Die uralte Berührung
»Ein kleiner, hagerer Mann mit einem abgetragenen, dunkelgrünen Anzug, leuchtend rotem Bart und einem weit über den Kopf gezogenen Strohhut steigt auf dem Praça da Sé in São Paulo aus einem Reisebus. Er wird von einer Person ähnlicher Körpergröße, breiter gebaut, mit einer luftigen Tunika, europäisch gearbeiteten Lederschuhen, haarlosem Kinn, dunklen, leuchtenden Augen und einem braunen Der Pate-Hut, unter dem ein schwarzer, geflochtener Zopf hervorschaut, per Handschlag begrüßt. Gemeinsam gehen sie in eine nahegelegene Lagerhalle.«
An Ancient Encounter
"A slight, gaunt man in a dark green threadbare suit disembarks from a coach at Praça da Sé in São Paulo. He has a bright red beard and a broad straw hat pulled down firmly on his head. Someone comes to greet him with a handshake. This person is a similar height, though somewhat broader, and is wearing an airy tunic and European leather shoes. He has a smooth chin, bright eyes, and a black plait peeking out from beneath a Godfather hat. Together they stroll to a nearby warehouse."
Verschling(ung)en – Zum kannibalischen Übersetzen eines kannibalischen Textes
Haroldo de Campos: Cadavrescrito (Galáxias) – Übersetzung und Kommentar
Die galáxias von Haroldo de Campos (1929-2003) lassen sich nicht übersetzen. Charlotte Birkner-Behlen und Mandy Gratz haben es trotzdem getan und stellen hier ihre Übersetzung von cadavrescrito vor.
Von den Verlockungen des Kannibalismus und des Vatermordes
Eine Reflexion über die Weitergabe von Schlüsselkonzepten der beiden brasilianischen Avantgarden der Moderne
In ihrem Artikel rekapituliert Simone Homem de Mello zentrale Episoden der Überlieferung des Antropofagia-Begriffs in der brasilianischen Kulturgeschichte seit dem sechzehnten Jahrhundert. Dabei lotet sie metaphorische und metonymische Verschiebungen aus, die bei der Tradierung des Kannibalismus-Bildes stattgefunden haben, und hinterfragt die Diskrepanzen zwischen dem Diskurs zu dieser Kulturtechnik und der mit ihr verbundenen literarischen und übersetzerischen Praxis.
Tropikalypse now
Eine Verschreibung aus vorhandenen Worten und Bildern der bisherigen 13 Jahre, neu übersetzt, transformiert und collagiert im Jahre 2023.
Wahrhaftige Beschreibung der Tropikalisierung des ostdeutschen Künstlers Jan Brokof.
Kannibalisches Übersetzen oder Zur Poetik der Einverleibung
Anthropophagie, die metaphorische Einverleibung europäischer Kunst und Literatur und deren Transformation in ein ‹Eigenes›, ist ein wirkmächtiger kultureller Topos aus dem brasilianischen Modernismus. Wie lässt sich der kannibalische Ritus des Verschlingens des Anderen auf den Prozess des Übersetzens übertragen? Welche Möglichkeiten, aber auch welche Schwierigkeiten birgt der Begriff eines ‹kannibalischen Übersetzens›?
Kannibalismus
Der brasilianische Lyriker Ricardo Domeneck erörtert, welche Vorurteile es gegenüber dem Kannibalismus und Menschenopfern im Namen der Religion in der Kolonialzeit gab und weiterhin gibt. Er setzt sich mit dem Begriff des Ekels in unserem Verhältnis zu anderen Spezies auseinander und stellt uns vor, wie Oswald de Andrades Aufruf zu einer kulturellen Anthropophagie in verschiedenen historischen Kontexten in Brasilien und im Ausland aufgenommen wurde.
Anthropophagie und Gastfreundschaft
zu Oswald de Andrade und Haroldo de Campos
Für die brasilianische Kultur des 20. Jahrhunderts ist Anthropophagie ein zentraler Begriff. Oliver Precht hat einige der wichtigsten Büchern und Texten zu dem Thema ins Deutsche übersetzt. In seinem Beitrag beleuchtet er die politische Dimension des allgegenwärtigen Verschlingens (und also Übersetzens) anderer Kulturen.