Herausforderung jedoch eines der größten Vergnügen bei der Arbeit an diesem Band. In einem Echo auf „I can‘t breathe“ verwandelt sie etwa „till death do us part“ in „till breath do us part” ‒ ein pun, also ein unmittelbar einleuchtender, tiefgründiger Sprachwitz, wie sie sich mehrfach im Band finden, zum Beispiel direkt einige Zeilen davor „scars & stripes“, und die sich als weitgehend nur schwach übersetzbar erweisen.

This republic was bred shady.
Country of guns & germs & stealing
land & life.
O say can we see
The blood we stand on,
Shining below us
Like a blood-slick star.
What we might’ve been if only we’d tried.
What we might become, if only we’d listen.

* * *

Scars & stripes.
Schools scared to death,
School drills of death.
The truth is, one education under desks,
Stooped low from bullets.
Soon comes the sharp plunge
When we must
Ask where our children
Shall live
& how.
& if.

Who else shall we let perish.

* * *

Again, language matters.
Children have been taught—
America: without her, democracy fails.

But the truth is:
America without her democracy fails.

We thought our country would burn.
We thought our country would learn.
America,
How to sing
Our name,
Singular,
Signed,
Singed.

(…)

Our people,
We take thee to have & to scold,
To love & to change,
In sickness & in health,
Till breath do us part.
How do we pronounce you,
Land & Strife?
Our hands must not lay
Down what they’ve begun.

* * *

Young, our country seems,
& stumbling, but striking,
Like a lion learning its legs.
One nation, blunder-pawed.

What we have not done delicately,
At least let us do decently & deliberately,
For there is still a promise here
We have promised here of all.

(…)

We imagine us
& all we’ll make of one another:
Our faces wet & shimmering
Like an open wound,
Dazed by the flare
Of our new-made selves.
The truth is: one world, wonder-awed,
Raw with revelation.
May such a prayer,
A people,
A peace,
A promise,
Be ours.
Be right
& radiant
& real.

Ausgebrütet im Zwielicht ist diese Republik.
Ein Reich für Gewehre & Keime & Dieb-
stahl von Land & Leben.
Oh sagt, können wir’s einmal nur sehen,
das Blut, auf dem wir stehen,
das unter uns strahlt
wie ein von Blut polierter Stern.
Was aus uns hätte werden können mit etwas Mut.
Was aus uns werden könnte, hörten wir endlich zu.

* * *

Schrammen & Streifen.
Schulen in Todesangst,
Schulen erziehen zum Tod.
Wahr ist eine Bildung unter Pulten,
geduckt im Kugelbeschuss.
Nicht lang bis zu jenem harten Aufprall,
da wir fragen müssen,
wo unsere Kinder
leben dürfen
& wie.
& ob.

Wen sollen wir noch krepieren lassen.

* * *

Und wieder kommt es auf Sprache an.
Kinder haben gelernt ‒
Amerika: ohne die Vereinigten Staaten scheitert Demokratie.
Wahr ist aber:
Amerika ohne Demokratie scheitert.

Wir dachten, unser Land brennt.
Wir dachten, unser Land lernt.
Amerika,
wie singen wir
unseren Namen,
singulär,
signiert,
versengt.

(…)

Unser Volk,
wir nehmen dich an zu haben & zu zanken,
zu lieben & und zu wandeln,
in Krankheit & Gesundheit,
bis dass der Atem uns scheidet.
Zu was erklären wir dich,
Land & Zwist?
Unsere Hände dürfen nicht auf-
geben, was sie begonnen haben.

* * *

Jung scheint unser Land
& strauchelnd, doch frappant,
ein Löwe, der das Laufen lernt.
Eine Nation auf Stolperpranken.

Worin wir nicht behutsam waren,
lasst uns mit Bedacht & Anstand tun,
denn ein Versprechen steht noch aus,
das wir allen hier gegeben haben.

(…)

Wir träumen von uns
& allem, zu was wir einander machen könnten:
Unsere Gesichter benetzt & schimmernd
wie eine offene Wunde,
benommen vom Aufleuchten
unseres neuen Seins.
Wahr ist: eine Welt, wundersam,
roh vor Offenbarung.
Möge ein solches Gebet,
ein Volk,
ein Frieden,
ein Versprechen,
uns gegeben sein.
Gut sein
& gleißend
& wahr.

Pronomen und generische Geschlechter

Das Kapitel „MONOMYTHOS“ inszeniert die Corona-Pandemie von Ende 2019 bis zum Zeitpunkt von Gormans Manuskriptabgabe im Frühjahr 2021 als Chronik und Drehbuch für einen Film. Der/die Protagonist·in wird als „hero“ und mit dem Pronomen „they“ bezeichnet. Das sogenannte „singular they“ ist ein seit dem 14. Jahrhundert im Englischen belegtes und weit verbreitetes genderneutrales Pronomen, das in den letzten Jahren neue Popularität gewonnen hat, nachdem es seit dem 18. Jahrhundert mitunter als fehlerhaft kritisiert worden war. Eine vergleichbare, zumal historische und standardsprachliche Form gibt es im Deutschen nicht. Das Drehbuch erzählt die Pandemie-aventiure einer im filmischen Sinn konkreten Person, deren Geschlecht jedoch offen bleibt. Für die Übersetzung entsteht dadurch eine mit gegenwärtigen sprachlichen Mitteln unlösbare Aufgabe. Denn im Deutschen muss das Geschlecht grammatisch entschieden werden, wenn von einer bestimmten Person die Rede ist. In einer Stellenanzeige oder einem allgemeinen Kontext können Formen wie sie·er eingesetzt werden, in Bezug auf eine reale Person, von der ich so viel weiß, dass ich ihre aventiure erzähle, gebietet es zumindest die Höflichkeit, das von ihr bevorzugte Pronomen zu verwenden. Ist dieses Pronomen aber nicht sie oder er, wird die Person als nichtbinär gelesen, nicht mehr als genderneutral. Vorschläge für genderneutrale Pronomen wie hen oder dey sind im Moment noch weit davon entfernt, im allgemeinen Sprachgebrauch so etabliert zu sein, dass sie als Lösung für unser Problem infrage kämen. Was also tun?

SCENE 2: THE CALL

Our hero is summoned to some call that bends beyond the horizon. Will they follow, the audience ponders, munching on their popcorn. Only you can answer that.

2. SZENE: DER AUFTRAG
Unser Held erhält einen Auftrag, der über den Horizont hinausführt. Wird er ihm folgen, fragt sich das Publikum, Popcorn mampfend. Das könnt nur ihr beantworten.

2. SZENE: DER AUFTRAG
Unser*e Held*in erhält einen Auftrag, der über den Horizont hinausführt. Wird er*sie ihm folgen, fragt sich das Publikum, Popcorn mampfend. Das könnt nur ihr beantworten.

2. SZENE: DER AUFTRAG
Unser*e Held*in erhält einen Auftrag, der über den Horizont hinausführt. Wird hen ihm folgen, fragt sich das Publikum, Popcorn mampfend. Das könnt nur ihr beantworten.

2. SZENE: DER AUFTRAG
Unsere Heldin erhält einen Auftrag, der über den Horizont hinausführt. Wird sie ihm folgen, fragt sich das Publikum, Popcorn mampfend. Das könnt nur ihr beantworten.

Wir entscheiden uns für die weibliche Form, die hier sowohl konkret als auch im Sinne des generischen Femininums gelesen werden kann. An anderen Stellen wählen wir, sofern bekannt, das reale Geschlecht oder neutrale Formen. So wird:

Dec. 2019: A new pneumonia-like illness is identified in Wuhan, China (& though we aren‘t aware of it yet, a patient treated in France in late December too has the coronavirus).”

zu:

Dez. 2019: In Wuhan, China, wird eine neue, lungenentzundungsähnliche Krankheit entdeckt (& auch wenn wir das noch nicht wissen, trägt bereits ein Ende Dezember in Frankreich behandelter Patient das Coronavirus).

Und:

SCENE 4: THE MENTOR

A teacher appears, bone-deep with knowledge. They would have our hero learn what they have never known, never questioned.

Dr. Anthony Stephen Fauci speaks center stage.

zu:

4. SZENE: DER*DIE MENTOR*IN

Ein*e Lehrmeister*in tritt auf, bis in die Knochen voll Wissen. Durch ihn*sie würde unsere Heldin lernen, was sie nie gewusst, nie angezweifelt hat.

Dr. Anthony Stephen Fauci spricht von der Leinwandmitte.

In dieser Szene wird durch die Nennung von Dr. Anthony Stephen Fauci zwar ein männliches Pronomen bereits für Mentor·in und Lehrmeister·in nahegelegt, doch wir entscheiden, diese als Potenziale zu lesen, Funktionen, die von allen Geschlechtern ausgefüllt werden könnten, was uns bei diesen speziellen Funktionen besonders wichtig erscheint.

Wie verhält es sich in den übrigen Kapiteln mit geschlechtsanzeigenden Partikeln? Amanda Gorman setzt Pronomen in ihren Texten durchweg sehr bewusst und legt Wert auf eine inklusive Sprache. Im Englischen ist diese aber auch viel unkomplizierter zu erreichen und kein solches Politikum wie im Deutschen. Gerade in der Lyrik ist uns kein Beispiel bekannt, wo Autor·innen konsequent etwa *-Formen oder generisches Femininum verwenden. Wenige Dichter·innen, wie Ann Cotten oder Daniel Falb, spielen mit verschiedenen Möglichkeiten, variieren neue Endungen und Pronomen. Im Allgemeinen halten sich aber selbst feministische und sozial engagierte Dichter·innen in ihren Gedichten mit genderneutraler Sprache noch sehr zurück. Die Ansicht, es störe den Lesefluss, die Schönheit, den Rhythmus und zu viele Leser·innen, sei sogar überhaupt unliterarisch, teilen auch Autor·innen (und Übersetzer·innen). Amanda Gorman versteht jeden Sprachgebrauch als politische Entscheidung. Formulierungen wie „We will say again that Language matters“ („Wir wiederholen, dass Sprache zählt“) durchziehen den gesamten Band. Darum ist für uns schnell klar, dass auch die Übersetzung so inklusiv und diskriminierungsarm wie möglich sein muss. Das bedeutet für uns zum gegenwärtigen Stand des allgemeinen Sprachgebrauchs vor allem die *-Form. Weitere Anpassungen betreffen zum Beispiel „alle“ statt „jede·r“ oder bisweilen „Person“ (die) statt „Mensch“ (der). Aus der Spanischen Grippe wird die Grippe von 1918; dass der Begriff Sklaverei aus Täter·innensicht spricht, wird in der Übersetzung von „slavery“ mit „Versklavung“ kenntlich. Maskuline Formen setzen wir dann, wenn Tätigkeiten oder Ämter Männern vorbehalten waren oder auch, um mit Männlichkeit verbundene Ideen zu kennzeichnen:

In ancient Rome, augurs were official diviners

The British pioneered cable cutting during WWI, using the CS Alert to dredge Germany’s underwater telegraph cables.

Die Auguren im alten Rom waren offizielle Wahrsager

Als Pioniere von Kabelsabotage gelten die Briten, die sie im Ersten Weltkrieg erstmals einsetzten, mit der CS Alert kappten sie Deutschlands Unterwassertelegrafenkabel.

Es stellt sich heraus, dass sich eine inklusive, diskriminierungsarme Sprache auch in der Lyrik mit nur wenigen Modifikationen erreichen lässt, und zwar ohne Lesbarkeit oder Ästhetik zu beeinträchtigen. Denn Sprache ist, wie Gesellschaft, plastisch, beide werden als Kollektive von allen an ihnen Partizipierenden alltäglich gestaltet und umgestaltet. Unseres Wissens ist „WAS WIR MIT UNS TRAGEN“ der erste Lyrikband für ein großes, allgemeines Publikum mit einer durchweg gendergerechten Sprache und wir, wie auch der Verlag, gehen mit der Erwartung an die Veröffentlichung, dieser Punkt fände in der Kritik eine gewisse Resonanz. Das ist bislang jedoch ausgeblieben. Vielleicht, weil sich der Sprachgebrauch tatsächlich schon so sehr gewandelt hat, dass es nicht mehr der Rede wert scheint, und der Band zeigt, dass es die Literarizität überhaupt nicht einschränkt, nur eben verändert?

 

23.01.2023
Fußnoten
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PDF

Marion Kraft ©privat; Daniela Seel ©Dirk Skiba

Marion Kraft ist Germanistin und Amerikanistin, promovierte Literaturwissenschaftlerin, Autorin, Herausgeberin und Übersetzerin. Zu ihren Publikationen auf Deutsch und Englisch zählt das Buch The African Continuum and African American Women Writers – Their Literary Presence and Ancestral Past (1995) und der von ihr herausgegebene Sammelband Kinder der Befreiung – Transatlantische Erfahrungen und Perspektiven Schwarzer Deutscher der Nachkriegsgeneration (2015). Ihr jüngster Essayband, Empowerment und Widerstand – Inspirierende Begegnungen mit Audre Lorde erschien 2020. Sie hat an Schulen und Hochschulen in Deutschland und in den USA unterrichtet. Als Übersetzerin hat sie u. a. Werke von Emma Dabiri, Buchi Emecheta, Amanda Gorman und Audre Lorde ins Deutsche übertragen. Ihre Übersetzung von Tara M. Stringfellows Roman Memphis erscheint im Frühjahr 2023 bei HarperCollins Deutschland. Marion Kraft lebt in Berlin.

 

Daniela Seel, geboren 1974 in Frankfurt/M., lebt als Dichterin, Übersetzerin und Verlegerin von kookbooks in Berlin und unterrichtet hin und wieder. Zahlreiche internationale Auftritte und Kollaborationen, u.a. mit dem Illustrator Andreas Töpfer, dem Tänzer David Bloom und den Musiker·innen Roland Dahinden und Hildegard Keeb. Daniela Seel veröffentlichte die Gedichtbände ich kann diese stelle nicht wiederfinden, kookbooks 2011, was weißt du schon von prärie, kookbooks 2015, und Auszug aus Eden, Verlag Peter Engstler 2019, sowie, mit Frank Kaspar, das Radiofeature was weißt du schon von prärie, SWR/DLF 2015. Zurzeit arbeitet sie an ihrem vierten Gedichtband Nach Eden. In Übersetzung erschienen zuletzt Alexis Pauline Gumbs Unertrunken, Aki Verlag 2022, Amanda Gorman Call Us What We Carry ‒ Was wir mit uns tragen (gemeinsam mit Marion Kraft), Hoffmann und Campe 2022, Robert Macfarlane, Die verlorenen Zaubersprüche, Matthes & Seitz Berlin 2021, Anne Boyer, Die Unsterblichen, Matthes & Seitz Berlin 2021, sowie Amanda Gorman, Change. Eine Hymne für alle Kinder (mit Joy Denalane), Hoffmann und Campe 2021. Für ihre Arbeiten wurde Daniela Seel vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Mondseer Lyrikpreis, dem Friedrich-Hölderlin-Förderpreis der Stadt Bad Homburg, dem Kunstpreis Literatur von Lotto Brandenburg und dem Spitzenpreis beim 1. Deutschen Verlagspreis 2019.

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