„Der isch in Russland bliewe…“
Filmreihe Übersetzen. Werke und Tage
Übersetzen. Werke und Tage: Rosemarie Tietze
Rosemarie Tietze, geboren 1944 im Schwarzwald, kannte ihren Vater nicht – er „ist in Russland geblieben“, wurde im Krieg vermisst. Das sei wohl der biografische Grund, warum sie sich dem Russischen widmete, sagt Rosemarie Tietze. 1969 ging sie erstmals für längere Zeit nach Moskau, begegnete Menschen, die ihr die neue faszinierende Welt zu erschließen halfen. Schnell wuchs der Wunsch, diese Welt zu vermitteln, doch musste sie lange kämpfen, bis die Autoren, die ihr am Herzen lagen, in ihrer Übersetzung erscheinen konnten. Das hatte nicht zuletzt mit dem Kalten Krieg und der deutschen Teilung zu tun. Der wichtigste zeitgenössische Autor für Rosemarie Tietze ist Andrej Bitow, dessen Werk sie dem deutschen Publikum nahegebracht hat. Auch Tolstoi und Puschkin können wir heute in ihren Neuübersetzungen lesen. Neben ihrer Tätigkeit als Literaturübersetzerin hat Tietze sich früh für die Zunft eingesetzt. Dass es heute den Deutschen Übersetzerfonds gibt, ist ganz wesentlich ihrer Initiative und ihrem Engagement zu verdanken.
Die Reihe Übersetzen. Werke und Tage porträtiert zehn Übersetzer·innen verschiedener Generationen, die über ihr Leben und ihre Arbeit erzählen. Alle übersetzen aus den slawischen Sprachen ins Deutsche. In den 9 Filmen sprechen zu uns Ganna-Maria Braungardt, Claudia Dathe, Christiane Körner, Gabriele Leupold, Aljonna Möckel, Thomas Reschke, Rosemarie Tietze, Thomas Weiler sowie das Duett Günter Hirt & Sascha Wonders alias Sabine Hänsgen und Georg Witte. Die Berichte über die Herkunft, Begegnungen, Entdeckungen und Erfahrungen sind mit Bilddokumenten unterlegt. Die persönliche Geschichte spielt sich vor dem Hintergrund der großen Geschichte ab. Die Reihe war im Entstehen, als Russland am 24. Februar 2022 die großangelegte Invasion gegen Ukraine begann. Damit entstand in den Filmen das letzte Zwischenkapitel: Der Krieg.