Der Traum von Toledo. Auftaktveranstaltung zum Start des Programms TOLEDO - Übersetzer im Austausch der Kulturen
2. Februar 2018, 19 Uhr im Literarischen Colloquium Berlin
2. Februar 2018
Literarisches Colloquium Berlin
Begrüßung durch Thomas Brovot (Vorsitzender des Deutschen Übersetzerfonds) und Dr. Maja Sibylle Pflüger (Stellvertretende Bereichsleiterin „Völkerverständigung Europa und seine Nachbarn“ der Robert Bosch Stiftung)
Festrede von Joshua Cohen: „The Transit of Toledo“.
Moderation: Aurélie Maurin
Weiteres Programm weiter unten, 20 Bilder der Veranstaltung:
Ausweitung der Übersetzungszone:
- Toledo in Moabit. Performance des Kollektivs WIESE mit Kenan Khadaj und Raoua Allaoui u. a.
Die Neue Nachbarschaft Moabit e.V. könnte man als ein Toledo von heute bezeichnen. Die Initiative ist Begegnungsort, Kulturzentrum, Übersetzerwerkstatt für Menschen mit und ohne Fluchthintergrund. Das dort ansässige Kollektiv WIESE hat sich mit unserem Traum der Übersetzungsschule von Toledo befasst und nach deren Methoden Gedichte von Ramon Llull variiert, der im 13. Jahrhundert auf Katalanisch, Latein und Arabisch geschrieben hat. - Wir müssen mal wieder reden! Wenn Übersetzer den Mund ordentlich voll nehmen. Szenische Lesung mit Ingo Herzke, Annette Kopetzki, Friederike Meltendorf und Claudia Steinitz.
Was haben Latino-Gangs aus dowtown Los Angeles, pubertiernde Camorra-Clans, ein französischer Trader und ein russischer Anarcho gemeinsam? Sie müssen reden, und zwar auf Deutsch. Die Hamburger Vertreter der „Weltlesebühne“ bringen die wildesten Stimmen aus Werken von Ryan Gattis, Roberto Saviano, DJ Stalingrad und Virginie Despentes zu Gehör. Im Spiel mit Slang, Dialekt, Fluch und Jargon rücken sie fremde Lebenswelten heran — der „Traum von Toledo“ als Fest der Mündlichkeit. - Warum so verlegen? Übersetzer als Büchermacher. Bojana Denić und Gadi Goldberg im Gespräch mit Jürgen Jakob Becker.
Für die Teilnehmer des alljährlichen Internationalen Übersetzertreffens im Literarischen Colloquium Berlin besteht der „Traum von Toledo“ auch im Eintreten für ihre Autoren, bzw. generell für die Literaturen, aus denen sie übersetzen. Wie daraus eine verlegerische Mission werden kann, davon können die serbische Übersetzerin Bojana Denić und der in Berlin lebende israelische Übersetzer Gadi Goldberg berichten. Beide haben Verlage mit einem klaren Profil gegründet, bzw. sind im Begriff, es zu tun: „Radni sto“ („Schreibtisch“) publiziert Autoren wie Heiner Müller oder Clemens Meyer in serbischen Übersetzungen, „Berlin Ha’ivrith“ („Das hebräische Berlin“) wird die Klassiker der jiddischen, hebräischen und deutsch-jüdischen Moderne im hebräischen Original und in Übersetzungen veröffentlichen. - Gemeinsam im Labor: Alchemie des Übersetzens (1). Zur Verfeinerung der Sinne. Dorota Stroińska und Thomas Weiler zeigen das deutsch-polnische ViceVersa-Übersetzungsexperiment.
Im zweisprachigen Übersetzungslabor lässt sich besonders gut beobachten, welche unterschiedlichen stofflichen Eigenschaften die Sprachen haben, auf welche Weise die Luft der Fiktion und die Energie der Erfindung auf sie einwirken und wie das sprachliche Verwandeln funktioniert, bis schließlich die „feinen Stoffe“, die im gemeinsamen „Destillationsverfahren“ gewonnen werden, in die individuelle sinnliche und sinnstiftende Arbeit des Übersetzens eingehen. - Man übersetzt das nicht ungestraft. Nora Pröfrock im Gespräch mit Maria Hummitzsch.
Was machen Texte beim „ungeschützten Verkehr“ mit ihren Übersetzern? Diese Frage stellt eine neue Reihe des Leipziger Übersetzerzentrums. Welchen Preis zahlt man zum Beispiel, wenn man die Geschichte des Massenmörders Anders Behring Breivik übersetzt? Was, wenn man sich den verstörenden Fakten und grausamsten Details zu zweit aussetzt? Maria Hummitzsch befragt dazu Nora Pröfrock, die zusammen mit Frank Zuber das Buch „Einer von uns. Die Geschichte eines Massenmörders“ (Kein & Aber) von Åsne Seierstad übersetzt hat – die Autorin erhält 2018 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. - Covfefe Break: Bad, very bad. Joshua Cohen im Gespräch mit Ulrich Blumenbach.
„Je einfacher denken, ist oft eine wertvolle Gabe Gottes“, sagte einst Konrad Adenauer. In Donald Trumps Tweets wird sie zum Alptraum. Der Schriftsteller Joshua Cohen, der den US-amerikanischen Wahlkampf beobachtet und in Essays kommentiert hat, und sein Übersetzer Ulrich Blumenbach versuchen zusammen mit dem Publikum, Stummelbotschaften zu übersetzen, die auf Logik oft ebenso verzichten wie auf korrekte sprachliche Form. - Gemeinsam in der Küche: Alchemie des Übersetzens (2). Claudia Hamm, Andreas Jandl und Olga Radetzkaja kochen ihr eigenes sprachübegreifendes Süppchen
„Aus Eins wird Zwei, aus Zwei wird Drei, und das Eine des Dritten ist das Vierte; so werden die zwei eins“ – ist das die Formel fürs Übersetzen? Claudia Hamm, Andreas Jandl und Olga Radetzkaja untersuchen die Wandlungsstufen der Elemente, die einen übersetzten Text entstehen lassen. Wie viel Schmalz ergibt eine Idylle? Wie kommt das Russisch Brot noch zu seinen kyrillischen Buchstaben? Wie viele Kulturen ergeben einen Borschtsch? Wie viel Übersetzerfond gehört zu einer schmackhaften Buchstabensuppe? Und welche Transmutation der Psyche erleidet dabei der Translator? - Kaffeesatzlesen — der Künstler Ercan Arslan sagt die Zukunft der Übersetzer voraus und deutet ihre kühnsten Träume.
- “Plainly Visible – Photographs of Translators”. Vorstellung des Fotoprojekts der Literaturübersetzerin Anja Kootz.
Wie sieht eigentlich eine Übersetzerin aus? Oder ein Übersetzer? Das Fotoprojekt ist die Antwort auf eine Frage, die sich niemand stellt.
Das Programm findet auf mehreren Bühnen statt. Anschließend Empfang mit kastilischem Wein.