„La brisa loca“ – Sturmübersetzen
Journal zur Übersetzung von Marvel Morenos Im Dezember der Wind
Für die Übersetzung von Marvel Morenos karibischer Saga Im Dezember der Wind braucht Rike Bolte eine gehörige Portion Urvertrauen. Es geht in dem Roman ganz massiv ums Patriarchat, ums Leben und um Ursprünge, und in dieser Gemengelage vor allem um vier Freundinnen, von denen nicht alle mit der heilen Haut davonkommen. Rike Bolte kommt beim Übersetzen der Bibel ein Stück näher und lässt sich gleichzeitig „auf der Jagd nach dem (Übersetzungs-) Objekt“ von romaninhärenten Prinzipien der Psychoanalyse leiten. Im TOLEDO-Journal berichtet sie, wie sie sich ihren Weg bahnt durch die Fallstricke des Begehrens unterm Fallbeil des Machismo, Möbelstücke auf Spanglish zu bewahren sucht und mit dem inflationären Gebrauch von Satzzeichen umgeht, wie sie freischwebende Bezüge einfängt und Bandwurmsätze von hinten aufzäumt. Ein stürmisches Journal.
Marvel Moreno (1939-1995) gehört zu den großen Vergessenen der lateinamerikanischen Literatur, posthum ist sie zum Vorbild für zahlreiche Schriftstellerinnen der jüngeren Generation geworden. Im Dezember der Wind erschien im Original 1987 und jetzt erstmals in deutscher Übersetzung im Wagenbach Verlag.
RundUmschau#04
In der RundUmschau widmen wir uns internationalen Debatten und Neuigkeiten rund um das literarische Übersetzen. In dieser Ausgabe erreichen uns Ein- und Ausblicke aus Kolumbien, Indien und den USA.
„Das Wort aufgehen lassen“?
(Ökologische) Überlegungen zu zukünftigen Übersetzungsbedingungen
Rike Bolte berichtet vom Skandal, dass selten aus indigenen in hegemoniale Literatursprachen übersetzt wird und macht sich Gedanken über eine zukünftige Übersetzungskultur: Einer neuen Ko-Existenz von übersetzenden (und zu übersetzenden) Communities und warum es dafür neue Worte braucht. Sie ruft die Zusammenhänge von Übersetzung, Techno-Ökofeminismus, dark ecology und Künstlicher Intelligenz auf, und fragt sich, welches zukünftige Klima Dichter·innen imaginieren.