Bilder eines Romans.
Journal zur Übersetzung des Romans Der Perser von Alexander Ilitschewski
»Natürlich hat ein Roman keine Bebilderung nötig. Entscheidend sind die Bilder, die der Text im Kopf des Lesers freisetzt. Selbst wenn die Figuren ihre eigenen Bilder im Kopf oder in der Hand haben, die eine Geschichte vorantreiben, sind sie nur selten – wie zum berühmten Beispiel in W. G. Sebalds Austerlitz – abgedruckt.«
„…ich kann mich hinter dem Originaltext verstecken und damit spielen“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Ganna-Maria Braungardt wurde 1956 in Crimmitschau in eine Schauspielerfamilie hineingeboren, wollte aber nie Schauspielerin werden. Sie ging in die UdSSR, studierte Slawistik und wurde 1984 als Lektorin für Sowjetliteratur im Verlag Volk und Welt eingestellt. „Eine traumhafte Arbeitsstelle“, erinnert sie sich heute. Bald begann Ganna auch zu übersetzen: Der Redakteur und Übersetzer Thomas Reschke vermittelte der jüngeren Kollegin die ersten Übersetzungsaufträge und half ihr solidarisch als Mentor. Als die Wende kam und sie alle gekündigt wurden, wollte Ganna ihren Beruf nicht aufgeben. Jetzt war sie es auch, die den älteren DDR-Kolleginnen als Mentorin half, sich den neuen Arbeitsbedingungen anzupassen. Ganna-Maria Braungardt hat sich als Übersetzerin aus dem Russischen einen Namen gemacht. In ihren Übersetzungen lesen wir u.a. Swetlana Alexejewitsch und Ljudmila Ulitzkaja. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine sieht sie ihre Arbeit als noch wichtiger an: „Wir sind heute nicht weniger, ja wir sind vielleicht sogar mehr gefragt als Vermittler“, sagte sie am 29.03.22 im WDR Kultur.
"I can hide behind the source text and play with it"
Film Series Translating. Work and Days.
Ganna-Maria Braungardt was born into a family of actors in Crimmitschau in 1956, but never wanted to become an actress herself. She went to the USSR, studied Slavic studies and was hired as an editor for Soviet literature at the Volk und Welt publishing house in 1984. "A dream job," she recalls today. Soon Ganna began translating as well: The editor and translator Thomas Reschke arranged the younger colleague's first translation assignments and showed her solidarity as a mentor. When reunification meant that everyone at the publishing house was laid off, Ganna didn't want to give up her profession. Now she was also the one who helped the older GDR colleagues adapt to the new working conditions as a mentor. Ganna-Maria Braungardt made a name for herself as a translator from Russian. She has translated, among others, Svetlana Alexeyevich and Lyudmila Ulitskaya. Since Russia's invasion of Ukraine, she sees her work as even more important: "We are no less in demand today, indeed we are perhaps even more in demand as mediators," she said on 29.03.22 on WDR Kultur.
„Und da ich mich nicht unterkriegen lassen wollte…“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Aljonna Möckel wurde 1941 in Moskau als Kind des deutschen Antifaschisten jüdischer Herkunft und Musikwissenschaftlers Erwin Johannes Bach geboren. Der Holocaust, das Leben im Exil zwischen Stalin und Hitler, die Leningrader Blockade, der Krieg – all das hat in der Familiengeschichte tragische Spuren hinterlassen. 1947 kamen die Eltern zurück nach Berlin. Nach einem Slawistik- und Romanistikstudium in Jena begann Aljonna beim Verlag „Volk und Welt“ als Lektorin für sowjetische Literatur zu arbeiten. 1966 wurde ihr Sohn Dan, ein Kind mit besonderen Bedürfnissen, geboren. Das zwang sie, zu kündigen und es in der DDR als freiberufliche Übersetzerin zu versuchen. Gerne übertrug sie Texte, die einen in Fantasiewelten hinüberbringen: Kinderbücher und Science-Fiction. Im März 1989 nahm sie an der legendären deutsch-deutschen Übersetzerwerkstatt in Straelen teil. Nach der Wende schrieb sie zusammen mit ihrem Mann, dem Romanisten Klaus Möckel, Fantasy-Romane unter dem Pseudonym Nikolaj Bachnow.
"And since I didn't want to let it get me down..."
Film Series Translating. Work and Days.
Aljonna Möckel was born in Moscow, the child of Erwin Johannes Bach, a German anti-fascist Musicologist of Jewish descent. The Holocaust, and a life in exile between Stalin and Hilter, the Siege of Leningrad, the war, all left their tragic traces in the family history. In 1947, her parents returned to Berlin. After studying Slavic Studies and Romance Studies in Jena, Aljonna started work for the publisher “Volk und Welt” as an editor of Soviet literature. In 1966, her disabled son Dan was born. This forced her to quit her job and try to make it as a freelance translator in the GDR. She enjoyed translating texts which describe fantasy worlds: children’s books and science fiction. In March 1989, she took part in the legendary German-German translation workshop in Straelen. After reunification, she wrote fantasy novels together with her husband, Romanticist Klaus Möckel, under the pseudonym Nikolaj Bachnow.
„Ich komme aus Danzig…“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Thomas Reschke, geboren 1932, erlebte als Siebenjähriger den Beginn und als Dreizehnjähriger das Ende des Zweiten Weltkrieges. 1945 floh er aus seiner Heimatstadt Danzig und nahm 1951 im kriegszerstörten Berlin das Studium der Slawistik auf. 1955 wurde ihm vom Staat die Stelle eines Redakteurs im Verlag „Kultur und Fortschritt“ zugewiesen. Als Teil eines „ideologischen Leitbetriebs“ lernte Thomas Reschke früh den Wert und die Grenzen der Freiheit kennen, wie sie im Arbeiter- und Bauernstaat DDR gelebt werden durfte. Nach der Fusion mit „Volk und Welt“ im Jahre 1964 hat Reschke fast 35 Jahre lang in diesem führenden DDR-Verlag für internationale Belletristik als Redakteur gearbeitet. 1956 begann er zu übersetzen. Seither hat er sich als einer der renommiertesten Übersetzer aus dem Russischen etabliert. Nach der Wende setzte er sich als Freiberufler durch, zum Teil in Zusammenarbeit mit seiner Frau Renate. In seinen Übersetzungen lesen wir u. a. Michail Bulgakow, Ilja Ilf & Jewgeni Petrow und Michail Soschtschenko.
„…der Weg dahin ist Ziel genug“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Thomas Weiler, geboren 1978 im Schwarzwald, versteht sich als jemand, der kleinere Nischen entdecken mag. Sein Interesse für die slawische Welt führte ihn nicht etwa nach Moskau, sondern nach Belarus. In Minsk hat er als Freiwilliger mit besonderen Menschen gearbeitet, Russisch durch russische Rockmusik gelernt und sich als Übersetzer an dem sowjetischen Kinderklassiker „Krokodil Gena und seine Freunde“ versucht. Thomas fand Spaß an der „Puzzelei“. Die bekannte deutsche Literaturübersetzerin Swetlana Geier ermutigte ihn, sich auf das Abenteuer Übersetzen einzulassen. Er ging nach Leipzig, studierte Übersetzen, entdeckte für sich die belarussische Sprache und Literatur. Heute übersetzt Thomas Weiler aus dem Belarussischen, Polnischen und Russischen. Sein Repertoire reicht von Kinderliteratur über Lyrik bis zu zeitgenössischen Romanen. Die Vermittlung belarussischer Literatur versteht Thomas Weiler als seine Mission. In seiner Übersetzung lesen wir Alhierd Bacharevič, Viktor Martinowitsch, Ziemowit Szczerek und andere Autor·innen.
“…the journey itself is the destination”
Film series Translating. Work and Days
Thomas Weiler, born in 1978 in the Black Forest, understands himself as someone who likes discovering small niches. His interest in the Slavic world led him not to Moscow, but to Belarus. In Minsk he volunteered with disabled people, learned Russian through Russian rock music and experimented as a translator, working on the Soviet children’s classic “Crocodile Gena and his friends”. Thomas liked the puzzling it required. The well-known German translator Swetlana Geier encouraged him to get involved with the adventure of translation. He went to Leipzig, studied translation, and discovered the Belarusian language and its literature. Today, Thomas translates from Belarusian, Polish and Russian. His repertoire extends from children’s literature across poetry to contemporary novels. Thomas understands the mediation of Belarusian literature as his mission. He has translated Alhierd Bacharevič, Viktor Martinowitsch, Ziemowit Szczerek and many others.
Überlebensfragen
Zwischen Vergessen und Vergegenwärtigen. Zur Neuübersetzung von Viktor Schklowskis Zoo.
Sehr genau beleuchtet Olga Radetzkaja in ihrem Beitrag zur neuen deutschen Ausgabe von Viktor Schklowskis „Zoo“, wie Übersetzung Zeiten verbindet – und wie jede Neuübersetzung eine neue Tür zu einem Buch öffnet, hinter der sich oft etwas anderes verbirgt als erwartet. „Überlebensfragen“ ist eine Einladung, in den sehr besonderen Kosmos von „Zoo“ – das russische Berlin der 1920er Jahre –, in die verwickelte Editionsgeschichte und die überraschende Gegenwärtigkeit dieses 99 Jahre alten Textes einzutauchen.
Questions of survival
Between Forgetting and Making Present. On the new translation of Viktor Shklovsky's Zoo.
In her contribution to the new German edition of Viktor Shklovsky's Zoo, Olga Radetzkaya illuminates how translation connects times - and how every new translation opens a new door to a book, behind which something unexpected is often concealed. "Questions of Survival" is an invitation to dive into the unique cosmos of Zoo - Russian Berlin in the 1920s -, into the tangled history of this edition and into the ways in which this 99-year-old text remains surprisingly contemporary.
Eine schwindelerregende Berührung
»Die ganze Schwierigkeit, aber auch die Schönheit der Übersetzung rührt daher: Das Andere als Anderes zu respektieren, ein tiefgreifendes Verständnis seiner lyrischen Sprache zu erwerben, um sie in dem gleichen Moment, in dem man sie webt, wie eine zweite Haut überzustreifen.«