Staying alive
Staying alive ist diese TOLEDO TALKS-Reihe übertitelt – am Leben bleiben. Darin laden wir Übersetzer·innen dazu ein, ihre Erfahrungen und Beobachtungen bezüglich Neuübersetzungen mit uns zu teilen – Geschichten aus der Praxis, in Form von Essays, Anekdoten und Plädoyers.
Die Reihe wurde zur Nacht der Übersetzung am 16. September 2021 gelauncht – mit Beiträgen von Claudia Hamm, Frank Heibert und Josée Kamoun zu Neuübersetzungen von Texten „im Herzen der Gewalt“.
„Wann lebt ein Buch? Wann stirbt es? Wodurch kann es wiederbelebt werden? Wer hat ein Interesse daran? Der Verleger, der etwas lancieren will? Der Autor mit seiner Todesangst? Das Publikum, dem ein Buch zum Lebensmittel geworden ist?“ (Claudia Hamm)
Konzeption: Aurélie Maurin
Redaktion: Solveig Bostelmann
Staying alive ist diese TOLEDO TALKS-Reihe übertitelt – am Leben bleiben. Darin laden wir Übersetzer·innen dazu ein, ihre Erfahrungen und Beobachtungen bezüglich Neuübersetzungen mit uns zu teilen – Geschichten aus der Praxis, in Form von Essays, Anekdoten und Plädoyers.
Die Reihe wurde zur Nacht der Übersetzung am 16. September 2021 gelauncht – mit Beiträgen von Claudia Hamm, Frank Heibert und Josée Kamoun zu Neuübersetzungen von Texten „im Herzen der Gewalt“.
„Wann lebt ein Buch? Wann stirbt es? Wodurch kann es wiederbelebt werden? Wer hat ein Interesse daran? Der Verleger, der etwas lancieren will? Der Autor mit seiner Todesangst? Das Publikum, dem ein Buch zum Lebensmittel geworden ist?“ (Claudia Hamm)
Konzeption: Aurélie Maurin
Redaktion: Solveig Bostelmann
- Verfasser·in
- Nicola Denis
- Claudia Hamm
- Frank Heibert
- Josée Kamoun
- Marion Kraft
- Erwin Köstler
- Karen Nölle
- Olga Radetzkaja
- Yoko Tawada
- Autor·in
- Honoré de Balzac
- Emmanuel Carrère
- Franz Kafka
- Audre Lorde
- George Orwell
- Sprache Beitrag
- Deutsch
- Französisch (français)
- Land
- Deutschland
- Frankreich
- Italien
- Japan
- Russland
- Slowenien
- USA
- Schlagworte
Zur Neuübersetzung von Curzio Malaparte, „Die Haut“
Curzio Malapartes epochaler Roman „Die Haut“ über das Kriegsende in Italien erschien im Original 1949, in erster deutscher Übersetzung 1950. Über 70 Jahre später erscheint nun eine Neuübersetzung von Frank Heibert. Eindrücklich berichtet Heibert von den Herausforderungen dieser Übersetzung, von seiner ambivalenten Haltung gegenüber dem schillernden, aber nicht unbedingt sympathischen Autor und davon, was es braucht „in dem vom Autor hochgezogenen [Text]gebäude zu wohnen und es zu übersetzen.“
»Ein Wort steht im Weg wie ein Tier und ich kann nicht weitergehen: „Ungeziefer“. Vielleicht ist es ein sogenanntes Kollektivum, bei dem das Schicksal der einzelnen Kakerlaken oder Ratten nicht zählt. Bei Kafka geht es aber gerade um ein einziges Ungeziefer, das keinen Artgenossen hat.«
Eine Wiederbegegnung mit Toni Morrisons Tar Baby
Toni Morrisons Tar Baby erschien 1982 zum ersten Mal in deutscher Sprache, in der Übersetzung von Uli Aumüller und Uta Goridis. Nun veröffentlicht der Rowohlt Verlag den Text in neuer Auflage, sprachlich überarbeitet und aktualisiert von Marion Kraft. Was genau das bedeutet, zeigt Marion Kraft in ihrem Beitrag: Mit sprachlichem Feingefühl kreiert sie einen Text, der den wichtigen Kontext der Tar Baby Folktales und die Besonderheiten des Black Vernacular English würdigt. Dabei reflektiert sie Bewegungen der Übersetzungstheorie seit der Erstveröffentlichung vor über 40 Jahren.
Zur deutschsprachigen Werkausgabe des slowenischen Autors Slavko Grum (1901-1949)
Seit den 90er Jahren war Erwin Köstler auf der Suche nach einem deutschsprachigen Verlag für das Werk des Prosa- und Theaterautors Slavko Grum (1901-1949), der einmal als „slowenischer Kafka“ bezeichnet wurde. 2006 erschienen Grums Prosatexte in der Edition Thanhäuser, in diesen Tagen erscheint nun eine zweibändige Werkausgabe im Verlag Johannes Heyn. In seinem TOLEDO TALKS-Beitrag beschreibt Erwin Köstler die Suche nach einem Verlag, seine Entschlossenheit, Grum einem deutschsprachigen Lese-Publikum zugänglich zu machen und wie sich seine Übersetzung durch die mehrmaligen Überarbeitungen im Laufe der Jahre immer weiter verändert hat.
Zur Neuübersetzung von Honoré de Balzacs Cousine Bette
Dass der französische Klassiker Cousine Bette von Honoré de Balzac nach einer Neuübersetzung geradezu schrie, zeigt Nicola Denis eindrücklich in ihrem Text. Mit dem Feingefühl einer Restauratorin antiker Gemälde bringt sie unter den Arbeiten ihrer Vorgänger – deren Fassungen aus den Jahren 1911 und 1923 stammen – einen Text zum Vorschein, der gerade in Bezug auf das Frauenbild Balzacs eine bedeutend andere Geschichte erzählt.
On the retranslation of Honoré de Balzac’s Cousin Bette
The French classic Cousine Bette by Honoré de Balzac was crying out to be retranslated, as Nicola Denis shows indisputably in this text. With the delicacy of a restorer of classical paintings she reveals what lies underneath the work of her predecessors, whose translations were published in 1911 and 1923. The text that emerges tells a significantly different story, especially with regard to Balzac's women.
Zur Überarbeitung der Übersetzung von Audre Lordes Autobiographie „Zami. A new spelling of my name“
Karen Nölle hat Audre Lordes Autobiographie nach 35 Jahren ein zweites Mal übersetzt. In ihrem TOLEDO TALKS-Beitrag berichtet sie, wie sich seit den 80er Jahren der Diskurs verändert hat, wie Computer und Internet beim Übersetzen helfen und wie sie während dieser eigenen Neuübersetzung ihrem Anfängerinnen-Ich wiederbegegnete.
On the revised translation of Audre Lorde's autobiography: Zami. A new spelling of my name
Karen Nölle has translated Aurde Lorde's autobiography a second time after thirty-five years. In her TOLEDO TALKS essay she reports on how the discourse has changed since the 1980s, how computers and the internet can help the translation process and how she re-encountered her beginner-self through her retranslation.
Zwischen Vergessen und Vergegenwärtigen. Zur Neuübersetzung von Viktor Schklowskis Zoo.
Sehr genau beleuchtet Olga Radetzkaja in ihrem Beitrag zur neuen deutschen Ausgabe von Viktor Schklowskis „Zoo“, wie Übersetzung Zeiten verbindet – und wie jede Neuübersetzung eine neue Tür zu einem Buch öffnet, hinter der sich oft etwas anderes verbirgt als erwartet. „Überlebensfragen“ ist eine Einladung, in den sehr besonderen Kosmos von „Zoo“ – das russische Berlin der 1920er Jahre –, in die verwickelte Editionsgeschichte und die überraschende Gegenwärtigkeit dieses 99 Jahre alten Textes einzutauchen.
Between Forgetting and Making Present. On the new translation of Viktor Shklovsky's Zoo.
In her contribution to the new German edition of Viktor Shklovsky's Zoo, Olga Radetzkaya illuminates how translation connects times - and how every new translation opens a new door to a book, behind which something unexpected is often concealed. "Questions of Survival" is an invitation to dive into the unique cosmos of Zoo - Russian Berlin in the 1920s -, into the tangled history of this edition and into the ways in which this 99-year-old text remains surprisingly contemporary.
Frank Heibert und Josée Kamoun haben mit ihren Neuübersetzungen von Orwells „1984“ viel gewagt, gerade auch mit der Entscheidung, den Roman ins Präsens zu setzen. Im Videogespräch tauschen sie sich über Tempus, Legitimität, Dialekt und Neologismen aus sowie über die verschiedenen stilistischen Herausforderungen ihrer jeweiligen Sprachwelten. Josée Kamoun hatte in den französischen Medien auch dadurch eine Debatte ausgelöst, dass sie das etablierte „Novlange“ in „Néoparler“ abänderte – und Big Brother beobachtet uns nicht nur, er duzt uns auch!
Dans leur traductions de „1984“ , Frank Heibert et Josée Kamoun ont tous deux osé transposer le roman au présent. Dans cette vidéo, ils échangent sur leurs choix de traduction touchant à la temporalité, la légitimité, le dialecte et les néologismes ainsi que sur les défis stylistiques posés dans leurs langues respectives. Josée Kamoun avait suscité un débat dans les médias francophones en remplacant „novlangue“ par „néoparler“ – et Big Brother ne se contente plus de nous observer – il se met aussi à nous tutoyer !
Zur Neuübersetzung von Emmanuel Carrères L’Adversaire
Nicht oft erscheinen Bücher lebender Autor·innen in mehreren Übersetzungen – Emmanuel Carrères L’Adversaire gehört dazu. Warum Neuübersetzungen besonders deutlich machen, welche Stimmen in Texten sprechen, zeigt Claudia Hamms Blick auf die beiden deutschen Übersetzungen Der Widersacher und Amok. In einer komplexen (Selbst-)Beobachtung beschreibt sie, was beim und zwischen dem Lesen und dem Schreiben, sprich Übersetzen, passiert und warum ein Buch ruft.
It is not often that multiple translations of a book by a living author are published - Emmanuel Carrères L’Adversaire is one of them. Claudia Hamm's look at both German translations, Der Widersacher and Amok, shows the ways in which new translations make clear what voices speak in a text. In a complex (self-)observation, she describes what happens during and between reading and writing, that is to say, translating, and why a book calls out.
Dans sa nouvelle traduction de 1984, Josée Kamoun a décidé de transposer le roman au présent et a transformé les néologismes d’origine. La novlangue est devenue le néoparler et Big Brother vous y tutoie désormais. Dans son essai, elle lève le voile sur ces choix et nous découvrons comment cette nouvelle traduction nous sort de notre zone de confort littéraire.
In ihrer Neuübersetzung den Orwells 1984 trifft die französische Übersetzerin Josée Kamoun die Entscheidung, den Roman ins Präsens zu holen und die in die Alltagssprache übergegangenen Neologismen der ersten Übersetzung zu ersetzen. „Novlange“ wird „Néoparler“ und der Big Brother duzt einen künftig. In diesem Essay beleuchtet sie ihre Übersetzungsentscheidungen und wir erleben, wie diese Neuübersetzung uns aus der literarischen Komfortzone holt.
In her new translation of Orwell’s 1984, French translator Josée Kamoun opts to set the novel in the present tense and to replace the neologisms of the first translation that have passed into everyday language. Novlangue becomes néoparler, and Big Brother now addresses you as tu. In her essay, she sheds light on her translation decisions and on how this new translation takes us out of our literary comfort zone.
1984 – ein Klassiker, bei dem bislang meistens über den dystopischen Inhalt diskutiert wurde. Was er uns heute zu sagen hat und wie er in Gestalt von Neuübersetzungen lebendig bleiben kann, hat ebensoviel mit stilistischen Entscheidungen tun. Darüber denkt Frank Heibert – als Antwort auf Josée Kamoun – in seinem Essay nach.
1984 – a classic that to date has mostly been discussed for its dystopian themes. But what the novel can tell us today and how it can stay alive in the form of new translations is just as much about stylistic choices. This is what Frank Heibert – in response to Josée Kamoun – contemplates in his essay.