Übersetzer übersetzen und geistiges Eigentum schützen
Translated By
Es gibt hocherfreuliche Neuigkeiten für Übersetzer·innen in sämtliche Sprachen, die über die rätselhafte Kunst, Wissenschaft und Fertigkeit des Übersetzens schreiben oder die Texte über das Übersetzen übersetzen. Das britische Verlagshaus Bloomsbury startet eine neue Buchreihe namens Translated By, mit Texten von Übersetzer·innen über das Übersetzen. In der Reihe erscheinen Werke, quasi als Umsetzung des Droste Effekts in die Übersetzung, die aus der Übersetzungspraxis oder der Übersetzungsgeschichte berichten, ganz unabhängig von der/n Ausgangssprache(n). Sie steht allen Übersetzer·innen und Wissenschaftler·innen offen, die in und zwischen allen Sprachen arbeiten, wobei ihr Text – so die einzige Bedingung – in englischer Sprache vorliegen muss. Essaybände über das Übersetzen sind ebenso willkommen.
Herausgegeben wird die Reihe von Regina Galasso (span. > engl.) und Mario Pereira (port. > engl.), und im Beirat sitzen Übersetzer·innen mit den Arbeitssprachen Katalanisch, Spanisch, Portugiesisch, Polnisch, Japanisch, Türkisch, Guarani, Französisch und Englisch, um nur einige zu nennen. Der erste Band, der im Juni 2025 erscheinen soll, wird die Biografie Unfaithful: A Translator’s Memoir von Suzanne Jill Levine sein, die als Übersetzerin mittel- und südamerikanischer Literatur ins Englische bekannt wurde.
Einige Titel dieses Genres, von denen ich schon lange hoffe, dass sie ins Englische oder in andere Sprachen übertragen werden, sind Esther Kinskys Fremdsprechen, Ilma Rakusas Mehr Meer, Corinne Gepners Traduire ou perdre pied, Claros Échec, Georges-Arthur Goldschmidts Überqueren, überleben, übersetzen und Diane Meurs Entre les rives. Ein weiterer Punkt auf meiner Wunschliste ist eine Sammlung von Vor- und Nachworten, Anmerkungen und Einführungen, die Übersetzer·innen geschrieben haben. An alle mit solch einem Meta-Übersetzungsprojekt im Hinterkopf: Jetzt ist ein guter Moment …
„Created by Humans“ und die Authors Guild
Angeregt von Nelia Vakhovska, die mich um Gedanken zur Sichtbarkeit von Übersetzer·innen gebeten hatte, schrieb ich kürzlich einen kurzen Text, in dem ich darlege, dass die Initiative #namethetranslator zwar einige Fortschritte gebracht habe, wir Übersetzer·innen aber immer noch dafür kämpfen müssen, dass unsere Arbeit – unsere Worte – Anerkennung finden. Im Zeitalter von KI ist es bedeutsamer denn je, dass Leser·innen von Übersetzungen auch wissen, dass sie übertragene Texte lesen. Jede Übersetzung ist eine Interpretation – doch wer hat hier interpretiert und neu erschaffen? War es ein Mensch? Wenn ja, möchte ich wissen, wer genau die Wörter durch Geist und Herz gefiltert zu Papier gebracht hat. Oder war es ein Algorithmus, der möglichst geläufige Wendungen aneinandersetzt und (bisher) nicht zuverlässig Ironie oder metaphorisches Denken erkennen kann? Wer wird für den Text letztlich einstehen, der ja nun nicht mehr in den Worten der Autor·innen vorliegt?
Entscheidend ist, dass die Übersetzer·innennennung hier nicht nur Anerkennung zeigt, sondern zu einer Frage von intellektueller Redlichkeit wird.
Doch eine andere Gefahr als Geringschätzung und intellektuelle Unredlichkeit gewinnt derweil gefährlich an Momentum: der räuberische Gebrauch unserer Worte durch KI-Unternehmen. In den USA und im UK gab es in jüngster Zeit einige Initiativen, die diesen Missstand bekämpfen.
Erstens hat die britische Society of Authors von ihrem Beratungsteam eine KI-Klausel entwerfen lassen, die in alle Übersetzungsverträge aufgenommen werden soll:
Der Verlag wird ohne die Zustimmung des Übersetzers/der Übersetzerin weder dessen/deren Namen, Stimme, Erscheinung oder andere persönlichkeitsbezogene Daten noch Teile seiner/ihrer [übersetzen/verfassten Texte] in einer Weise verwenden bzw. anderen das Recht einräumen, diese zu verwenden, dass sie dem maschinellen Lernen oder Training, der Entwicklung oder dem Betrieb von Modellen generativer künstlicher Intelligenz dienen könnten.
Der Verlag wird nicht wissentlich ohne die Zustimmung des Übersetzers/der Übersetzerin generative KI für die Herstellung von Übersetzungen verwenden oder verwenden lassen – etwa beim Verfassen und Übersetzen von Texten, beim Erstellen von Bildern oder von Buch-Covern.
Zweitens hat eine Gruppe von Verlagen, kulturellen Einrichtungen, Schriftsteller·innenverbänden und anderen Akteuren eine Stellungnahme veröffentlicht, in der vor den Gefahren gewarnt wird, die das Training von KI-Modellen für die Lebensgrundlagen derer darstellt, die urheberrechtlich geschützte Werke erschaffen:
Die unlizenzierte Nutzung kreativer Werke für das Training generativer KI ist eine große, ungerechte Bedrohung für den Lebensunterhalt der Menschen, die hinter diesen Werken stehen, und darf nicht zugelassen werden.
Bis zum 22. November 2024 wurden bereits über 36.000 Unterschriften gesammelt, darunter über 250 von Übersetzenden. Alle sind eingeladen, ihre Unterschrift hinzuzufügen.
Und drittens kooperiert die US-amerikanische Authors Guild mit dem Label Created by Humans (CbH), um die Werke von Autor·innen – und damit auch von Übersetzer·innen – im Zusammenhang mit KI-Entwicklungen zu schützen und zu monetarisieren. CbH ist eine Plattform, die Autor·innen helfen soll, durch KI-Lizensierungen Kontrolle über die Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Werke zu erlangen. Die meisten Large Language Models (LLMs) wurden ohne das Einverständnis ihrer Urheber·innen mit illegal vervielfältigten Texten trainiert. Autor·innen und Verlage können sich voraussichtlich bereits ab diesem Herbst auf der CbH-Plattform registrieren und Anfang nächsten Jahres Trainings-Lizenzen an KI-Unternehmen vergeben. Autor·innen und Verlage in aller Welt sollten diese Entwicklungen verfolgen und sich möglichst bald in ähnlicher Weise schützen.