Eine vierohrige Tiefenübersetzung
Eine vierohrige Tiefenübersetzung. Nicola Denis im Gespräch mit Julie Tirard
„Quallen haben keine Ohren“ von Adèle Rosenfeld ist ein Roman, in dem durch das schwindende Hörvermögen der Protagonistin die Sprache bröckelt. Julie Tirard unterhält sich mit der Übersetzerin des Buchs, Nicola Denis, wie in diesem Roman eine Hörbeeinträchtigung poetisch transzendiert wird und welche Herausforderungen dies beim Übersetzen mit sich bringt. Ein Gespräch über Münder, über das Singen und über lange Tische.
Über ihren Übersetzungsprozess hat Nicola Denis ein ‚vierohriges Tiefenübersetzungsjournal‘ verfasst, in dem sie uns durch die vielen Spielarten des homophonen Übersetzens navigiert:
»Selten habe ich im Laufe einer Übersetzung meinen beiden Sprachen so viel ablauschen dürfen wie in Quallen haben keine Ohren. Mich ein- und dazwischenhören müssen: Quallen waren kahl geboren, Quallen haben klar verloren, Quallen abends kabelloser, Qualmen alle meine Poren.«
Veranstaltungshinweis:
29.11.23 19h-20h30, online
Prix PREMIERE 2024 - Literaturgespräch mit Adèle Rosenfeld und Nicola DenisEine Veranstaltung des Institut français Tübingen.
Nicola Denis, 1972 im niedersächsischen Celle geboren. Nach einem Sprachaufenthalt in Paris 1991/1992 Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik in Köln. Auf die Magisterarbeit zu verschiedenen Übersetzungen von Molières Misanthrope 1997 folgte 2001 die Promotion mit einer komparatistischen Arbeit zur Übersetzungsgeschichte: Tartuffe in Deutschland (LIT Verlag 2002). Seit 1995 lebt Nicola Denis zusammen mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Westfrankreich. Seit 2002 ist sie hauptberuflich als Literaturübersetzerin aus dem Französischen mit den Schwerpunkten Belletristik, Essay und Kunstgeschichte tätig. Sie ist Mitglied der BücherFrauen, des Freundeskreises Literaturübersetzer·innen e.V. und des VdÜ. Vom Deutschen Übersetzerfonds wurde sie mit zahlreichen Arbeitsstipendien und zwei Exzellenzstipendien ausgezeichnet. 2021 erhielt sie für ihr übersetzerisches Gesamtwerk den Prix lémanique de la traduction, 2023 den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis. Im August 2022 erschien bei Klett-Cotta ihr literarisches Debüt Die Tanten.
Julie Tirard, geboren 1990, ist Autorin und Übersetzerin. Sie war Leiterin des Theaters Art en Scène in Avignon, wo auch ihr erstes Drama aufgeführt wurde, bevor sie sich 2013 in Berlin niederließ und als freie Journalistin (für Café Babel u.a.) arbeitete. Seit 2018 ist sie als Literaturübersetzerin von feministischen Texten aus dem Deutschen und dem Englischen tätig.