Zusammen sprechen wir in deinem Kopf
Zweistimmiges Journal zur Übersetzung von A. L. Kennedys „Als lebten wir in einem barmherzigen Land“
Susanne
Der neue Roman von A. L. Kennedy ist in zwei Stimmen geschrieben und wurde von einem Übersetzer und einer Übersetzerin übersetzt, von Ingo Herzke und mir.
Dies ist die zweite Zusammenarbeit von Ingo und mir. Bei Kennedys letztem Roman, Süßer Ernst, war es eine aus der Not entstandene Kooperation, weil Ingo den ganzen Roman nicht innerhalb der Zeitvorgabe übersetzen konnte und ich eingesprungen bin. Diesmal war es von Anfang an ein Gemeinschaftsprojekt, obwohl A. L. Kennedy als „Ingos Autorin“ gilt, denn er hat für sie vor vielen Jahren einen deutschen Verlag gefunden und verleiht ihr seitdem eine deutsche Stimme. Die Zusammenarbeit zwischen mir und Ingo sieht so aus, dass wir den Text einvernehmlich aufteilen und danach jeder an seinem Teil arbeitet.
Ingo
„Dies ist eine Stimme. Meine Stimme. Und auch deine, lieber Leser, liebe Leserin. Zusammen sprechen wir in deinem Kopf, geistern in deinem Mund herum, feuern in deinen Gedanken: Bedeutungen, Anklänge, Erinnerungen, die Neuheit und Vertrautheit der Worte. Diese Klänge müssen jenseits der Intimsphäre des Denkens gar nicht existieren, womöglich könnte ich sie im richtigen Leben nie so klar und sauber äußern, dennoch singen sie hier. Du lässt sie singen.
Und dies ist eindeutig auch Schreiben: nicht ganz Literatur – ein Essay. Dies sind Zeichen auf Papier. Für mich sind es derzeit noch Zeichen auf einem Bildschirm: kleine dunkle Kringel, die in geraden Reihen durch den leeren Raum laufen, ein Code, den zu knacken wir vielleicht vereinbaren, den wir auf angenehm unterschiedliche Weisen verstehen können. Doch vor allem ist dies »Stimme«.“
A. L. Kennedy, Schreiben, Hanser Verlag 2016, Übersetzung: Ingo Herzke
Ich übersetze A. L. Kennedy – Alison – seit fast 25 Jahren, zunächst für den Wagenbach Verlag, wo Heinrich von Berenberg sie für den deutschen Markt entdeckte, seit gut 10 Jahren für Hanser. Wir kennen uns sogar noch länger, denn ich begegnete ihr schon als Student in Göttingen, wohin ich sie noch unübersetzt – mit einigen anderen kühnen Kommiliton·innen – zu einer Lesung eingeladen hatte, und inzwischen sind wir gut befreundet. Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Lesungen und Auftritte wir schon miteinander absolviert haben, ich habe sie auch mit meiner Familie in Essex besucht, in dem Haus, das sie inzwischen wieder in Richtung Schottland verlassen hat, da sie von Englands Regierungen endgültig genug hat.
Was ich sagen will: Ich kenne Alisons Stimme gut, sehr gut. Ihre gesprochene wie ihre geschriebene. Ich habe mich mit ihr unterhalten, sie reden gehört, ihr Fragen gestellt und ihre Antworten übersetzt, ich habe ihre Bühnenauftritte gesehen, mit ihr und anderen diskutiert; ich habe ihre Kurzgeschichten, Romane, Hörspiele, Opernlibretti, Essays, Zeitungsartikel, Blogbeiträge, Briefe gelesen und sehr oft, fast immer auch übersetzt. Darum ist die Arbeit an einem neuen Text von ihr immer auch eine Art Wiedererkennen: Ich kenne ihre bevorzugten Wendungen, ihre sprachlichen Gewohnheiten, vielleicht sogar den einen oder anderen Manierismus, ihre Art, sich Figuren zu nähern und ihre Stimmen kenntlich zu machen, ihre Sicht auf die Welt und die Menschen.
Susanne
Der von mir übersetzte Teil, typologisch von dem anderen abgesetzt, wird aus der Sicht eines namenlosen Protagonisten erzählt, der unter verschiedenen Pseudonymen durch die Welt reist und Morde begeht. Vermutlich könnte man die Handlung auch anders zusammenfassen.
Mein Teil des Romans macht etwa ein Drittel der Textmenge aus und besteht aus sieben lose, durch den Protagonisten verbundenen Passagen, deren Schauplätze an verschiedenen Orten der Welt liegen: Nordamerika, Scilly Isles, Glasgow, Gleneagles, Cornwall, London.
Es ist Juni, und ich bin mit meiner alten Übersetzer- und Chorfreundin Maja verreist. Wir sind in Falmouth und wollen auf dem South West Coast Path wandern. Am ersten Morgen fange ich vor dem Frühstück mit diesem Journal an.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich die Rohübersetzung meines Teils abgeschlossen. Bleibt die mehrfache Überarbeitung der sieben Passagen, die Recherche, die Feinarbeit, damit der Text eine flüssige Lesbarkeit erhält, die er zu diesem Zeitpunkt bestimmt nicht hat.
Je länger ich als Übersetzerin arbeite, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass die Rohübersetzung der einfache Teil ist. Ich übersetze das, was ich lese. Ich schlage kaum im Wörterbuch nach. Ich möchte einfach eine Textmenge herstellen, mit der ich dann arbeiten kann.
„Nachschlagen“ meine ich buchstäblich. In der Intensivphase der Vokabelarbeit, die später kommt, liegen in meiner Wohnung auf allen verfügbaren Flächen Wörterbücher: Langenscheidt Englisch-Deutsch, The New Oxford Dictionary, deutsches Synonym-Wörterbuch, Duden Bildwörterbücher, eins Englisch, eins Deutsch, Pareys Pflanzenbuch, auch das in zwei Ausgaben, deutsch und englisch. Natürlich recherchiere ich viel online, aber die Vokabelarbeit mache ich lieber mit den vertrauten Büchern.
Ingo
Weil ich schon so viel von ihr gelesen und übertragen habe – 18 gedruckte Bücher, dazu zahlreiche andere Prosatexte und Bühnenwerke – denke ich manchmal: Sie kann mich wahrscheinlich nicht mehr überraschen. Das kann auch gefährlich sein: Einige ihrer sprachlichen Mittel glaube ich vielleicht zu gut zu kennen und übersehe, wie sie im Einzelfall literarisch eingesetzt sind. Oder ich entscheide mich beinahe unbewusst für Lösungen, die ich schon einmal gefunden habe, die aber hier womöglich nicht die besten sind.
Alisons neuer Roman besteht aus zwei Stimmen, wie Susanne schon angedeutet hat, und sie sind sehr unterschiedlich. Sie sind sogar in gewisser Weise antagonistisch – denn die beiden Erzählfiguren dahinter sind Gegner oder gar Feinde. Sie haben einmal gemeinsam gekämpft, glaubte „meine Erzählerin“ jedenfalls, doch dann musste sie feststellen, dass „Susannes Erzähler“ sie und ihre ganze aktivistische Gruppe verraten hat. Ich werde mich in meinen folgenden Bemerkungen eher auf die narrative Stimme meiner Protagonistin beziehen, also auf …
„… Mrs McCormick für die Kinder und die Telefonschwindler, Anna Louisa McCormick für Formulare und wenn ich so tun will, als wäre ich eine Gräfin von 1900, Anna für die meisten Menschen, woraus bei Paul Na-na wurde, allerdings hat sich Na-na inzwischen in Mum verwandelt.“
Oder Annanka Ladystrong, wie sie sich in jungen Jahren beim politaktivistischen Straßentheater nannte. Jetzt ist sie Grundschullehrerin, Paul ist ihr fast erwachsener Sohn.
Susanne
Zu unserer Reise haben Maja und ich uns in London getroffen. London ist der politische und kulturelle Mittelpunkt Englands, nicht jedoch der geografische. Man kann die Stadt auf die vielfältigsten Weisen erleben. In A. L. Kennedys Roman spielt sie als Mittelpunkt und Auftrittsort der Metropolitan Police eine Rolle. Kennedy behandelt die Met mit bitterem Spott:
„Sie wiederholen Schlagzeilen, die sie per Osmose in der Kantine oder im Streifenwagen verinnerlicht haben. Sie erklären, welche Vereine Spieler Sexpraktiken Kinder Frauen sie mögen. Rechts von mir steht ein Mann mit einer verzweiflungsvollen Krawatte und spricht von seiner Sehnsucht nach Speerfischangeln in Kuba. Seine Stimme ist Essex, verwässert mit einem Anteil Midlands. Er geriert sich wie Hemingway, verrät darunter aber Thermoskannentee und die Neigung, in Teichen gezüchtete Forellen zu töten.“
A. L. Kennedy hat als Stand-up Comedian gearbeitet. Jemand also, die sich vor ein Publikum stellt und in kurzen Sätzen eine Situation oder einen Vorgang beschreibt und dadurch soziale Missstände, politische Übel und Abgründe undsoweiter aufzeigt. Die Sätze müssen kurz und prägnant sei, sie sollten einen komischen Effekt haben und möglichst einen Lacher erzielen. Manche Passagen in dem Roman, wie die oben, kann man so lesen – abgehackt, auf die Pointe gebracht, und fast kann man das Lachen des Publikums hören.
Ingo
Zuerst, im Jahr 2009, ist sie mit ihrem Programm Words beim Fringe Festival in Edinburgh aufgetreten, dann sogar damit auf Tour gegangen.1 In ihrem Essayband über das Schreiben erzählt sie davon, wie sie sich mit einer Stimmberaterin und -trainerin auf diese Solo-Performance vorbereitet, wie sie versucht, „ihre Stimme zu finden“. Eine eminent wichtige und positive Erfahrung für sie – zuvor hatten sie jahrelang Bandscheibenvorfälle und Rückenschmerzen gequält, ihre Haltung war verkrampft und krumm, ihre Stimme schwach geworden, geschrumpft – doch Ros Steen vom Centre for Voice in Performance konnte ihr helfen. Hier ein kurzer Ausschnitt vom Anfang ihres Bühnenprogramms:
„Meine Mutter brachte mir schon das Lesen bei, bevor ich zur Schule kam – das war gut –, jedenfalls bis ich in die Schule kam und feststellte, dass niemand sonst lesen konnte. Also tat ich so, als könnte ich es nicht, und Rechnen konnte ich tatsächlich nicht, was mich verkrampfen ließ. Und wenn ich verkrampft bin, mache ich mich krumm, als hätte ich einen Buckel … und das Hinken hatte ich mir ja auch schon zugelegt, und der Ganz-in-Schwarz-Look stand mir auch ziemlich gut … also, im Grunde sah ich während meiner gesamten Grundschulzeit aus wie ein winziger Richard III.
Nun ward die Große Pause meines Missvergnügens …“
A. L. Kennedy: »Words« -- A One-Person Performance
Susanne
A. L. Kennedy hat für die Passagen, die ich übersetze, eine besondere Sprache geschaffen. Sie verwendet Substantive, wo wir Verben oder Adjektive erwarten würden. Der letzte Satz in dem obigen Zitat zeigt, dass mit diesem Kunstgriff, den ich soweit wie möglich nachgemacht habe, eine Funktionalisierung oder Instrumentalisierung der Person vorgenommen wird. Hier noch ein paar Beispiele:
„Und ich bin auch da. Ich bin ganz wahrhaftig da und präsent und Tom. Ich bin hohe Bildschärfe mit eingefügten verschwommenen Details, wo erforderlich. Ich bin volles Bewusstsein und Stimmungsmanipulation und narrative Kontrolle und Informationsfindung und Unverzichtbarkeit und sichtbarlich bravbravbrav Braver-Hund-Wohltätigkeitsfall, der gut Freund sein will. Im Umfeld liegt die Betonung auf Vertrauensgewinn und gemeinsamen Sünden, was mich glücklich macht.“
„Nigel ist verschwommene Bekräftigung mit Ignoranz als angemessener Entspannung.“
„Ich bin Schadensbeweis und gelegentliche Tränennähe. Nigel ist eine kleine Auswahl offensichtlicher Druckpunkte, und meine Identität als jemand, der Tom heißt, bringt sie in Rotation zum Leuchten.“
Ich gestehe, dass ich mich mit der Übersetzung gequält habe. Zum einen war es sehr anstrengend, den Dschungel der Substantivierungen zu durchdringen, den Sätzen einen Sinn abzugewinnen und sie dann in ein lesbares Deutsch zu übertragen, und dazu kam, dass die Thematik eine verstörende Wirkung auf mich hatte, und ich hatte Mühe, die Haltung der Autorin zu erkennen, die mich ebenfalls verstört.
Ingo
Haltung. Ein wichtiges Wort für Alisons Schreiben – und Leben. In ihren zahlreichen (kultur)politischen Artikeln und Essays macht sie ihre politische Position deutlich, und auch in ihren Romanen und Erzählungen lässt sich ihre Vision einer gelingenden Gesellschaft erkennen, vielleicht sogar mehr mit zunehmendem Alter. Im neuen Roman jedenfalls spricht aus vielen Überzeugungen und Schilderungen Annas für mich Alison, mehr jedenfalls als bei früheren Protagonistinnen. Ein weiteres Indiz ist der Theaterhintergrund, das Performative: Alison ist nicht nur mit ihrem »Literatur-Comedy«-Programm auf der Bühne gewesen, sie hat vor ihrer Autorinnenlaufbahn auch Theaterwissenschaften und Drama studiert, Schauspielkurse besucht, Puppentheater gemacht.
Das also ist vielleicht auch ein grundlegender Unterschied zu früheren Büchern von ihr: Es ist politischer, es ist klarer in seiner Haltung und der Parteinahme für einen Teil der Gesellschaft, es bezieht Stellung und ist brandaktuell. Ja, auch im letzten Roman Süßer Ernst spielte schon die politische und mediale Landschaft des heutigen London/Westminster eine wichtige Rolle, auch da ging es um Fragen von guter und schlechter Regierung, von Korruption und Schuld – aber im Mittelpunkt standen wie oft bei Alison zwei vom Leben versehrte Protagonisten, die Mühe haben, zueinander zu finden. In Als lebten wir … ist das tagespolitische Geschehen nicht bloß Handlungselement oder Kulisse, sondern geradezu Akteur.
Und „meine“ Erzählerin ist in ihrer Haltung dazu so klar, so eindeutig positioniert, dass es bisweilen beinahe naiv wirkt. Ein guter Mensch, der nur das Beste will. Aber nein – das täuscht. So schlicht ist es bei Alison nie. Dennoch hat mir diese vermeintliche Klarheit der Stimme, diese Ungebrochenheit zunächst Schwierigkeiten bereitet, weil ich etwas anderes gewohnt war, erwartet hatte.
Susanne
Der nächste Tag in Cornwall beginnt mit strahlendem Blau von Himmel und Meer. Wir nehmen die Fähre nach Roseland, einer Halbinsel, und laufen dort an der Steilküste, das Meer immer links von uns, nach St. Just in Roseland, einer „Saxon church“, Kirche und Wehranlage in einem, von Wald umgeben und nah dem Ufer gelegen. Es ist ein traumhaft schöner Tag. Hier, so könnte man denken, ist das Leben sorgenfrei, idyllisch, paradiesisch.
Als wir mit der Fähre wieder nach Falmouth kommen, hat im Hafen, wo neben Fischerbooten kleine Segelboote ankern, die AIDA angelegt. Sie bleibt den ganzen Tag, die Passagiere des Kreuzfahrtschiffes strömen in die Stadt. Auch die Royal Britannia war, so lesen wir, vor vielen Jahren, 1976 zum Silver Jubilee der Königin, in Falmouth. Die kleine Stadt muss in Aufruhr gewesen sein.
Am nächsten Morgen ist die Aida verschwunden.
In der Passage mit dem Titel La Grande Grève, einem Ort in den Scilly Islands mit ähnlichen Steilküsten, zerklüftet und trügerisch, wie denen Cornwalls, beobachtet der namenlose Protagonist unter Anleitung seines Mentors eine Luxusjacht, auf der sich ein ausgewiesener Verbrecher und seine zwei Kompagnons aufhalten. Das Schiff liegt allein und ungestört in einer Bucht. Der namenlose Protagonist und sein Mentor haben den Auftrag, den Verbrecher zu töten. Sie liegen im Ginstergestrüpp oberhalb der Bucht, unsichtbar und vor allen Blicken verborgen. Die Luft riecht nach „heißen Flechten auf Felsen“. Als der richtige Moment gekommen ist – der Mann auf der Jacht ist allein, unbewacht, seine Beschützer sind einkaufen gegangen, die Gezeiten sind günstig –, erlegt der Protagonist den Mann mit einem einzigen Schuss aus einer Dragunow. Der Auftrag ist erfüllt.
Wenige Stunden später ist die Jacht verschwunden.
In den Augen der Täter ist die Tat gerechtfertigt, denn sie wissen, dass der Mann ein schlimmer Verbrecher war und den Tod verdient hat. Mein Dilemma mit dem Roman: Wer entscheidet, ob jemand ein schlimmer Verbrecher ist und den Tod verdient hat? Aber natürlich besteht die Möglichkeit, dass A. L. Kennedy diesen Ansatz, dieses Denken, diese Art der Rechtfertigung kritisiert. Ich habe das nicht finden können. Es gibt Stellen, da wird dem ausgewählten Mordopfer eine gewisse Menschlichkeit zubilligt:
„Als die Männer sich umarmten, sah ich, dass Labyrinth weinte und sein Kinn auf die Schulter seines Angestellten und vielleicht Liebhabers oder vielleicht etwas anderes legte.“
Labyrinth ist der schlimme Verbrecher, den es zu beseitigen gilt, und wir sehen hier, dass er menschliche Regungen hat und Traurigkeit empfindet. Wie soll ich das deuten? Es verhindert nicht, dass er umgebracht wird. Und dies sagt der namenlose Protagonist über seine Tätigkeit:
„Ich beseitige unzweifelhaftes Unrecht und kenne bei meinen Missionen keine grauen oder ungenauen oder fraglichen Aspekte. Ich bin der Dienst an der Gerechtigkeit und die Arbeit in einem überwucherten und verunkrauteten Garten, damit das Gute ans Licht finden und gedeihen kann.“ Hier mag eine Anleihe an Voltaires Candide herauszuhören sein. Und auch hier die Instrumentalisierung des Menschen: „Ich bin der Dienst an der Gerechtigkeit.“
Die Autorin spielt mit der Grammatik und erfindet Wörter. Sie schreibt beispielsweise „of coursely“, d.h. sie hängt einem natürlichen Adverb eine zusätzliche Adverb-Endung an. Das -ly, wodurch laut der englischen Grammatik ein Adjektiv in ein Adverb verwandelt wird, ist hier überflüssig, aber vielleicht ein bisschen lustig. Oder sie schreibt: „This time is the lastly time“ – hier haben wir nicht nur eine der verpönten Wiederholungen, sondern auch ein Adverb, wo ein Adjektiv hingehört. Soll ich schreiben: „Dieses Mal ist das letzliche Mal“ und in Kauf nehmen, dass mein Lektor und die Leser·innen sagen: „Das ist doch falsches Deutsch“? Entscheidungen!
Ingo
Das Wundervolle an Alisons Literatur ist ihre Fähigkeit, mit wenigen Worten Stimmungen, Räume, Konstellationen, Landschaften lebendig werden zu lassen, was besonders in ihren hervorragenden Kurzgeschichten zum Tragen kommt; doch auch in ihren Romanen bildet diese Fähigkeit, mit überraschenden Metaphern, unorthodoxen Adjektiven, eigenwilliger Syntax ein Bild zu zeichnen, das uns sofort vor Augen steht, ein wesentliches Fundament ihres Schreibens. Besonders deutlich wird das, wenn man sie ihre eigenen Texte lesen hört, wozu ich dank unserer gemeinsamen Lesungen oft Gelegenheit hatte. Ein weiteres Zitat aus Schreiben:
„Wir verwenden zwar oft Begriffe der gesprochenen Sprache, um das geschriebene Gegenstück zu beschreiben – Ton, Rhythmus, Melodie, Musikalität und so weiter –, doch es wundere ich mich schon lange darüber, wie wenig Aufmerksamkeit der stimmlichen Realität im Leben von Schriftstellern geschenkt wird. Es gibt klare Zusammenhänge zwischen der Stimme einer Person auf einer Druckseite, der Stimme ihrer inneren Gespräche und Geschichten und der Stimme, mit der sie sich an die Welt richtet.“
Und wenn Alison selbst ihre Sätze liest, spricht, aufführt, dann werden die Bilder noch plastischer und elastischer. Dass ich ihre Sprechstimme im Kopf habe, hilft mir sehr, ihre geschriebene Stimme zu deuten und zu begreifen – hoffe ich jedenfalls. Oft genug lassen sich die Brechungen von Grammatik und Syntax, die Bedeutungen von Rhythmus und Melodie erst im Sprechen wirklich nachvollziehen. Und dann in einer anderen Sprache nachbilden.
Schon bei einem unserer ersten Gespräche über das Übersetzen, bei einem unserer ersten gemeinsamen Auftritte, hat Alison mir gesagt, dass für sie diese Eigenschaften der Sprache – Ton, Rhythmus, Melodie, Musikalität – immer im Vordergrund stehen und sie sich wünscht, dass sie es auch für mich bei der Übersetzung tun. „Wenn du dich zwischen ›richtiger‹ Bedeutung und ›richtigem‹ Klang entscheiden musst, wähle immer den Klang“ – so ungefähr hat sie es gesagt, und ich habe mich (fast) immer an ihren Rat gehalten. Ein ganz kurzer und schlichter Ausschnitt aus einem älteren Roman (Day von 2006/7), um das zu verdeutlichen:
Alfred stood still, panted against the hot weight of being stared at by the rest of the men and found it made him more unsteady. Close to his ear, Sergeant Hartnell sighed.
“All right, Day. You defend and I will attack you. Defend yourself, Day – or you will be killed.”
Which did it, cleaned the day back to its bones and made everything so white that Alfred couldn’t see and it let him lift, fade, disappear up into a beautiful burning. All he could ever recall of what happened directly after was his own, huge smile.
Alfred stand still, keuchte gegen das heiße Gewicht an, mit dem die Blicke der übrigen Männer auf ihm lasteten, und merkte, sie brachten ihn noch mehr aus dem Gleichgewicht. Dicht an seinem Ohr seufzte Sergeant Hartnell.
»Na gut, Day. Sie verteidigen sich, ich werde Sie angreifen. Verteidigen Sie sich, Day – sonst sind Sie tot.«
Das reichte, schliff den Tag so knochenblank und gleißend weiß, dass Alfred nichts mehr sah, sich hob und in herrlicher Hitze auflöste. Von dem, was dann geschah, erinnerte er sich nur an sein eigenes, sehr breites Lächeln.
„You will be killed“ wird „sonst sind Sie tot“, „cleaned the day back to its bones“ wird „schliff den Tag so knochenblank“, und der folgende Halbsatz ist im Deutschen verknappt, kondensiert – alles nicht sehr wörtlich, aber kürzer, schneller, rhythmisch und metrisch näher am Original als eine inhaltlich vollständige und „korrekte“ Übertragung. So klar lasse ich mich nicht bei jedem Satz leiten, manche Abschnitte sind geradliniger zu übersetzen, manchmal kommt es eben doch stärker auf eine bestimmte Bedeutung an – aber dies zur Illustration.
Susanne
Meine Freundin Maja war vor unserer Cornwall-Reise in Schottland, aber ich glaube nicht, dass sie nach Glasgow gekommen ist. Dort geschieht ein weiterer Mord. Der namenlose Protagonist trifft sich mit einer Frau vom Passamt, die ihm einen gefälschten Pass gemacht hat und jetzt übergeben will. Er hat das Geld, sie hat den Pass. Sie treffen sich auf einem entlegenen Parkplatz im Nieselregen. Der Mann bringt die Frau um. Er handelt nicht im Affekt, sondern hat den Mord von langer Hand geplant und Stunden vor dem Treffen Drähte gespannt, in denen sie sich verfangen sollte. Warum? Sie hat ihm geholfen. Angst vor Entdeckung? Geldgier? Denn er nimmt ihr das übergebene Geld wieder ab.
A. L. Kennedy beschreibt den Stadtteil Glasgows, in dem der Mord stattfindet, mit kritischer Nostalgie. Sie ist Schottin, offenbar kennt sie sich gut aus – baumbestandene Straßen, prachtvolle, mehrstöckige viktorianische Wohnhäuser, die seit ihrem Bau mehrere Umwandlungen durchlebt haben. Immer begehrt sie gegen die kleinen Leben auf, die Spießigkeit: Mütter, die ihre Kinder von der Schule abholen; die Blicke in die Häuser, wo Familien sich versammeln.
Der zweite Schauplatz in Schottland ist Gleneagles, und auch dorthin ist meine Freundin Maja nicht gekommen. Im Jahr 2015 fand hier das Treffen der G7 statt. A. L. Kennedy beschreibt den Polizeieinsatz gegen die Demonstranten, und sie tut das mit großem Engagement. Die Polizeitaktik besteht laut ihrer Schilderung aus Provokation, Einkesselung und Verfolgung von Demonstranten. Kennedy beschreibt diese Strategien detailliert und überzeugend, und ihre Wahrnehmung, ihre kritische Haltung sowie ihre Empörung teilen sich den Leser·innen mit. Und ich als Leserin teile ihre Einstellung.
Es ist bekannt, dass die Polizei so vorgeht. Der Bezug zu Ereignissen der jüngeren Vergangenheit ist offensichtlich. Das eklatanteste Beispiel in jüngster Zeit war der Polizeieinsatz in einer „Me Too“-Demonstration, die nach dem Mord an Sarah Everard in London stattfand. Die junge Frau war von einem aktiven Mitglied der Metropolitan Police ermordet worden, und die Gefühle der Demonstranten – Demonstrantinnen überwiegend – ließen sich trotz Lockdown und Versammlungsverbot nicht eindämmen. Nach dem Mord an Everard, der das höchste Maß von Gewalt darstellt, zeigte die Polizei bei dieser Demonstration, zu welchem Ausmaß von Gewalt sie im Einsatz gegen Frauen bereit ist. Die politische Einstellung der Autorin vermittelt sich auf jeder Seite dieses Abschnitts, und ich folge ihr in jedem Detail.
Ingo
Es ist nicht immer leicht, Alison in die Köpfe ihrer Figuren zu folgen, das kann ich aus manchmal mühevoller Erfahrung sagen – Hannah Luckraft, die zynische und hoffnungslose Trinkerin aus Paradies, Alfred Day, der traumatisierte Heckschütze im britischen Weltkriegsbomber, abgeschossen über der Nordsee in Day, der menschenfeindliche und kontaktunfähige Schriftsteller-Vater Nathan Staples in Alles was du brauchst sind keine auf den ersten Blick liebenswerten Figuren –, aber es lohnt sich jedes Mal. Ich kenne nicht viele Schriftstellerinnen oder Schriftsteller, die uns so gut in das Wahrnehmen, Fühlen, Denken, in das stolpernde, berauschte, taumelnde, krampfende, fliegende, ermattende Bewusstsein ihrer Figuren hineinholen können wie Alison. Das gelingt ihr, indem sie mit sprachlichen, lautlichen, auch typografischen Mitteln die Bewegungen der Seele so nachbildet, dass wir Elemente unserer eigenen darin erkennen können. Selbst wenn es sich um verlorene, versehrte, verkümmerte oder gar abscheuliche Seelen handelt wie bei „Susannes“ Protagonist Buster. Ich verstehe, wie schwer es gewesen sein muss, in dessen Worten irgendeinen moralischen Halt zu finden – aber das ist es eben: Alison urteilt nicht innerhalb ihrer Figuren, auch wenn ihre Einstellung im Gesamtwerk deutlich durchscheint.
Es gibt eine frühe Kurzgeschichte von ihr – The Boy’s Fat Dog aus dem Erzählungsband Now That You’re Back (1994), leider noch nicht übersetzt, in der wir uns im Kopf eines Scharfschützen wiederfinden. In einem ungenannten Land, einem ungenannten Krieg sitzt er in erhöhter Position und beobachtet seine potenziellen zivilen Opfer – Alte, Frauen, Kinder. Eine durch und durch verachtenswerte Gestalt, möchte man meinen, doch in der Mitte der kurzen Geschichte, gerade sechs Seiten lang, steht der Satz: „I have reason, without it I wouldn’t have come.“ Und dieser Grund wird im kurzen Text auch erkennbar, begreifbar, vielleicht nicht nachvollziehbar, aber zumindest steht er vor uns, wir können ihn sehen.
Wir haben alle Beweggründe, Antriebe, ein inneres Geschehen, das uns leitet; mal besser, mal schlechter, selten ganz schwarz oder ganz weiß. Das heißt um Himmels willen nicht, dass wir alles verzeihen oder gar gutheißen müssen, aber versuchen zu verstehen sollten wir auch das Unerträglichste, und das ist meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Aufgaben von Literatur, die vielen Büchern zugrunde liegt – von Kaltblütig bis American Psycho, von Die Wespenfabrik bis Schwarze Hunde, von Dostojewski bis Littell.
Susanne
In unseren Tagen in Cornwall, nach dem letzten Abend in einem Pub mit dem amüsanten Namen Pennycomequick (wir forschen ein bisschen und finden eine mögliche Etymologie: pen y cwm gwyk – house near a creek) und auf dem Weg zu unserer Unterkunft, schwärme ich meiner Freundin Maja vom Ledig House vor, das unter anderem Aufenthalte für Übersetzer·innen und Autor·innen vergibt. Man kann sich bewerben. Das Ledig House liegt im Norden des Staates New York, unweit der Grenze zu Kanada. Man lebt dort in großer Abgeschiedenheit. Zum Bahnhof in Hudson City, wo die Züge in zwei Richtungen fahren, nach Norden und nach Süden, sind es zwanzig Minuten.
Die erste Passage in A. L. Kennedys neuen Roman spielt in South Salem, einem Ort in Massachusetts, der ebenfalls im Norden der USA, nahe der Grenze zu Kanada und dem Staat New York, liegt. Kennedys Beschreibung der Landschaft und der Siedlungen erinnert mich stark an das, was ich vom Ledig House und der Landschaft dort kenne – die weißen Holzzäune um die riesigen Grundstücke, die Hunde in den Vorgärten, große schwere Hunde, die alles andere als friedlich aussehen, die Postkästen am Straßenrand, die Schilder No Trespassing, manche auch mit Drohungen. Gelegentlich fährt ein Auto vorbei. Die Zufahrten zu den Häusern sind Sandwege, weshalb man versteht, warum es hier so viele schwere Geländewagen gibt. Wenn die Menschen zu einem Nachmittagskonzert in das dem Ledig House angeschlossene Kulturzentrum kommen oder zu einer Lesung in der Buchhandlung in Ghent, der nächsten Ortschaft, tragen sie gummierte Barbourjacken, Jeans und schlammbespritzte Gummistiefel. Hier ist viel Geld. Und viel Platz. Ob im Norden des Staates New York oder im Nachbarstaat Massachussetts, man kann Vieles verstecken, auch Verbrechen. Bei A. L. Kennedy ist es eine ganze Palette: Kindesmissbrauch, Menschenhandel, Pornographie. Der namenlose Protagonist spürt den vermeintlichen Täter auf, verschafft sich Zugang zu seinem Haus und tötet ihn.
In den wenigen Minuten, die er im Haus des vermeintlichen Täters verbringt, registriert er die Schlafzimmer mit Spiegeln an der Decke, er findet pornographisches Material auf dem Computer, er entdeckt zwei völlig verschreckte Mädchen, offensichtlich Opfer von Sex Trafficking, die kein Englisch sprechen und eingesperrt gehalten werden, und immer wieder sagt er: „Ich kann ihn nur einmal töten.“ Mein Dilemma bleibt. So sehr ich mir, und jeder sich, die Auslöschung dieser Art von Missbrauch und Menschenverachtung wünscht, ich kann trotzdem dem Tötungsprogramm nicht zustimmen.
Unter uns das kracht das stahlgraue Meer an die Felsen, über uns hängt tief der stahlgraue Himmel, aus dem es manchmal tröpfelt. Palmen wachsen in Vorgärten und auf den Böschungen oberhalb des Strands, die Bäume auf den engen, sich schlängelnden Straßen schlagen in der Mitte zusammen und bilden ein grünes Dach.
A. L. Kennedys lyrische Landschaftsbeschreibungen bilden einen frappierenden Gegensatz zu den nüchtern erzählten Grausamkeiten und Gewalttaten und haben eine tröstliche Wirkung auf mich, und es ist eine Freude, sie zu übersetzen:
„Ich kann sagen, dass ich an einem seidigen Tag mit meinem Kajak auf den Fluss ging, wo mein Weg von durchschnittlicher Schönheit war und mein Paddel in den gespiegelten Himmel stach und vorwärts drängte.
Ich flog dahin.
(…) Die Rohrammer im Schilf riefen mir zu Allsofrei Immersofrei Allsosofrei, und sie klangen wie kleine Messer, die über einen Wetzstein gezogen wurden.
Der Fluss eignet sich gut für kleine Beseitigungen.
Der Fluss eignet sich gut für Friedlichkeit.“
Vor dieser friedlichen Flussfahrt sucht der Protagonist in Berlin seinen ehemaligen Mentor, Prav, auf und tötet ihn. So lese ich zumindest die Passage, obwohl Kennedy den Tatbestand in der Schwebe lässt. Die Raben schwingen sich in die Luft.
Ingo
Eine Entwicklung habe ich in Alisons Schreiben jedenfalls beobachtet: die leise, zarte Tendenz zum optimistischen Ende. Vielleicht entwickelt sich das umgekehrt proportional zu ihrem düsteren Blick auf die Welt im Allgemeinen und Großbritannien im Besonderen, aber in ihren letzten Romanen (nicht unbedingt in den Erzählungen und Geschichten, die naturgemäß eher schlaglichtartig Krisensituationen erhellen) sehe ich am Schluss stets einen zumindest positiven Ausblick, eine Möglichkeit des persönlichen Glücks für die Protagonist·innen, auch wenn die Welt um sie herum zuschanden gehen mag. Nun war auch in Alisons früheren Romanen am Ende nicht immer alles finster, so richtig schlimm erwischt es eigentlich nur Hannah in Paradies, die sich ziemlich unzweideutig zu Tode trinkt, aber die Verletzungen und Beschädigungen der Figuren sind oft so übermächtig, dass wir Leser·innen zumindest zweifeln können, ob ihnen wirkliches Glück beschieden sein wird.
Bei einer unserer gemeinsamen Lesungen fragte ein Zuhörer einmal, warum sie ihren Figuren so oft so schreckliche Dinge antue, und Alison antwortete mit einer, wie sie erklärte, sehr schottisch-calvinistischen „Lebensweisheit“: Gott liebt alle seine Schäfchen, so heißt es; doch diejenigen, die er am meisten liebt, möchte er immer bei sich haben, und darum bricht er ihnen die Beine. Und genauso mache ich es mit meinen Figuren. Das war natürlich mit einer gehörigen Prise ihres typischen Sarkasmus gesagt, aber auch nicht ganz abwegig.
Cyrano de Bergerac und Jennifer M. Wilson werden in Also bin ich froh nicht zueinanderfinden, denn der kluge, talentierte, mörderische Zeitreisende kann nicht im Glasgow der 1990er bleiben. Nathan Staples kann sich in Alles was du brauchst seiner unbekannten schreibenden Tochter Mary, für die er bloß ein älterer Autor und Mentor ist, vielleicht zu erkennen geben, aber das versäumte Leben werden sie nicht zurückbekommen, und Versöhnung ist zweifelhaft.
Doch spätestens seit Das blaue Buch, in dem sie uns zum ersten Mal an ihrer auch im neuen Roman manifesten Liebe zu Inseln teilhaben lässt (dort ist es die Kanalinsel Sark), habe ich das Gefühl, dass Alison ihre Figuren und damit auch uns, ihre Leser·innen, am Ende mit mehr Zärtlichkeit, mehr Empathie, mehr Aufmunterung entlässt, vielleicht als Antidot gegen die von ihr so gnadenlos empfundene Verschlimmerung der Wirklichkeit. Ihre Stimme gibt uns Worte, die helfen sollen, denn Worte sind ihr Geschäft, ihr Talent, ihre Berufung, sie sind das, was sie tut. Darum am Ende unseres zweistimmigen Übersetzungs-Journals zum zweistimmigen Roman Als lebten wir in einem barmherzigen Land noch einmal Alisons eigene Stimme, ein Zitat aus Schreiben, es sind die Schlussworte ihrer Performance Words:
„Wir haben keine schwachen Wörter – jedes einzelne Wort ist nur für unseren Gebrauch gedacht – ohne uns verblassen sie, ohne sie sind wir namenlos, sind wir Schweigen, sind wir die Lügen und Unschärfen und Slogans in den Gedanken anderer Menschen – dabei sollte es keine Schönheit geben, von der wir nicht singen können, keine Liebe, die wir nicht erklären können, keine Wahrheit, Hoffnung, Gerechtigkeit, neue Wirklichkeit, die wir nicht benennen und mit Worten anstoßen können. Worte geben uns das Ja und das Nein zu allem, Unsterblichkeit in einem Zeichen, in einem Atemzug. Und wenn Sie jemals allein, eingesperrt oder verängstigt wie ein Kind gewesen sind, dann werden Worte Sie verstecken. Werden Sie retten. Und immer können und werden Worte Ihre Freude bewahren und Sie erheben, hoch hinauf in die Liebe zu Ihrem eigenen Leben und dieser Welt und jeder anderen, die Sie erschaffen wollen. Sie werden Ihnen leuchten, wohin Sie auch gehen. Und wenn Sie es zulassen, werden die Worte Sie leuchten lassen.“
»… sprang ein rotblonder Mann in Cordhose in die entgegengesetzte Richtung und rannte auf den Haufen mit den Absperrungen zu, wie ein Parkour-Fuchs auf der Flucht.
Der Wagen fuhr los, wie aufs Stichwort und ohne es zu wissen. Brer Fox war vor irgendetwas oder irgendwem geflohen und wurde in die Ferne getragen.«
(A. L. Kennedy: Als lebten wir in einem barmherzigen Land)