Journale Die Funken der Erlösung.

Varietätenladen



In den Jakobsbüchern verflechten und überlagern sich nicht allein Handlungs- und Stimmungsstränge (die Geschichten Jakob Franks, Nachmans und Moliwdas; die „Fadenzüge“ Katarzyna Kossakowskas; die Verwicklungen katholische Kirche – Contratalmudisten; die Ränke der Bischöfe Sołtyk und Dembowski; die Freundschaft Priester Chmielowskis mit der Dichterin Drużbacka), sondern auch die sprachlichen Ebenen: Jentas allsehende Erzählerstimme in moderner, ungefärbter Sprache, Nachmans blumiges, überschwengliches Tagebuch, die stilisierten Briefe in veraltetem Duktus. 

In der deutschen Übersetzung, die das mitteleuropäische Gelände nicht nur deskriptiv, sondern auch in Sprachvarietäten abbilden kann, haben wir uns in den Textpassagen, die im ehemaligen Galizien und in der Habsburgermonarchie spielen, zur Abhebung ausgewählter Austriazismen bedient – wie beispielsweise „Wägen“ statt „Wagen“, „Jänner“/„Feber“ statt „Januar“/„Februar“, „Stockerl“ statt „Hocker“, „Sessel“ statt „Stuhl“, „Fauteuil“ statt Sessel, „Wimmerln“ statt Pickel oder „Plafond“ statt der „Zimmerdecke“. Besonders schön war ein Fund in Joseph Roths Hotel Savoy, wo besagte Zimmerdecke „Suffit“ genannt wird, wie im Polnischen: sufit.

 



Brünn


Ohne weitere Umschweife nimmt sie ihren Vetter bei der Hand und führt ihn in den Salon, dessen Pomp die Gäste überwältigt, schließlich haben sie dreizehn Jahre lang nur in der Kirche derart prunkvolle Dinge zu Gesicht bekommen. Hier betreten sie nun gebohnertes Parkett, ausgelegt mit türkischen Teppichen, die pastellenen Wände zieren aufgemalte Blütenranken, vor einem glänzenden Instrument mit schwarzen und weißen Tasten steht ein zierliches Stockerl, dessen drei kunstvoll geschnitzte Beine in Raubtiertatzen münden. Drapierte Vorhänge an den Fenstern, ein drollig anzuschauendes Nähkastl mit kleinen Schubfächern – als die Gäste kamen, hatte Schejndl sich eben mit ihren Töchtern zur Handarbeit niedergesetzt, die Stickrahmen liegen noch auf den Sesseln.

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