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„Eine Szene übersetzen…“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Sabine Hänsgen (geb. 1955) und Georg Witte (geb. 1952) haben die Verluste des Zweiten Weltkrieges als Teil ihrer eigenen Familiengeschichten erlebt, was zugleich das Interesse für die russische Kultur nährte. Das künftige Übersetzerduett lernte sich während des Slawistikstudiums an der Reformuniversität Bochum kennen. Die dortige Atmosphäre der Erneuerung von Forschung und Lehre und der Orientierung auf die Zeitgenossenschaft hat beide entscheidend geprägt. Als Hänsgen und Witte Anfang der 80er Jahre mit ihren Forschungsvorhaben nach Moskau gingen, fanden sie schnell den Anschluss zur inoffiziellen sowjetischen Kunst – und stürzten sich ins Übersetzen. Ihr Ziel war es, „nicht nur als Buch schriftlich zu publizieren, sondern das ganze Milieu, in den Stimmen, in den Actions und Performances, die dort stattgefunden haben, mitzuvermitteln“, sagt Georg Witte. Um die Kunstaktionen und Performances festhalten zu können, schmuggelte Sabine Hänsgen eine VHS-Kamera nach Moskau ein. „Das Ähnliche im Unähnlichen oder das Unähnliche im Ähnlichen zu entdecken“, so beschreibt sie den Ansatz, die konzeptuelle Kunst des sowjetischen Undergrounds in den westlichen Kontext einzubetten. Der ersten Publikation, dem Medienpaket „Kulturpalast“ (1984) folgten bald weitere. Das Doppel-Pseudonym des Übersetzerpaars, Günter Hirt & Sascha Wonders, einst als Schutz gegen die Zensur ausgedacht, lebte auch nach der Wende fort. Dank der Arbeit von Günter Hirt & Sascha Wonders können wir heute unter anderem die Stimmen von Igor Cholin, Wsewolod Nekrassow, Dmitri Prigow, Lew Rubinstein in deutschen Übersetzungen lesen. Wie auch für andere Kolleg·innen, die sich mit der russischen Literatur befassen, bedeutete für Hänsgen und Witte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 einen „existentiellen Schnitt“.